Titel: 

Interpret: Khebez Dawle

Label: 

Preis: 50 Minuten, circa 9 Euro - Bezug unter: www.khebezdawle.com

ASIN: 

Syrische Rock Refugees

Die Geschichte liest sich schon fast märchenhaft: Da kommen junge syrische Männer als Flüchtlinge an einem Hotelstrand in Griechenland an. Steigen aus ihrem Gummiboot, verteilen an die verdutzten Touristen erstmal entschuldigend ihre CD und zeigen so überdeutlich, dass Refugees auch vieles Gutes im Gepäck haben. Weiter ging es zu Fuß über die grüne Grenze, sie gaben zwischendurch sogar Konzerte und verwandelten ihre Flucht in eine Art Tournee. Inzwischen ist ein Großteil der Gruppe um den Leadsänger Anas Maghrebi (weitere Mitglieder: Muhammad Bazz, Bachi Darwish, Hikmat Qassar und Dani Shukri) wohlbehalten in Berlin eingetroffen – andere sitzen noch in der Türkei fest – und lebt hier in einer Flüchtlingsunterkunft.

Khebez Dawle: Der Name bedeutet „Brot des Staates“ und soll verdeutlichen, dass Menschen mehr benötigen, als das subventionierte Brot und die Lügen, mit denen der syrische Staat seine Kinder nährt. Zusammengefunden hat die Band 2013 in Beirut, wohin sich die Künstler geflüchtet hatten, um nicht zwischen Bürgerkrieg und syrischer Armee zerrieben zu werden. Ihre Lieder erzählen von Revolution, Gewalt, Indoktrination, aber auch von Menschen, die sich Freiheit erträumen, und von Hoffnung.

Das Album ist die musikgewordene Geschichte des syrischen Bürgerkriegs und eines Landes mit blutendem Herzen: Indie-Rock, durchaus auch aggressiv mit kraftvollen, gitarrenlastigen und massiven Klängen, die die Verstörtheit und Gewalt zeigen und dann wieder von sanften, eindringlichen melancholischen, balladenartigen Melodien abgelöst werden, die herzzerbrechend schmerz- und sehnsuchtsvoll sind. Und dann ist wieder ein Song dazwischen, der Hoffnung atmet, in jedem Ton ausströmt und sich empor schwingt. Es ist moderne arabische Musik, eingängig, reichhaltig, mitreißend, opulent, ohne die Wurzeln gänzlich abzuschütteln. Die Liedtexte kann man sich in englische Sprache auf der Webseite der Gruppe herunterladen. 2016 soll es eine Europa-Tour geben, mehr Infos dazu gibt es ebenfalls unter www.khebezdawle.com

Fazit: Eigentlich… also eigentlich ist es sehr vorurteilsbehaftet zu denken „What? So geniale Musik aus Syrien?!“. Aber ja. So ist es. Arabische Musik muss trotz Sprache, Gefühl und Arabesken nicht immer dem trommelnden Kitschklischee entsprechen. Bitte reinhören, überzeugen und tief berühren lassen. Musik überwindet Grenzen, lässt Worte hinter sich, steigt entschlossen über alle zwischenmenschlichen Barrieren und trifft in einer universellen Sprache zielsicher mitten ins Herz.