Historische Entscheidungen in Südamerika

Gleich zwei Ereignisse in Lateinamerika könnten Geschichte schreiben:

Bolivien gibt sich eine neue Verfassung

Trotz des massiven Drucks der bolivianischen Großgrundbesitzer und der reichen Elite hat das bolivianische Volk mit einer Mehrheit von 62% für die neue Verfassung von Präsident Evo Morales gestimmt. Nach schweren Unruhen und Angriffen auf Einrichtungen der Zentralregierung hatten die Länder der Unasur (Union der süd­amerikanischen Nationen) Morales zuvor in einer gemeinsamen Erklärung aller Staats- und Regierungs­chefs, der „Declaración de la Moneda“, vollständige Unterstützung zugesichert und jeden Versuch eines zivilen Staatsstreichs zurückgewiesen. Ein historisch bedeutsamer Schritt für Lateinamerika: Zum ersten Mal nahmen alle Länder eine gemeinsame Position zur Verteidigung der Demokratie in einem Land der Staatenunion ein.

Auch die neue Verfassung ist historischen Inhalts: 36 indigene Völker werden samt ihrer traditionellen Rechtsauffassungen und Sprachen anerkannt und der Staat nimmt die Kontrolle über Erdgas, Öl und Wasser wieder an sich, um die Ausbeutung durch ausländische Firmen zu verhindern. Außerdem schreibt die neue Verfassung das Recht auf kostenlose Gesundheitsversorgung und Bildung, sowie das Recht auf Wasser und Ernährung für alle Bürger Boliviens fest. Auch die demokratischen Rechte wurden drastisch erweitert und sogar eine Abwahlmöglichkeit für Mandatsträger ist verankert.

 

Ecuador erklärt Auslandsschulden für „nicht rechtmäßig und unmoralisch“

Die Regierung Ecuadors hat die Zinszahlungen für einen Teil der bestehenden Auslandsschulden eingestellt. Am 15. Dezember wären Zinszahlungen in Höhe von rund 30 Millionen US-Dollar fällig gewesen, welche die Regierung jedoch einbehält. Ecuador hat derzeit Auslandsschulden von rund 11 Milliarden US-Dollar.

Eine von der Regierung beauftragte Untersuchungskommission kam nun zu dem Schluss, dass rund 4 Milliarden US-Dollar dieser Schulden „nicht rechtmäßig und unmoralisch“ seien und die Regierung bereitet jetzt Klagen gegen Kreditriesen wie Citigroup und JP Morgan vor. Der Präsident ist sich der Größe des Vorhabens sehr wohl bewusst: „Wir wissen, dass wir es mit wirklichen Monstern aufnehmen, die versuchen werden, unser Land zu zerquetschen.“

Die Entscheidung Ecuadors könnte einen wichtigen Impuls für die Entschuldung von Entwicklungsländern geben und die jahrelange Ausbeutung durch internationalen Finanzinstitute, IWF und Weltbank vielleicht ins Wanken bringen, wenn weitere Länder dem Beispiel Ecuadors folgen.

 

Ein sehr lesenswerter Artikel zum Thema auf zeit-fragen.ch findet sich hier.

 

Quellen: zeit-fragen.ch, erlassjahr.de
Foto Evo Morales: Valter Campanato/Abr
Foto Rafael Correra: Roosewelt Pinheiro/Abr

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