Immer mehr Menschen realisieren, dass das bestehende System am Ende ist, und es formiert sich derzeit eine Protestbewegung, wie es sie mindestens seit den 70ern nicht mehr gab, und vielleicht sogar überhaupt noch nie gegeben hat.

Überall auf der Welt werden in den nächsten zwei Wochen tausende Menschen auf die Straße gehen, um gegen die zynische und planlose Politik im Umgang mit der Systemkrise zu demonstrieren. Und überall kooperieren dabei Organisationen und spontane Basisinitiativen, die noch vor kurzem nichts voneinander wissen wollten.

Niemand kann angesichts der bestehenden und geplanten Unruhen in Ländern wie Spanien, Irland, Frankreich und Deutschland mehr glauben, dass er mit dem Wunsch nach Veränderung allein ist.

Zwei Großdemos in Deutschland

In Deutschland finden am 28.März in Berlin und Frankfurt zwei Großdemonstrationen unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise“ statt. (Sein berichtete).

„Heißer Sommer“ im Königreich

Besonders brisant dürfte es allerdings in England werden, wo man sich für den G20-Gipfel mit der größte Polizeioperation des letzten Jahrzehnts auf gewaltsame Unruhen vorbereitet. MI-5 und Militär werden sich bereithalten, an die Polizisten wurden 10.000 neue Elektro-Taser-Waffen ausgegeben.

Aktivisten haben für den G20-Gipfel einen „heißen Sommer“, einen „summer of rage“ angekündigt. In Abwandlung des Slogans „Reclaim the Sreets“ heißt es nun: „Reclaim the Money“.

Am Vortag des Gipfeltreffens werden vier Demonstrationen in einem Sternmarsch zur Bank of England ziehen – angeführt von vier apokalyptischen Reitern, die als Boten eines neuzeitlichen Weltuntergangs (Krieg, Finanzchaos, Klimakatastrophe, Ausbeutung) auftreten.

Am Tag des Gipfels haben die Aktivisten angekündigt Banken und Hotels zu stürmen.

„A day of fucking up the summit and other adventures. Be warned. Be aware. Be ready!“
(wombles.org.uk)

Selten zuvor in der Weltgeschichte haben sich dabei so viel verschiedene Organisationen und Bewegungen zu einer Allianz zusammengeschlossen: Antikapitalisten, Öko-Aktivisten, Kriegsgegner, Gewerkschaften, Hilfswerke wie Oxfam und dem Muslim Council of Britain bis hin zum Tax Justice Network, dem WWF, der Anti-Aids-Kampagne und der Heilsarmee. Ein Beweis, dass die englische Bevölkerung im Angesicht verpuffender Rettungspakete den Ernst der Lage begriffen hat.

 

Europäische Sicherheitsbehörden bereiten sich vor

Nach den Unruhen in Griechenland, Island, Schweden, Litauen, Lettland, Bulgarien, Frankreich, Guadeloupe, La Réunion, aber auch den migrantischen Kämpfen in den Flüchtlingslagern von Malta und Lampedusa, könnte Europa zunehmend Schauplatz heftiger Unruhen werden.

Zwei Volksaufstände haben bereits die Regierungen gestützt – und dass in sonst so gemütlichen Ländern wie Island und Lettland. Sobald die Krise auch in anderen Ländern wirklich bei der Bevölkerung ankommt, muss auch dort mit massiven Unruhen und Aufständen gerechnet werden. Irland und England stehen viellicht kurz davor, in diese Kategorie zu fallen.

Der geschäftsführende Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn warnt seit Beginn der Krise 2008 vor Aufständen: Auf Nachfrage, in welchen Ländern „das größte Risiko“ bestünde, nannte Strauss-Kahn Ungarn, Ukraine, Litauen und Weißrussland. „Es kann mein eigenes Land sein [Frankreich], Großbritannien, möglicherweise Osteuropa. Die Situation ist wirklich, wirklich ernst.“

Die Regierungen bereiten sich daher mit landesübergreifenden Kooperationen von Militär, Geheimdiensten und Polizei auf die Unruhen vor. Es werden seit Ende letzten Jahres auf Trainings Aufstands-Szenarien in „War-Games“ durchgespielt – und es wird massiv aufgerüstet: Auch die Bundeswehr soll für „Operationen in urbanem Umfeld“ mit neuen Schall- und Mikrowellenkanonen und Tasern ausgerüstet werden.

Marsch auf die Wall-Street

Am 4. April, dem Todestag von Martin Luther King, werden zahlreiche Bündnisse in Amerika sich zu einem „Marsch auf die Wall-Street“ vereinen. Das dürfte nur der Anfang einer massiven Protestwelle sein, die sich im Verlauf der Krise verstärken wird. Schon jetzt spitzt sich die Lage am Arbeitsmarkt auch in Amerika drastisch zu und immer mehr Menschen sitzen auf der Straße.

Das wissen auch Politiker und Sozialwissenschaftler. Trendforscher und Senatoren sehen die USA gar als zukünftiges Entwicklungsland, wenn die Revolution zu „food riots, squatter rebellions, tax revolts and job marches“ führt. Als Szenario wird über die Einführung des Kriegsrechts diskutiert, einzelne Bundesstaaten bilden für die Unruhen eigene „Tactical Response Units“ aus.

Außerdem wurde das „Brigade Combat Team“ der 3. Infanteriedivision aus dem Irak abgezogen und und dem U.S. Northern Command unterstellt. Die Soldaten werden jetzt in der Handhabung von „nichttödlichen Waffen“ sowie polizeilicher Ausrüstung mit Schild und Schlagstock ausgebildet um Zukünftig bei „civil unrest and crowd control“ einzuspringen.

Energie lieber positiv nutzen

Angesichts dieser Entwicklungen bleibt zu hoffen, dass die Menschen ihre Wut und Enttäuschung nicht in sinnlosen Anschläge oder Gewaltexzessen entladen, sondern die Energie und Einschicht dafür verwenden Alternativen aufzubauen. Es geht jetzt um Kooperation und das Loslassen von alten Denk- und Verhaltensmustern. Angst und destruktive Energien werden kaum helfen, ein besseres System Wirklichkeit werden zu lassen.

Mögen sich auch viele friedliche Menschen beteiligen.

Fest steht, dass die kritische Masse erreicht ist.

 

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Eine Antwort

  1. orange

    der artikel klingt anfangs sehr reißerisch und wenn ich das wort benutzen darf „aufwieglerisch“. glücklicherweise ändert sich das dann noch. ich hoffe, man erinnert sich noch an gewaltlosen widerstand ala ddr 1989 oder mahathma gandhi.
    phoenix ist übrigens kein bundesstaat sondern die hauptstadt von arizona.:-P
    gruß
    orange

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