Schluss mit Sozialleistungen?

Die Untersuchungskommission der EU ist beunruhigt:

„Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit mit ihren potenziell lang anhaltenden Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte und auf das Potenzialwachstum könnte die europäischen Sozialmodelle bedrohen, die bereits jetzt unter der Alterung der Bevölkerungen leiden“, heißt es in einem Bericht der Kommissionsvolkswirte für das informelle Finanzministertreffen in Göteborg.

Soll heißen: Wenn die Krise richtig durchschlägt, sind Arbeitslose, Renter und Kranke wohlwoglich die Ersten, denen die Unterstützung gestrichen wird. Brisant an dem Bericht ist vor allem die Tatsache, dass man normalerweise wenig Kritisches aus Brüssel hört – und in diesem Bericht stellen die Autoren immerhin erstmals das Überleben der sozialen Absicherung in Europa infrage.

 

Jobless Recovery

Ein komisches Timing auch, wo doch überall gerade der Aufschwung ausgerufen wird. Der Grund ist, dass die Experten davon ausgehen „dass die Arbeitslosigkeit nicht leicht wieder auf das Niveau vor der Krise zurückfällt, wenn der Aufschwung wieder einsetzt“.

Soll heißen: Der Aufschwung findet zwar an den Aktienmärkten und in den Bilanzen der Banken und Konzerne statt, aber nicht am anderen Ende der „Nahrungskette“. Die Unternehmen haben die Krise zum willkommenen Anlass genommen sich „Gesundzuschrumpfen“ und wenn überhaupt wieder wer eingestllt wird, dann wahrscheinlich für weniger Geld.

Auch wenn es in Deutschland noch nicht so drastisch aussieht, weil hier viele Unternehmen ihre Angestellten statt gleich zum Arbeitsamt erstmal in Kurzarbeit geschickt haben – in Spanien zum Beispiel sieht die Sache schon anders aus, dort liegt die Arbeitslosenquote mittlerweile bei 18 %. Aber auch in den anderen Ländern rechnet die Kommission nicht gerade mit einer Einstellungswelle – im Gegenteil. Auf Deutschland bezogen heißt es im Bericht, viele Unternehmen hätten „viel zu viele Beschäftigte“. Die fast 10 Millionen Arbeitsplätze, die in der Aufschwungphase (-blase?) zwischen 2006 und 2008 entstanden sind, würden bis 2010 mit ziemlicher Sicherheit wieder zerstört werden.

Bei uns ist die Wahl ja nun vorbei und wir dürfen uns darauf vorbereiten, dass wir bald mal wieder alle den „Gürtel enger schnallen müssen“. Und mit „wir“ meinen Politiker meist „ihr da unten“. Vielleicht Flaschensammeln statt Hartz 4?

Es wird Zeit, selbst alternative Absicherungsmodelle und solidarische Gemeinschaften mit entstehen zu lassen!

 

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Bild: Pulic Domain / Wikimedia

 

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