Wird Haiti durch die USA besetzt?

Die Lage nach den Erdbeben in Haiti ist katastrophal: Kein Wasser, Tausende Tote in den Straßen, Leichen werden mit Baggern in Massengräber geschüttet, Tausende Waisenkinder irren durch die Städte, Ärzte amputieren am Fließband Gliedmaßen. Viele Länder eilten dem Inselstaat zur Hilfe – bei den USA mehren sich nun jedoch die Zweifel, ob es wirklich um Hilfe geht.

 

Wir brauchen Ärzte, keine Soldaten

Im Schatten des Unglücks stockten die USA ihre Militärpräsenz auf Haiti immer weiter auf. 10.000 US-Soldaten sind inzwischen im Einsatz, darunter auch Marines. Und immer mehr Stimmen berichten, dass diese Soldaten keineswegs humanitäre Hilfe leisten, sondern diese vielmehr behindern. Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen und das rote Kreuz beklagen, dass ihre Flugzeuge nicht auf dem durch die USA kontrollierten Flughafen von Port-au-Prince landen durften und von der Dominikanischen Republik aus ins Land gebracht werden mussten, wodurch vielen Menschen nicht mehr geholfen werden konnte.

Vonseiten Südamerikas wird erwartungsgemäß besonders scharfe Kritik an den USA geübt. So sagte Venezuelas Präsident Chavez: „Man hat den Eindruck es herrscht Krieg in Haiti. Die Menschen brauchen Hilfe und kein Militär!“ Boliviens Präsident Evo Morales forderte wegen der „militärischen Besetzung“ Haitis durch die USA sogar eine Sondersitzung der UNO.

Der Vize Präsident von Bolivien, Alvaro Garcia Linera, forderte den Rückzug der US-Truppen: „Wir sind über diese US-amerikanische Militärintervention besorgt, weil dort Truppen sind, die keine Hilfsaktionen ausführen, die keine Leben retten, keinen Schutt beseitigen, keine Leichen bestatten. Lasst die Soldaten gehen und mehr Ärzte kommen. Wir brauchen keine Soldaten die das Land kontrollieren und eine militärische Kontrolle über das Gebiet ausüben. Sie sollten lieber Betonsteine aufheben und den Schutt aus den Häusern räumen.“

Auch Nicaraguas Präsident Daniel Ortega stellte fest: „Haiti bittet um humanitäre Hilfe, nicht um Soldaten.“

 

Versteckte Interessen?

Eine militärische Besetzung Haitis ist keine bloße Verschwörungstheorie, sondern wird von rechten Denkern in den USA sogar offen gefordert. Denn diese fürchten, das Land könnte sonst unter den Einfluss von Kuba und Venezuela geraten.

„Die Regierung unter Präsident René Préval ist schwach und nun im wahrsten Sinne des Wortes am Boden zerstört. Kuba und Venezuela, die in der Vergangenheit schon versucht haben, den Einfluss der USA zurückzudrängen, könnten die Möglichkeit nutzen, um sich zu profilieren“, schreiben James M. Roberts, Ray Waler in ihrem Essay „American Leadership Necessary to Assist Haiti After Devastating Earthquake“. Es sei die Aufgabe der USA sicherzustellen, dass Haiti „aus der Krise als eine noch stärke Demokratie hervorgeht.“ Was das heißt, kann man derzeit im Irak bewundern.

So ist abzusehen, dass die USA die günstige Gelegenheit nutzen werden, sich auf Haiti zu etablieren und es dem Einfluss der südamerikanischen Staaten zu entziehen.

Ein anderer Grund für eine Besetzung könnte in den gewaltigen Ölvorkommen liegen, die unter Haiti vermutet werden. Glaubt man Daniel und Ginette Mathurin und ihrem Artikel „Haiti ist voller Öl“, so hat „Haiti […] zum Vergleich so viel mehr Erdöl als Venezuela, wie ein Glas Wasser und ein olympisches Schwimmbecken.“ Diese wurden bisher nicht angezapft, weil sie als „strategische Reserven der Vereinigten Staaten von Amerika“ gelten und die USA eine Förderung nicht erlaubt hätten. Nun könnten die USA Angst haben, dass diese Vorkommen in die Hände Südamerikas fallen.

 

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2 Responses

  1. Guido

    komm mal klar soldaten brauchen die nicht sondern hilfe und unterstützung und keine usa die das land besetzt und die leute sterben läßt durch krankheiten und falschen medikamente .

    Antworten
  2. Otti Z

    Natürlich brauchen die dort auch Soldaten.

    In den letzten Jahren werden tagtäglich 2 Mio. Haitier von der UNO mit Lebensmitteln versorgt.

    Dies ist nur möglich, wenn die Verteiler von Bewaffneten geschützt werden.

    Sonst werden die Helfer gekidnappt und nur gegen Lösegeld freigelassen. Ohne Bewaffnete ist eine Verteilung nicht möglich, und wenn es doch zu Aufständen kommt und die Bewaffneten sich vor den Einheimischen zurückziehen müssen, könnnen keine Hilfsgüter verteilt werden. Dann gibt es wieder Lehmkekse.

    So ist es dort schon seit vielen Jahren.

    Antworten

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