Was man einmal als Ideologie angenommen hat, wird man so schnell nicht wieder los. Da helfen auch neue Informationen nur wenig, wie eine aktuelle Studie in den USA wiedermal zeigt.

 

Selektive Wahrnehmung

Die Studie des Medienwissenschaftlers Barry Hollander von der University of Georgia wertete eine Umfrage unter 2.400 Amerikanern aus und kommt zu dem Schluss, „dass die Menschen einfach glauben, was sie glauben wollen.“

Daran ändern auch aufklärende Medienberichte nichts, den erstens lesen Menschen überhaupt hauptsächlich das, was ihre Meinung bestätigt und wenn ihnen doch mal etwas Gegensätzliches über den Weg laufen sollte, ignorieren sie dies einfach, oder lesen aus der Nachricht einfach Informationen heraus, die gar nicht enthalten sind.

Die Studie deckt sich mit psychologischen Untersuchungen, die zeigen, dass Menschen neben der selektiven Wahrnehmung auch ein selektives Gedächtnis haben und Fakten, die zu bestehenden Glaubenssätzen in Widerspruch stehen einfach nicht sehen und erinnern können.

Hollander untersuchte dies an dem Gerücht, dass Obama ein Muslim sei, welches während des Wahlkampfes 2008 verbreitet worden war. Trotz aller gegenteiligen Medienberichte hatte sich dieses Bild bis zur Wahl nicht korrigieren lassen – konstant 20 Prozent der Amerikaner glaubten die Lüge.

Propaganda

Die Erkenntnisse sind besonders wichtig in Bezug auf die Wirkung von Propaganda: Was uns einmal per Mediengewalt ins Bewusstsein gehämmert wurde, lässt sich kaum noch beseitigen – denn richtigstellende Informationen werden nachfolgend einfach nicht mehr wahrgenommen.

Dies lässt sich in den USA auch anhand von Umfragen zum Irakkrieg aus dem Jahre 2004 zeigen:

Ende 2004 glaubten noch immer 41% der US-Bürger, dass Saddam Hussein enge Verbindungen mit al-Qaida gehabt habe und 22% meinten sogar, dass Hussein irgendwie an den Anschlägen vom 11.9. beteiligt war. Dieser Fantasie-Zusammenhang zwischen dem 11. September und dem Irak war durch geschickte Medienpropaganda hergestellt worden – dass er sich bei der Hälfte der Amerikaner drei Jahre halten konnte, ist schon erstaunlich.

Auch in Bezug auf Obama zeigt sich ein ähnliches Bild: Noch immer bringen ihn Menschen weltweit mit einem Wandel in Verbindung – obwohl sich an der US-Politik außer dem Stil der Reden kaum Wesentliches verändert hat.

Glaubenssätze

Auch für negative Überzeugungen über uns selbst sind solche Erkenntnisse überaus relevant. Denn unsere Wahrnehmung sorgt dafür, dass diese Glaubenssätze ständig bestätigt werden – notfalls unter konsequenter Leugnung der Realität. Daher ist es wichtig, sich solche Muster ständig bewusst zu machen und vorsätzlich nach widersprechenden Informationen Ausschau zu halten. Viele depressive Patienten können beispielsweise schon dadurch eine erhebliche Besserung erfahren, dass sie konsequent ein Glückstagebuch führen und sich in Dankbarkeit üben. Der sonst negative Wahrnehmungsfilter kann so zum Positiven hin geöffnet werden.

Generell ist es sicher hilfreich jede Meinung ständig zu hinterfragen – denn die Ansicht, das sich diese auf Informationen stützt, könnte eine psychologische Illusion sein.

 

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3 Responses

  1. Tino

    nun ich seh das ein wenig anders – heutzutage wird dies schnell mal als ausrede bei anderen genommen – „man bildet sich das nur ein, man sieht nur selektiv“ und so weiter …

    so wird es einem leicht gemacht, die traurige wahrheit hinter den worten nicht zu sehen …

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  2. Dana

    Ja, das seh ich ähnlich, das jeder sein Tempo hat, das oft nicht gesehen werden kann, da es so klein oder gar nicht wirkt, aber dennoch ist es da.
    Die Aufklärung weiterhin find ich gut, denn alles hat Sinn.

    Antworten
  3. freedom of mind

    Also mit Ami-Umfragen hab ich so meine Probleme, bei der Medien-Landschaft und dem miserablen geistigen Durchschnitt der Bevölkerung lässt sich das wohl kaum auf Europa oder den Rest der Welt übertragen.

    Soll doch jeder glauben was er mag, viele sind noch nicht bereit zu Erwachen, nochmehr werden es in dieser Lebensrunde auch nicht tun, was in Ordnung ist. Jede Seele hat ihren Weg, das ist zu respektieren.

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