In den Niederladen haben sich Hunderte Professoren zusammengeschlossen, um für ein Ende der industrialisierten Massentierhaltung einzutreten. In einem Positionspapier verdeutlichen die Wissenschaftler die Probleme der Massentierhaltung und zeigen Lösungsmöglichkeiten auf.

Die Albert-Schweizer-Stiftung hat die Kernpunkte übersetzt und zusammengeasst und hofft das sich Wissenschaftler in Deutschland und auf der ganzen Welt dem Beispiel der niederländischen Kollegen anschließen.

 

Hier die Argumente der Wissenschaftler:

Tierschutz

Die industrielle Massentierhaltung hat sich zu einem effizienten, technisierten System entwickelt, in dem Tiere den Bedürfnissen der Industrie angepasst werden. Das geht bis zu dem Punkt, dass die Tiere meist ohne Betäubung verstümmelt werden: Schnäbel, Schwänze, Hörner und Geschlechtsteile werden abgetrennt, Zähne werden abgeschliffen.

Die Tiere sind teilweise so überzüchtet, dass sie buchstäblich zu Tode wachsen (Masthühner), ihre Nachkommen nicht mehr auf natürliche Weise auf die Welt bringen können (Milchkühe) und ihnen Probleme mit Herzen und Beinen angeboren sind (Schweine). Kälber werden sofort nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und leiden an Blutarmut, weil ihnen kaum Eisen zugeführt wird, damit sie helles Fleisch liefern. Die Brüder von Legehennen werden nach dem Schlüpfen vergast oder zerhäckselt, weil es keine Verwendung für sie gibt. Bei der Schlachtung gibt es keine Garantie dafür, dass die Tiere wirkungsvoll betäubt wurden, oder dass sie wirklich tot sind, wenn sie am Schlachthaken hängen.

Dass es soweit kommen konnte, erklären die Professoren mit dem psychologischen Phänomen der pluralistischen Ignoranz: Verbraucher und sogar Landwirte missbilligen prinzipiell die Zustände in der Tierhaltung, beruhigen sich jedoch damit, dass niemand etwas unternimmt, weshalb es ja doch nicht so schlimm sein kann. Und wenn es doch schlimm wäre, würde ja die Regierung etwas unternehmen. Dieses Nichtstun wird wiederum von Politikern und Unternehmen so gedeutet, dass die Konsumenten mit den gängigen Praktiken einverstanden sind, wodurch sich der Kreis wieder schließt: Alle Beteiligten denken, dass alles in Ordnung wäre, weil niemand etwas unternimmt.

 

Zerstörung der Böden

Bei der Produktion jedes Kilogramms Fleisch entstehen ca. 6 kg Gülle. In Regionen mit intensiver Massentierhaltung sind die Folgen sind eine Versäuerung und Überdüngung der Böden sowie die Verunreinigung von Grund- und Trinkwasser. Weitere Folgen sind – je nach Lage – die Verödung von Grünland und Waldsterben. Auch die Fauna wird durch die Überdüngung geschädigt (insbesondere große Insekten), was negative Auswirkungen auf gesamte Ökosysteme hat.

Phosphat ist ein essentieller Nährstoff für Pflanzen. Dadurch, dass Futter häufig aus dem Ausland importiert wird, importieren wir große Mengen dieses Minerals, das Tiere über ihre Exkremente wieder ausscheiden, wodurch hier eine schädliche Über- und im Ausland eine Unterversorgung entsteht, die voraussichtlich noch in diesem Jahrhundert zu gravierenden Problemen führen wird. In einem Satz: Wir setzen die Zukunft der Nahrungsmittelversorgung aufs Spiel.

 

Welternährung

Durchschnittlich 5 kg Getreide werden benötigt, um 1 kg Fleisch zu produzieren. Bereits 40% der weltweiten Getreideernte werden von »Nutztieren« verschlungen, und wenn die Prognosen der Welternährungsorganisationen zutreffen, wird sich die Nachfrage nach Fleisch bis zum Jahr 2050 verdoppeln. Bereits jetzt werden Regenwälder für die Fleischproduktion abgeholzt und bereits jetzt leiden eine Milliarde Menschen an Hunger. Und das, obwohl weltweit genug pflanzliche Lebensmittel produziert werden können, um weit mehr als 10 Milliarden Menschen zu ernähren.

 

Wasserverschwendung

Die Fleischproduktion verschlingt besonders viel Wasser. Es wird vorausgesagt, dass bereits im Jahr 2017 70% der Weltbevölkerung Probleme mit dem Zugang zu ausreichend Süßwasser haben werden, und trotzdem verbrauchen wir große Mengen davon für die Fleischproduktion – insbesondere in ärmeren Ländern, die Futter produzieren.

 

Klimawandel

Laut Welternährungsorganisation verursacht die Tierhaltung 50% mehr Treibhausgase als alle PKW, LKW, Züge, Schiffe und Flugzeuge zusammen. Neuere Schätzungen kommen sogar zu noch dramatischeren Ergebnissen.

 

Öffentliche Gesundheit

Alle ernstzunehmenden Experten raten, den Konsum tierischer Proteine und Fette stark zu reduzieren. Trotzdem werden mittels nationaler und europäischer Steuergelder Kampagnen finanziert, die einen noch höheren Verzehr bewerben. So wachsen die Risiken an Herz- und Gefäßkrankheiten, Krebs, Fettleibigkeit und Diabetes zu leiden, weiter an.

Weitere Gesundheitsrisiken ergeben sich aus der Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung, was zu resistenten Krankheitserregern führt. Außerdem wird es zunehmend schwieriger, Hühnerfleisch zu kaufen, das nicht mit Salmonellen oder Campylobacter belastet ist. In allen anderen Bereichen der Lebensmittelerzeugung würde das zu Konfiszierungen und der Schließung von Fabriken führen. In der Fleischproduktion wird es dagegen fast schon als normal angesehen.

 

Finanzielle Auswirkungen

Die Argumente vieler Politiker und Massentierhalter lassen sich so zusammenfassen: Eine wachsende Agrarindustrie trägt zum Wirtschafts-, Export- und Einkommenswachstum (der Massentierhalter) bei und ist daher zu begrüßen.

Dem sind zwei Argumente entgegenzuhalten: Wenn ethische Grenzen überschritten werden (siehe »Tierschutz«), werden finanzielle Überlegungen irrelevant. Heutzutage verteidigt auch niemand mehr die Sklavenhaltung oder die Kinderarbeit, auch wenn durch sie eventuell wirtschaftliche Vorteile zu erreichen wären. Außerdem ist die Argumentation der wirtschaftlichen Vorteile schlichtweg falsch, weil sie nicht die hohen Kosten einberechnet, die Mensch, Tier und Umwelt durch die Fleischproduktion auferlegt werden (siehe ebenfalls oben).

 

Zehn Forderungen der Wissenschaftler

1) Die Regierungen müssen Veränderungen einleiten. Die Anstrengungen am Markt bzw. der Verbraucher reichen nicht aus. Unabhängige Regierungen sind notwendig (die Unabhängigkeit vieler Politiker ist in Frage zu stellen).

2) Der Konsum tierischer Produkte muss bis 2020 um mindestens 33% gesenkt werden. Die Regierungen müssen die Öffentlichkeit über die Folgen des Konsums von Lebensmitteln tierischen Ursprungs intensiv und offen informieren.

3) Alle Kosten der Fleisch- und Milchproduktion inkl. Umweltzerstörung und Belastungen des Gesundheitssystems müssen in die Preise einberechnet werden. Zusätzlich dazu sollte noch eine weitere Steuer auf diese Produkte erhoben werden.

4)  Wenn sich kein internationaler oder europäischer Konsens finden lässt, müssen einzelne Länder sich allein als Vorbilder positionieren.

5) Dem Tierschutz muss eine zentrale Position eingeräumt werden, der sich deutlich in Verfassung und Gesetzen niederschlägt und die schlimmsten Praktiken (siehe oben) verbietet.

6) Die Verwendung von Antibiotika und Hormonen in der Produktion tierischer Produkte muss verboten werden.

7) Der Anfang sollte darin bestehen, wieder geschlossene Kreisläufe in der Lebensmittelproduktion zu etablieren.

8) Bau und Expansion von Massentierhaltungen  aufgehalten werden. Es sollten gesetzliche Grenzen eingeführt werden, wie viele Tiere pro Hektar, Region oder Land gehalten werden dürfen.

9) Landwirte müssen die Chance erhalten, sich auf die neuen Anforderungen einzustellen. Da die Politik einen großen Teil der Schuld für die falsche Entwicklung des Sektors trägt, sollte sie den Wandel zur Nachhaltigkeit unterstützend begleiten.

10) Die Entwicklung von gesunden und schmackhaften pflanzlichen Lebensmitteln sollte gefördert werden, um Konsumenten den Umstieg zu einer weniger fleisch- und milchlastigen Ernährung zu erleichtern.

 

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2 Responses

  1. Vigor Calma

    Immer wieder hoch amüsant zu sehen, dass überall Betroffenheit vorgegeben wird.
    Wenn „ich“ das liest, dann mit Konzentration.
    Malt „es“ ein Bild, dann mit Konzentration.
    Musik wird von „ich“ mit Konzentraion aufgenommen.
    Spült „ich“ ab mit Konzentration? Manchmal.
    Geht „ich“ durch die Welt, mit Konzentration?. Manchmal.
    Ißt „ich“ mit Konzentration? Fast nie.
    Die Art wie gegessen wird ist ein Ausdruck des eigenen Bewußtseins.
    Beispiel: Eine Orange. Jemals eine Orange wirklich wahrgenommen?
    Ihre Beschaffenheit bewundert. Von der Schale bis zum Kern? Gesehen – GESEHEN – dass es Monate Sonne, Wasser, Luft und Erdelemente aufgenommen hat? Dass sie ein gast aus einem fernen Land ist? Florida oder Spanien? Dass eine Orange verkörperte Lebensenergie ist? Gespeicherte Kraft, die wiederum „meinem“ Organismus Kraft gibt?

    In asiatischen Traditionen gibt es Rituale. Rituale der Langsamkeit, damit dieses Bewußtsein gefördert wird. Diese Rituale sind feierliche Ereignisse. Gelebte Gebete der Dankbarkeit.

    Es ist SO EINFACH – es muss nur getan werden.
    Die logische Konsequenz ist, dass es Bedeutung gewinnt woher das kommt, was aus der Plastik- oder Metallverpackung gezaubert wird.
    Die logische Konsequenz ist, dass wirkliche Nahrung erkannt wird, und scheinbare Nahrung (oder mit Zähnen mahlen um unterdrückte Emotionen abzubauen) aufhört. Einfach so.

    Und wie immer beginnt es bei MIR. Ich mache den Anfang. Die Anderen folgen.

    Das heilige Wort der neuen Zeit heißt: EINFACH.
    Weniger ist mehr!

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  2. obm

    Kurz und bündig; unhumane Haltung und sinnlose Verschwendung von Ressourcen für ein „Produkt, dass im Grunde genommen ernährungstechnisch betrachtet überhaupt nicht notwendig, gar eher für den Menschen gesundheitsschädlich ist (man betrachte den Verdauungstrakt eines reinen Fleischfressers mit dem des Menschen – durch die längere Verweilung im Darm und der Wärme entwickeln sich Nitrite, Nitrate und Ammoniak). ALLE Spurenelemente und dergleichen finden sich in .pflanzlichen Produkten wieder. Nur Profiteure und deren Studien behaupten nach wie vor. Dass Mangelerscheinungen entstehen würden, die wir in unserer Gesellschaft bereits trotz hohem Fleischkonsum erkennen können. Gruss obm

    Antworten

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