Fast 40 Jahre lang hat sich die Wissenschaft gescheut, die therapeutischen Möglichkeiten illegaler Drogen wie Cannabis oder LSD gezielt zu erforschen. Nun haben neue Erkenntnisse aus Tierversuchen und Fortschritte bei Verfahren zur Darstellung von Vorgängen im Gehirn neue Projekte entstehen lassen. Die Folge könnte sein, dass die Regierungen aufgefordert werden, Finanzierung und Spielregeln für derartige Studien neu zu überdenken, schreibt NewScientist.

Ignoranz und falsches Tabu

„Die bestehende Klassifizierung von LSD war ein Fehler der aus Ignoranz und falschem Tabu heraus gemacht wurde“, betont zum Beispiel Amanda Feilding, die Direktorin der Beckley Foundation. Diese Entscheidungen seien politisch und nicht wissenschaftlich getroffen worden, betont auch der Psychiater Michael Mithoefer.

Trotz vieler Hürden laufen derzeit in Amerika und der Schweiz einige Studien, die das Potenzial von LSD und des in Pilzen enthaltenen Psilocybin zur Behandlung von nicht heilbaren Krebserkrankungen untersuchen. Diese Substanzen sollten den Patienten gegen Angstgefühle und Depressionen helfen.

Feilding arbeitet gemeinsam mit David Nutt vom Imperial College London an der ersten Studie über psychodelische Drogen, die seit 40 Jahren durchgeführt wird. Unter anderem wird untersucht, inwieweit Psilocybin helfen kann, Erinnerungen wieder zu aktivieren. Diese Aktivierung könnte bei einer Psychotherapie nach einem Trauma von großer Bedeutung sein.

Eine Studie an der Johns Hopkins University etwa hat erste positive Ergebnisse beim Einsatz von Psilocybin als Unterstützung einer Psychotherapie zur Behandlung von Nikotinsucht erbracht. Und an der Medizinischen Hochschule Hannover wird derzeit untersucht, ob Bromo-LSD, eine nicht psychoaktive Form des Medikaments, zur Behandlung von Clusterkopfschmerzen eingesetzt werden kann.

Das Verbot von LSD und Psilocybin als Therapiemittel und sogar zu Forschungszwecken stoppte in den 1960ern viele vielversprechende Ansätze und Forschungen – etwas die von Stanislav Grof, der nach dem Verbot Atemtechniken entwickelte, die ähnlcihe Zustände hervorrufen sollen. Unter dem Radar arbeiten allerdings auch heute noch Therapeuten mit LSD. Erst jetzt allerdings lebt die klinische Forschung mit bewusstseinserweiternden Drogen wieder auf.

Wird Cannabis legal?

Bei Cannabis ist bereits bekannt, dass es die Symptome einer Multiplen Sklerose lindern kann. In Kanada wurde vor kurzem mit Sativex ein entsprechendes Medikament zugelassen. Vor wenigen Tagen wurde die erste Studie publiziert, deren Ergebnisse nahelegen, dass das Rauchen von Cannabis auch neuropathische Schmerzen verringern kann, die durch Schädigungen des Nervensystems entstanden sind.

Wissenschaftler der McGill University verabreichten Patienten mit chronischen Schmerzen verschiedene Mengen Cannabis oder ein Blindpräparat. Die Patienten hatten allgemein weniger Schmerzen und schliefen mit der höchsten Dosierung besser. Details dieser Studie wurden im Canadian Medical Association Journal veröffentlicht.

In Amerika zeichnet sich ein klarer Trend zu kompletten Legalisierung von Cannabis ab. In 14 Staaten ist der medizinische Gebrauch bereits legal, 11 weitere werden wahrscheinlich folgen. In Kalifornien ist Cannabis schon jetzt die wichtigste Nutzpflanze – noch vor Weizen und Mais. Etwa 36 Mrd. Dollar werden mit dem „grünen Gold“ umgesetzt, im ganzen Staat wimmelt es von Zuchtbetrieben, Marihuanaapotheken und Unternehmen, die mit Zuchtzubehör handeln. Im November stimmen Kaliforniens Wähler ab, ob Marihuana komplett legalisiert werden soll.

Auch in Deutschland mehren sich seit Jahren die Stimmen gegen eine weitere Kriminalisierung der Droge. Eine neue Gesetzgebung aus dem August dieses Jahres macht nun den Weg frei, Cannabis-Medikamente auch in Deutschland herzustellen und zu verschreiben. Die Politik folgt damit dem Rat vieler Mediziner und der Meinung der Bevölkerung – mehr als 75 Prozent der Deutschen befürworten die medizinische Verwendung von Cannabis.

Bewusstseinserweiternd?

Dass von Cannabis und LSD keine Gefahr einer körperlichen Sucht ausgeht und auch die gesundheitlichen Risiken im Vergleich zu legalen Drogen wie Tabak und Alkohol minimal sind, ist bekannt. Insofern wäre nicht nur die Freigabe für die medizinische Nutzung, sondern auch die rechtliche Gleichstellung eigentlich angebracht. Die psychischen Risiken beider Drogen sind jedoch nicht zu unterschätzen – auch zu Cannabis gibt es immer mehr Forschungen, welche die möglichen Folgen für Intensiv-Konsumenten aufzeigen. Die zusätzliche Kriminalisierung der Nutzer dürfte diese allerdings auch nicht verbessern. Das es mit dem Verbot nicht klappt, ist ohnehin offensichtlich – in Europa kiffen rund 18 Prozent der 15 bis 64-Jährigen.

Das Drogen keinen bleibenden Nutzen haben und insgesamt eher schädlich sind, dürfte jedem Konsumenten klar sein. Auch die Verherrlichung der Bewusstseinserweiterung, die viele Menschen durch Drogen zu erleben glauben, darf in Frage gestellt werden. Es gibt andere Wege zu diesen Zuständen, die für Psyche und Energiesystem sehr viel natürlicher und schonender sind, bleibenden Wert haben und keine unerwünschten Nebeneffekte auslösen.

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