Anlässlich der Entscheidung der Bundesregierung die Laufzeiten der Atomkraftwerke weiter zu verlängern, hat die Gewerkschaft der Polizei mit einer überraschenden Pressemitteilung reagiert. Sie distanziert sich von der Entscheidung und befürchtet die „eine Zuspitzung des immer offener zu Tage tretenden Konflikts zwischen Politik und Gesellschaft.“

Auch für die Polizei ist die Zeit, in der die Politik noch die Gesellschaft repräsentierte (Volksvertreter?) damit anscheinend endgültig vorbei.

Und offensichtlich sind es die Polizeibeamten leid, als Prügelknaben für eine korrupte Politik herhalten zu müssen:

„Die Polizei wird zunehmend als Puffer zwischen Politik und Gesellschaft missbraucht“, beklagt der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg. „Die Atompolitik ist das jüngste Beispiel dafür, wie sehr sich die Politik von Bürgerinnen und Bürgern abzusetzen scheint. Die Verlässlichkeit in politische Entscheidungen scheint einer […] großen Nähe zur Wirtschaftslobby gewichen zu sein.“

Es sei keine allzu gewagte Prognose, dass sich die zunehmende Protestbereitschaft immer stärker und öfter auf die Straße verlagern werde.

Freiberg kritisierte die massive Aufgabenumverteilung, der sich die Polizei aktuell ausgesetzt sähe. Notwendige Präventionsarbeit rücke immer mehr in den Hintergrund, während Einsätze bei Demonstrationen fast täglich zu bewältigen seien. Viele Polizeibeamtinnen und -beamte benötigten eigentlich nur noch den Einsatzanzug, so Freiberg.

Wider das eigene Gewissen

Die Gewerkschaft der Polizei lässt hier überraschend deutlich durchblicken, dass sie es leid ist, auf der Straße Entscheidungen zu verteidigen, hinter denen die Polizisten persönlich überhaupt nicht stehen und die zudem demokratischen Prinzipien zuwider laufen.. Für viele Demonstranten repräsentieren die Polizisten allerdings verständlicherweise den Staat und nicht selten entlädt sich der Zorn auf die Politik über die Einsatzkräfte.

Die werden in Zukunft vor einer Gewissensfrage stehen und haben eigentlich nur noch die Möglichkeit, solche Einsätze in Zukunft massenhaft zu verweigern. Kommt bald der Punkt, an dem die Polizei den Wahnsinn der Politik nicht weiter unterstützt? Ein Streik der Einsatzkräfte?

Der Graben zwischen dem Volk und der Politik, der Vertrauensverlust hat eine Breite und Tiefe erreicht, die nicht mehr so schnell zu überwinden sein wird. Wenn sich jetzt auch noch die Exekutive von der Politik abkehrt, dann bekommt Frau Merkel ihre angekündigte Revolution vielleicht ganz anders als geplant.

Das die Polizei nur wenige Stunden nach der Entscheidung in Berlin mit so einer Pressemitteilung reagiert, ist zumindest bemerkenswert. Dass unsere Politik korrupt und den Interessen der Bevölkerung zuwider handelt, wird immer mehr Menschen klar – darunter offensichtlich auch viele Polizisten.

 

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20 Responses

  1. Mykey

    Deutsche Polizisten in schwarzen Uniformen – eine Mischung aus Krieg der Sterne Sturmtruppen und SS! gegen Kinder und Jugendliche, deren Demonstration angemeldet und genehmigt war. So zeigt der Staat den Heranwachsenden gleich mal wo der Hammer hängt!!!! Naturschützer, die darum kämpfen einen Park mit alten Bäumen zu belassen wie er ist, sind in diesem Staat Terroristen. Das einzig Gute daran ist, daß dieses diktatorische System mehr und mehr seine Maske fallen lässt und JEDER Bürger nun die Chance hat aufzuwachen!!!

    http://www.facebook.com/l.php?u=http%3A%2F%2Fwww.giessener-zeitung.de%2Fgiessen%2Fbeitrag%2F38842%2Fstuttgart-21-polizei-setzt-schlagstoecke-und-wasserwerfer-gegen-kinder-und-jugendliche-ein%2F&h=3eae4

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  2. Mykey

    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1003908/1+Cent,+der+das+Finanzministerium+nervt#/beitrag/video/1153112/ZDF-heute-Sendung-vom-30-September-2010

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  3. Tony Katz ddp-partei

    Eine sehr bemerkenswerte Stellungnahme der Gewerkschaft der Polizei. In Stuttgart wurde es wieder sehr ernst mit den befürchteten Widersprüchen. Es gab ordentlich Gewalt gegen Kinder und Renter. Es wird höchste Zeit, daß sich die Polizisten selber fragen auf welche Seite sie stehen: auf der Seite der Konzern-Lobbykratur oder auf der Seite der um Ehrlichkeit bemühenden Bürger, die sagen: Schluß jetzt. http://www.wir-treten-zurueck.de/

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  4. günter

    hallo,

    ja, das empfinde ich als einen aufbauenden meilenstein – da dürften auch die vielen gespräche zwischen demostrierenden menschen & polizisten dran beteiligt sein, die es ja erfreulicherweise gibt.

    der SEIN-kommentarhinweis „korrupt“ gefällt mir auch nicht – wirklich zutreffender finde ich es, diese art von tun & lassen der politik als lebensfeindlich & zerstörerisch zu bezeichnen.

    denn genau dieses verhalten wurde legalisiert & konform. die (miss-)wirtschaft hat die überwiegende gesellschaft fest im griff & diktiert der politik, diese logik umzusetzen. bestenfalls darf die politik noch für die reichlich erforderlichen schadensbegrenzungen dienen. ja, dienen, denn auch hier sagt die wirtschaft wos langgeht: siehe zb. bankenförderung!!! siehe zb.: wer zahlt den maßlosen kontroll- & überwachungsaufwand im bereich ATOMENERGIE???

    und tragen & fördern tun WIR diesen verhängnisvollen – wiel lebensfeindlichen – kreislauf so gut wie ALLE!
    zb. wer NOCH IMMER den strom vom atomstromanbieter kauft – OBWOHL ES ANDERS GEHT!
    zb. wer NOCH IMMER das konto bei einer bank hat, die all die fehlverhalten finanziert – OBWOHL ES ANDERS GEHT!!
    zb. wer NOCH IMMER bei kettenkozernen einkauft, was die galloppierende erosion der regionen zur folge hat – OBWOHL ES ANDER GEHT!!

    erich kästner hat das alles viel kürzer gasagt: ES GIBT NICHTS GUTES, AUSSER MAN TUUUUUUT ES !!!

    salü & auf GEHTS
    günter

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  5. Axel Wartburg

    Super! In den letzten Tagen habe ich drei Beiträge in meinem Block geschrieben, die sich mit der Ausssage befassen „Wir sind das Volk“.

    Ineinem fordere ich dazu auf, an das zuständige Finanzamt oder das Bundesfinanzministerium täglich 1 Cent zu überweisen und die Betreffzeilen mit der Botschaft zu versehen, die gern mitgeteilt, wird.

    Ich habe daraufhin 28 Daueraufträge an das Finanzamt in Gütersloh erstellt, mit denen täglich 1 Cent und die Botschaft

    1. Zeile: „GG Art. 20.4 Ich bin aktiv“
    2. Zeile: „Wir sind das Volk“
    3. Politischer Wandel, Jetzt“

    überbracht wird.

    Von einer ähnlichen Aktion habe ich dank eines Beitrags des ZDF Wind bekommen.

    Hier der Link darthin:
    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1003908/1+Cent,+der+das+Finanzministerium+nervt#/beitrag/video/1003908/1-Cent%2C-der-das-Finanzministerium-nervt

    Bitte mitmachen!!!

    Herzliche Grüße

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  6. Thorsten

    naja! Wen nicht diese Regierung Korrupt ist, welche dann?Dieses Land hatte noch nie so viele Unfähige Menschen in Berlin sitzen wie heute!Für mich ist ja auch die weibliche Kanzlerin eine Landesverräterin, als es hieß nein wir gehen nicht mit dem Ami zum Hussein, fliegt die Frau zum Busch und macht dort ein Praktikum! Kommt wieder zurück und Schröder´s Partei kann machen und vorschlagen was sie will, nix kann umgesetzt werden, weil die CDU als stille „Putschpartei“ nur alles verhindert! Heute lehnen sie sich vor und wollen Erfolge feiern, die sie garnit säten!Ein Präsident muss zurück treten, weil er die Wahrheit sagt! Wenn ein Krieg kein Wirtschaftlichen Aspekt aufweist, weiß ick nit warum Krieg soviel Geld kostet!
    Meinungsfreiheit,wo hier in diesem Land? Das war einmal! Menschenrechte werden hier verletzt, das zum Glück endlich dank gemeinsamen Europa, diesem Land aus Brüssel und Luxemburg vorgehalten werden kann und wird! Nur ändern wird das nix, außer das sie neue Gesetze erlassen und im Notfall das Grundgesetz einfach ändern! In meinen Augen ist dieser Sozial Staat doch sehr asozial!
    Nur ob die Polizei einfach streiken kann, glaub ick och nit, außerdem haben wir doch noch die Bundeswehr und wenn sie nun auf Wildschweine schießen sollen, können sie doch auch auf Demonstranten ran!

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  7. Königin Saba

    Wir haben auf facebook eine email Aktion gestartet, um unsere Solidarität mit diesen Menschen zu bekunden und es wäre wünschenswert, wenn noch mehr Menschen das tun wollen :

    Ich habe gerade eine E-Mail an die Geschäftsstelle der GdP (gdp-bund-berlin@gdp-online.de) geschrieben. Wer mag, kann den Text gerne kopieren oder sich daran orientieren. Oder einfach selber etwas schreiben: 

    Betreff: Pressemeldung: GdP befürchtet Eskalation der Gewalt

    Öffentliche Mitteilung (wird unter anderem bei „facebook“ veröffentlicht):

    Sehr geehrter Herr Freiberg,

    die im „Betreff“ angeführte Pressemeldung hat meine volle Zustimmung und Sympathie. Ich bedanke mich für Ihr eindeutiges Bekenntnis zu mir und allen Bürgerinnen und Bürgern.

    Sollten Polizistinnen und/oder Polizisten künftig aus Gewissengründen Einsätze gegen Menschen verweigern, die ihr verfassungsgemäßes Demonstrationsrecht in Anspruch nehmen, so haben diese Kolleginnen und Kollegen meine volle Unterstützung. Sollte ein solches Verhalten Repressalien für die betreffenden Polizistinnen und/oder Polizisten nach sich ziehen, fordere ich Sie auf, diese frühestmöglich öffentlich zu machen, damit ich meine Solidarität mit ihnen bekunden und die Informationen an alle mir bekannten Menschen weitergeben kann, damit auch diese sich solidarisch erklären können.

    Es ist ein wunderbares Gefühl, die Polizei auf diese Weise an meiner Seite zu wissen.

    Vielen Dank dafür.

    (Vollständige Adresse)

    Antworten
  8. Nikola Bogdanovic

    Wir leben in einer Zeit, in der die Spreu vom Weizen getrennt wird. Dieses System ist zu Grunde gegangen; die Frage ist nur noch, wie viele Menschen bereit sind, dies zu akzeptieren. Da sich möglicherweise immer mehr Polizisten daran erinnern, wer ihre wahren Arbeit- und Geldgeber sind, könnte dies durchaus zu einigen Veränderungen in ihrem Bewußtsein führen. Das könnte auch ein Grund für die lancierte Diskussion (zwecks Gewöhnung) zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren sein.
    Es wird immer deutlicher; wir müssen endlich erwachsen werden. Kein kindisch dummes Vertrauen in diejenigen, die den Karren in den Dreck gefahren haben und ganz bestimmt nicht in unserem Interesse handeln. So wird es nicht mehr lange weiter gehen. Jetzt ist der Zeitpunkt, in dem der ansteigende Unmut konstruktive Wege gehen muß, um etwas Grundsätzliches zu bewirken.

    Antworten
  9. Merci

    Meinen aufrichtigen Dank an die Gewissenhaftigkeit unserer Exekutivorgane dieses Landes.

    Im Übrigen handelt es sich bei der GdP trotz einiger gegenteiliger Meinungen um eine der mitgliederstärksten Berufsvertretungen.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Gewerkschaft_der_Polizei

    Von „einigen“ Polizisten bei 170.000 Mitgliedern zu sprechen, ist schlichtweg unsinnig.

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  10. theObserver

    Naja, so überraschend ist das alles nicht. Es gibt ja verschiedene Polizeigewerkschaft. Die GdP gehört zum DGB und ist tendenziell eher sozialdemokratisch. Die DPolG ist eine dbb-Gewerkschaft und eher konservativ… Das scheint sich hier auch widerzuspiegel…

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  11. Senta

    Es ist beruhigend zu wissen, dass sich die Polizisten auch als Volk und Bürger verstehen. Sie haben mit denselben Problemen zu kämpfen wie wir, welche von der Politik bzw. Lobbyarbeit der Regierung verursacht werden.
    Die steigenden Lebenshaltungskosten und der damit steigende Reichtum auf der anderen Seite erleben auch die Familien der Polizei.
    Ihr habt uns als Bürger hinter Euch – und wir hoffen, wir haben Euch hinter uns – Seite an Seite. Wir sind alle Bürger dieses Landes und arbeiten und zahlen.
    Hut ab – eine sehr beachtenswerte Stellungnahme der Polizei.

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  12. Klaus

    Die Pressemitteilung ist _nicht_ von der Polizei!

    Die GdP vertritt zwar einige Polizisten, man sollte sie aber keinesfalls als Sprachrohr der Polizei, die als Organ der Exekutive der Regierung unterstellt ist, verwechseln.

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  13. Christian

    Alleine schon die Verwendung des Begriffs der „korrupte Politik“ ohne irgendwelche Erläuterung und Beweise (Korruption ist ja strafbar) disqualifiziert aus meiner Sicht diesen Artikel.

    Ausserdem bin ich als großer Freund der Gewaltenteilung sehr unschlüssig, ob ich solche öffentlichen „Übergriffe“ in andere Zuständigkeitsbereiche generell begrüßen soll.

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  14. Dominik Ratzinger

    Nach den ganzen Katastrophen-Pressemitteilungen der Polizei in denen unmögliche und unerfüllbare Forderungen, wie z.B. nach Onlinezensur und dergleichen gemacht wurden, überrascht mich diese Pressemitteilung genauso, wie wahrscheinlich den Großteil der politischen Gemeinde. Jedes politische Glied wird sich in der Zukunft umorientieren müssen. Wir müssen zusehen, dass unser Staat sich wieder rehabilitiert; dass die Bevölkerung wieder in einem schöneren und friedlicheren Klima leben kann.

    Hört sich fast an, wie eine Rede.

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  15. Spacy

    Bin richtig Baff. Hut ab vor dieser kritischen Haltung. Es kann in der Tat nicht sein, dass die Polizei aufgrund politischer Willkür und Wirtschaftshörigkeit zunehmend die Prellböcke des Volkszorns werden!

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  16. KH

    hut ab für diese ehrliche, weitsichtige und vor allem menschliche reaktion.
    es gibt hoffnung, zu sehen das sich unser „freund & helfer“ seiner position und aufgaben bewußt ist
    und in letzter instanz jegliche befehle immer noch selbst hinterfragt.
    weiter so, liebe polizei !! nur mut !! ihr seit das zünglein an der waage und jeder von euch muß sich entscheiden
    ob ihr das unrecht verteidigt oder der gerechtigkeit dienen wollt.
    Ihr habt wahrlich genug für die missetaten anderer den kopf hingehalten.

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