Es ist Aufschwung! Und deshalb ist die weltweite Arbeitslosigkeit seit Beginn der Wirtschaftskrise auch auf ein historisches Allzeithoch gestiegen. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IMF) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist die Zahl allein seit 2007 um 30 Mio. Menschen angeschwollen. Insgesamt sind damit rund 210 Mio. berufsfähige Personen ohne Arbeit. Die Industrieländer – allen voran die USA und Spanien – hat die Krise besonders hart getroffen. Sie müssen mit enormen Langzeitfolgen rechnen.

„In Spanien liegt die Arbeitslosigkeit noch immer bei 20 Prozent“, sagt Ferdinand Fichtner, Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Allein hier kletterte die Zahl der Arbeitslosen in den vergangenen Jahren der Wirtschaftskrise um rund 2,7 Mio. Gemeinsam mit den Vereinigten Staaten sorgten die Iberer für zwei Drittel des Anstiegs in den Industrieländern.

Lebensmittelmarken für alle?

Die USA weisen seit 2007 um rund 7,5 Mio. mehr Erwerbslose auf, die beinahe die Hälfte der Zunahme in allen Industriestaaten bilden. Die Zahl der Amerikaner, die zum Überleben auf Lebensmittelmarken angewiesen sind, steigt seit Beginn der Krise in 2008 kontinuierlich.

41,275411 Millionen US-Bürger bezogen im Juni die moderne Version der Food Stamps, Lebensmittel per Kreditkarte, ein Zuwachs von rund 6,3 Millionen im Vergleich zu den Zahlen aus 2009 und 13,3% der Gesamtbevölkerung. Den Verwaltungsaufwand noch nicht mit eingerechnet, geben die USA damit monatlich 5,5 Milliarden US-Dollar aus, um die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu sichern.

Die Schulden wachsen dem Land über den Kopf, Banken und Kommunen gehen pleite und es ist keine Besserung in Aussicht. Wachstum gibt es vor allem in der Statistik zu Ausgabe von Lebensmittelmarken:

 

Wachstum noch immer die einzige Idee – 440 Millionen neue Jobs nötig

Die längerfristigen Abläufe hat man offenbar aus dem Auge verloren, und immer, wenn sich die Konjunkturkurve zaghaft nach oben dellt, wird eifrig der Aufschwung oder doch wenigstens „Zeichen einer allmählichen Erholung“ ausgerufen.

„Für Millionen von Menschen und Unternehmen weltweit ist die Krise aber alles andere als vorbei“, sagt ILO-Generaldirektor Juan Somavia. Durch die rezessionsbedingt hohe Arbeitslosigkeit müssen die betroffenen Länder noch in den kommenden zwei Jahrzehnten mit sozialen Folgen rechnen. Jobverluste ziehen laut IMF und ILO noch 15 bis 20 Jahre später niedrigere Gehaltsniveaus nach sich. Zudem haben sie höhere gesundheitliche Risiken und damit Kosten sowie eine höhere Sterblichkeitsrate unter den Betroffenen zur Folge.

Die Antwort bleibt die immer Gleiche: Mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätze. Die beiden Organisationen gehen davon aus, dass in den kommenden zehn Jahren weltweit rund 440 Mio. neue Arbeitsplätze geschaffen werden müssen – allein um die neuen Teilnehmer am Arbeitsmarkt zu beschäftigen.

Um aber darüber hinaus die Folgen der Krise zu bewältigen, seien noch mehr Jobs nötig. Eine auf die Schaffung von Arbeitsplätzen fokussierte Wachstumsstrategie hat nach Ansicht der ILO daher oberste Priorität. Andernfalls wird die wirtschaftliche Erholung jene, die sie am meisten brauchen, erst in Jahren erreichen – wenn überhaupt.

„Eine auf die Schaffung von Arbeitsplätzen fokussierte Wachstumsstrategie“ umschreibt dabei allerdings ziemlich gut, was uns zu Teilen überhaupt in diese Lage gebracht hat. Und wie Einstein schon treffend bemerkte, können Probleme nicht mit dem Denken gelöst werden, durch das sie entstanden sind. Bis das begriffen wird, könnte es allerdings zu spät sein. Grund genug, nicht weiter auf die Vernunft von oben zu hoffen und selbst damit zu beginnen, neue Strukturen zu schaffen.

 

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2 Responses

  1. max meer

    Deiner Analyse kann ich ohne Abstriche zustimmen, richtig. Aber die Konklusio: direkter Energieaustausch ohne Geld als Bindemittel … die Menschen müssten. Eine alternative Gesellschaftsordnung entsteht nicht einfach so aus der Gedankenübertragung und die Aufforderung unter Zwang zu stellen „die Menschen müssten…“ bringt im Sinne einer wie auch immer gedachten Spiritualität auch keine Lösung. So richtig die Einsicht ist, dass dieses Wirtschaftssystem kollabieren wird, so weit sind wir von einer brauchbaren Alternative entfernt. Wenn wir, wer immer sich dabei auch angesprochen fühlen mag, keine Alternative zusammenbringen, dann werden a la Südamerika wohl erstsmal durch ein neofaschistisches Blutbad tauchen müssen. Erzwingen kann mensch eine bessere Gesellschaft nicht, aber darüber nachzudenken lohnt in jedem Falle. Gruss max

    Antworten
  2. WellenbeobachterHH

    Prima Artikel! Vielen Dank!

    Ich würde – um das ursächliche Problem herauszuheben – noch ergänzen: Arbeit repräsentiert immer den jeweiligen Aufwand eines Unternehmens oder einer Gesellschaft insgesamt, um die Dinge zu produzieren, die wir für den materiell-energetischen Teil der Reproduktion benötigen, der als Wirtschaft verstanden wird.

    Nur, warum dann „mehr Arbeitsplätze“, also mehr Aufwand fordern??? Das mutet paradox an, oder?

    So ein offensichtlicher Widerspruch ist Ausdruck dessen, dass die Ware-Geld Beziehung eben NICHT die natürliche Form von Wirtschaft ist. Marktwirtschaft bedeutet, es wird Produktion (also Aufwand) betrieben für einen abstrakten, unbekannten Markt. Der Markt bildet den Funktionsraum der abstrakten Kapitalverwertung. Die Grundformel lautet:

    Kapitalismus = Mehrwertbildung

    …denn nur dieser Anteil an (relativem) Mehrwert, der im Nominalwert (ausgedrückt im Preis) drin steckt, interessiert die Unternehmer und ihre Kapitalgeber. Dummerweise funktioniert das nur dann einigermaßen über einen gewissen Zeitraum, wenn das Gesamtsystem (Märkte, Geldmenge) wächst, also immer mehr Menschen vom Kapital in seine Verwertung hineingezogen werden, also mehr und mehr Aufwand betrieben wird, der zu Einkommen wird, welches den Spiralkreislauf per Konsum schließen kann. Dann hab ich das Problem erneut, nur auf noch höherem Niveau.

    Genau das klappt seit ca. 4 Jahrzehnten nicht mehr in ausreichendem Maße. Deshalb wich man auf Spekulationsbewegungen von Geld-, Finanz- und Anteilstiteln aus. Der daraus „simulierte Mehrwert“ (so die „moderne Wertetheorie“) hat unsere Ökonomie noch weiter künstlich am Leben gehalten und überhaupt bis ins Jahr 2010 getragen. Der Finanzblasenhimmel ist also selbst zur fragilen Basis kapitalistischer Mehrwertproduktion geworden. Dass lässt sich allerdings auch nur bedingt so machen. Das so gebildete „fiktive Kapital“ ist quasi entsubstanzialisiert, da es ja ohne das Aufwenden von Arbeit gebildet wurde. Ihm fehlt seine Substanz, wie die Wertetheoretiker sagen, die bezahlte, lebendige Arbeit.

    Realisiert sich das auf dem Markt, wird offensichtlich, dass dieses „Fiatmoney“, dieses fiktives Geld, nichts Wert ist. Es wurde ja auch nie was dafür produziert. Also platzen die Kredite und davon abgeleiteten Derivate. Es handelt sich also mitnichten nur um einen Fehler im Geldsystem oder zu gierige Bankmanager, sondern die innere Dynamik dieser Produktionsweise selbst ist die Ursache der Krise!!!

    Jetzt wieder „Wachstum“ politisch zu fordern um erneut mehr „Arbeit“ zu schaffen ist ein Treppenwitz der Geschichte. Das war alles schon mal da. Nur heute findet die Diskussion auf einem historisch noch nie da gewesenem Stand der Produktivkräfte statt. Die Menschenmassen werden schlichtweg nicht mehr benötigt, um alles zu produzieren…was ja eigentlich ganz wunderbar ist. Nur Kapitalismus funktioniert dann nicht mehr. Wir brauchen was komplett Neues! Und da kommt Spiritualität ins Spiel – als Basis für den direkten Energieaustausch ohne Geld als Bindeglied. Kriegt man das hin? Na klar. Sachlich spricht nichts dagegen. Nur die Menschen müssten anfangen umzudenken…

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