CDU-Politiker schlägt Grundeinkommen vor

Na sowas: Thüringens Ex-CDU-Ministerpräsident Althaus will laut dem Spiegel Hartz IV abschaffen – und stattdessen ein Bürgergeld in Höhe von 600 Euro für alle einführen.

 

600 Euro für alle

Das Geld soll an alle Bürger inklusive Kinder bedingungslos ausgezahlt werden und Hartz IV, Sozialhilfe, Bafög und Kindergeld ersetzen. Dabei ist es unerheblich, ob die Person erwerbstätig ist oder arbeitslos. Durch die Neuregelung würde sämtlicher Verwaltungsaufwand für die Hartz-IV-Anträge wegfallen und niemand müsste mehr seine Arbeitswilligkeit beweisen oder sinnfreie Bewerbungstrainings besuchen. Allerdings würden 200 Euro als Pflichtbeitrag in die gesetzliche Krankenkasse eingezahlt werden, so das dem Bürger unter dem Strich nur 400 Euro übrig bleiben würden. Zusätzlich zum Bürgergeld könnte aber eine Übernahme der Mietkosten beantragt werden. So läge das neue System für Bedürftige noch immer über dem Hart-IV-Satz.

Technisch soll das Grundeinkommen als negative Einkommenssteuer realisiert werden – die 600 Euro würden also als eine Art Steuergutschrift mit den zu zahlenden Steuern verrechnet werden.

Gerechter?

Finanzieren wollen Althaus und Binkert das Bürgergeld über eine einstufige Einkommensteuer von 40 Prozent auf alle Verdienste (einschließlich Mieteinkünften und Einkommen aus Kapitalerträgen), die Mehrwertsteuer und eine Lohnsummenabgabe in Höhe von 18 Prozent, welche die Unternehmen entrichten sollen. Sowohl für die Beschäftigten als auch für die Unternehmen entfallen dafür alle Sozialbeiträge, die heute in die Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenkasse eingezahlt werden.

Ob das gerechter ist, müsste letztendlich für alle Fälle noch einmal durchgerechnet werden. Der Spitzensteuersatz liegt derzeit bei 45 Prozent, so dass sehr Wohlhabende von der Reform wohlmöglich profitieren würden. 400 Euro sind außerdem nicht unbedingt ein Betrag, der die Menschen wirklich vom Zwang zur Arbeit befreit. Dafür fällt die gesamte Hartz-IV-Schikane weg und für Familien mit Kindern würde die neue Regelung sicher eine große Entlastung bringen. Trotzdem würde der Anspruch wirkliche soziale Gerechtigkeit zu schaffen nicht erfüllt – noch immer gäbe es „Bedürftige“. Der Vorschlag bleibt also auf halbem Wege stehen – aber immerhin geht der Weg vielleicht schon mal in die richtige Richtung.

Es ist zumindest begrüßenswert, dass auch in der CDU immer offener über ein bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert wird.

 

Am 6. November findet in Berlin eine große Demonstration für das Grundeinkommen statt.

 

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6 Responses

  1. TOM

    Wenn man überlegt, das wir alle und unsere Vorfahren das ganze deutsche Wirtschaftswunder nach 1945 buchstäblich aus Schutt und Asche aufgebaut haben, dann ist das Existenzgeld doch längst überfällig. Schlimmer als mit der unselig diskriminierenden Hartz-Chose gehts ja auch nimmer.
    Ich habe übrigens keine Probleme damit, wenn Leute ihr Geld ehrlich verdienen, doch wo ist das noch der Fall? Arm und reich driften dramatisch auseinander, und das kann niemals gut gehen.
    Die Mächtigen sollten also mal hübsch in die Puschen kommen, bevor es ganz hart für sie kommt (Guantanamo soll angeblich auch nur deshalb geschlossen werden, weil sie Angst haben, da nach einem Systemwechsel SELBER reinzukommen ;-))
    Fakt ist: Bereits ein kurzer Generalstreik würde alles zum Erliegen bringen, und davor haben sie alle einen Riesen Bammel. Ohne das Vertrauen und den Elan der Menschen ist schließlich auch der Kapitalismus total am Ende.Beides kann ich aber nicht mehr entdecken – außer natürlich bei den stupiden Einpeitschern von INSM, Bertelsmann und Co.
    Wohlan, laßt uns also den Politikern mächtig „Feuer und Dampf“ machen, damit mehr dabei herauskommt als nur lächerliche Almosen.
    Stuttgart-21 ist da schon der richtige Einstieg in einen heißen Herbst . . .

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  2. Felix Segebrecht

    Hier ein sehr guter Beitrag von Katja Kipiping von den Linken.

    http://www.youtube.com/watch?v=wmYdUDCLtO0

    Hendrik, Du hast bestimmt nicht unrecht, dennoch weiss ich nicht, ob sie sich damit einen Bärendienst leisten, denn umso mehr Menschen die Idee verstehen, desto besser. Und wie Katja Kipping am Ende so schön sagt:

    Nichts ist so mächtig, wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.

    Und diese Idee begegnete mir das erste Mal Anfang der 80er als Vorschlag eines Zirkels junger IT-Manager und Liberaler. Ich bin nicht Linke, ich bin nicht FDP, nicht CDU und nicht SPD – ich bin auch nicht grün. Ich bin frei.

    Die Demokratie wird sich wandeln und wachsen oder scheitern.

    Tschüss 🙂

    Felix

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  3. Kothen

    Das Grundeinkommen ist der erste Schritt in die richtige Richtung.
    Allerdings sind 600 Euro zuwenig, selbst die FDP hatte mit ihrem Bürgergeld, (welches sogar bis auf den Cent genau angegeben wurde), mehr in Aussicht gestellt, allerdings hätte das auch nur für ein paar Bierflaschen oder Zigarettenschachteln mehr gereicht. (hüstel)
    So geringe Summen entsprechen nicht der Idee eines Grundeinkommens.
    Sie zementieren sogar die jetzigen Zustände, oder verschlimmern sie sogar.
    Es sind lediglich Einsparungen und ermöglichen das Ausklinken aus der sozialen Verantwortung des Staates.
    Ich halte solche Vorschläge für Nebelkerzen von Trittbrettfahrern.
    Ein richtiges reales BGE ist kein Allheilmittel aber es hätte eine enorme befreiende Wirkung auf die größtenteils verkrusteten gesellschaftlichen Strukturen.
    Sicherlich, es wird Mißbrauch geben, aber den sehe ich eher von der Seite der Politik ausgehend.

    Antworten
  4. venja

    Finde das sehr bedenklich. Kostenersparnis mit dem Etikett „bedingungsloses Grundeinkommen“.
    Fragen:
    Wer erhöht das Grundeinkommen bei Lebenshaltungskostensteigerungen? Muss man dafür dann auch wieder Jammern und Betteln gehen, damit Politiker viell. um 5€ erhöhen?
    Wie steht es um die Bedingungen, dass Miete bezahlt wird? Das klingt nicht sicher und problemlos. Wem wird die Miete gewährt und wem nicht? Wie sollte das jetzige System vor Schikanen schützen? Mit bekannter Geisteshaltung?
    Fakt ist, dass jemand, der viel Geld hat ZUSÄTZLICH 600€ erhält. Seine Sozialabgaben wahrscheinlich schon – über seine Arbeit – beglichen hat und somit Arbeit tatsächlich dann doppelt belohnt wird und der reine Sozialhilfeempfänger wieder mal in die Röhre guckt!
    Ich sage mal: Mit dem jetzigen Zinssystem, der jetzigen politischen Haltung, ist ein sog. bedingungsloses Grundeinkommen eine Mogelpackung.
    Marketing at its best!

    Kann man das jetzige System noch verschlimmbessern? Oder ist es nicht Zeit einfach in ein anderes zu gehen, ohne sich ständig über die Missstände aufzuregen, sich wertvolle Energie abziehen zu lassen, die man doch so viel schöner einsetzen könnte?;-)

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  5. Rion Teachers

    Ganz erlich?

    Ich finde es zwar gut, dass neben den Grünen (http://www.grundeinkommen.de/02/10/2010/nrw-gruenen-chef-sven-lehman-fuer-grundeinkommen.html)
    den Linken (http://www.grundeinkommen.de/08/10/2010/grundeinkommen-ins-parteiprogramm-der-linken.html)
    und der Piratenpartei (http://www.grundeinkommen.de/12/10/2010/piratenpartei-hisst-flagge-fuer-grundeinkommen.html)
    nun auch noch die CDU mit ins Boot springt und dem Thema Bedingungsloses Grundeinkommen eine noch größere Plattform bietet. Was der liebe Herr Althaus dazu zu sagen hat fühlt sich an als würde er mir lachend ins Gesicht rotzen.

    Beim Grundeinkommen geht es um Exitenzsicherung UND Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, nicht die selbe Scheiße wie Hartz IV in Grün…
    hoffentlich hat findet das Alles im November ein jähes Ende.

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  6. Hendrik

    Zur Erinnerung. dieser Vorschlag von Althaus ist nicht neu. Den macht er schon seit ca. 5 Jahren oder länger in unregelmäßigen Abständen. Die Umfragwerte sind im Keller. Das ist reine Wahltaktik, damit die Menschen denken, dass die CDU immer sozialdemokratischer wird. Solche Vorschläge kommen auch nicht von ihm selbst. Er wird sich hüten so etwas zu fordern, ohne Mutti Merkel vorher um Erlaubnis zu bitten, sonst wird er abgesägt. Das ist vorher abgesprochen. Und wir können uns sicher sein, dass wenn sie dieses Bürgergeld beschließen würden, es zum Nachteil aller Bundesbürger sein wird außer den reichen oberen 10%. Die CDU ist nicht die Partei, die eine gerechtere Gesellschaft will im Gegenteil, SPD Grüne und FDP allerdings auch nicht. Die wollen auch gar kein Bürgergeld, so wie wir uns das vorstellen. Der Hartz-4 Empfänger wird weniger Geld zur Verfügung haben, als vorher, das ist der Plan. Die Linkspartei hat diesen Vorschlag sogar
    in ihrem Wahlprogramm und ist dafür von der CDU zerissen worden, und nun macht die CDU selber diesen Vorschlag. Lassen wir uns nicht täuschen. Wenn es Althaus ernst sein würde, dann würde er ja auf der Demo am 6. November in der ersten Reihe marschieren. Mal sehen, ob man ihn sieht.

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