Denken Menschen über die Zeit nach, so suchen sie in Folge eher Kontakt zu anderen. Sie werden dabei glücklicher als andere, die an Geld denken und dadurch zur Arbeit angespornt werden. Das berichten US-Forscher in der Zeitschrift „Psychological Science“.

 Schon Gedanken machen einen Unterschied

Die Forscher der University of Pennsylvania brachten ihre Testpersonen zunächst dazu, unbewusst an Zeit oder an Geld zu denken. Sie ließen sie Wörterrätsel lösen, bei denen entweder Begriffe wie „Uhr“ oder „Tag“ vorkamen, oder jedoch solche wie „Wohlstand“ oder „Dollar“. Dann kam die Frage, wie man die nächsten 24 Stunden verbringen werde. Jene aus der „Zeitgruppe“ planten dabei verhältnismäßig mehr Zeit für Freunde oder Familie ein, die „Geldgruppe“ mehr für die Arbeit.

Wiederholt wurde das Rätsel in einem Studentencafe. Nun beobachteten die Forscher auch, wie sich die Getesteten im Anschluss verhielten. Diejenigen, die sich mit Zeitbegriffen beschäftigt hatten, plauderten mehr mit anderen oder führten eher Telefonate. Hatten sie sich zuvor mit Geldbegriffen beschäftigt, so wurde die verbleibende Zeit eher zum Studium oder für Schreibaufgaben genützt. Ein Fragebogen beim Verlassen des Cafes zeigte, dass sich die Vertreter der ersten Gruppe glücklicher und zufriedener fühlten als die der zweiten.

Erst die Zeit bringt Glück

„Geld motiviert Menschen zu mehr Arbeit. Arbeit macht jedoch nicht immer glücklich, im Gegensatz zum Zusammensein mit geliebten Menschen. Der Gedanke an Zeit bringt das stärker ins Bewusstsein“, so die Studienautorin Cassie Mogilner. In einem materialistischen Weltbild liegt der Forkus sehr auf dem Geld als Mittel zum Glück. Dabei ist Zeit die eigentlich wichtige Ressource des Lebens.  

Fritz Reheis schließt sich dieser Sichtweise an. „Der Neoliberalismus hat den Spruch ‚Zeit ist Geld‘ zum Glaubenssatz nicht nur der Wirtschaft, sondern sogar für das Privatleben erhoben. Im Mittelalter hätte niemand den Satz verstanden, da er in Wahrheit keine Gleichung ist. Denn es ist nur sehr begrenzt möglich, Geld in Lebenszeit zu verwandeln“, so der Experte. Falsch sei die Aussage auch, da sich das Prinzip der Nutzenmaximierung aller als nicht nachhaltig herausgestellt hat. „Das sieht man in den Krisen, den sozialen Ungleichheiten und auch den ökologischen Problemen, die diese Denkweise ausgelöst hat. Nachhaltig ist erst, was wie die Natur einem Kreislauf folgt.“

Sinn braucht Auszeiten

„Geld und das, was wir mit ihm erwerben können, ist für uns immer faszinierend und erstrebenswert. Doch es befriedigt unsere Sehnsüchte nie ganz“, ergänzt Peter Heintel vom Institut für Interventionsforschung und kulturelle Nachhaltigkeit der Universität Klagenfurt. Höhere Dinge wie Glück oder der Sinn des Lebens erschließen sich erst durch Reflexion, die wiederum nicht ohne Pausen- und Auszeiten auskommt. „Früher gewährleisteten dies Feiertage – bedeutet doch Gottesdienst nichts anderes als über Sinn nachzudenken. Heute haben wir diese Unterbrechungen des Alltags verloren.“, so Heintel.

Zeit für Dich

Erstrebenswert wäre sicher eine Welt, in der auch unsere Arbeit Zeit „für uns“ ist, weil wir alle das tun, was wir von Herzen lieben. Die Realität sieht derzeit anders aus und für viele Menschen stehen Arbeit/Geld und Zeit/Glück sich fast gegensätzlich gegenüber. Immer mehr Menschen scheinen jedoch derzeit an der Schwelle dazu zu stehen, dies nicht länger hinzunehmen. Auch wenn das moderne Leben einen hohen Existenzdruck aufbaut, scheint Zeit für viele wieder wichtiger zu werden als Geld – laut der Studie der richtige Weg in Richtung Glück.

 

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Text: mit Material von Pressetext.de

 

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