Der Fischhunger der Welt bringt die Ozeane immer mehr aus dem Gleichgewicht. Da es der Mensch vor allem auf die großen Räuber der Meere wie etwa Dorsch, Tunfisch oder Zackenbarsch abgesehen hat, ist deren Bestand drastisch geschwunden. „Ihre Beutetiere – wie etwa Sardinen oder Sardellen – profitieren davon, leiden jedoch ebenfalls unter Überfischung. Die Meere verkommen zunehmend zu Farmen der Aquakulturindustrie“, berichtet Villy Christensen vom Fischereizentrum der University of British Columbia am Jahrestreffen der Forschervereinigung AAAS.

Ozean ohne Räuber

Christensen analysierte mit seinem Team bisherige Modelle zum marinen Ökosystem sowie tausende Schätzungen zur Fisch-Biomasse seit 1880. Der Bestand der großen Raubfische dürfte sich im vergangenen Jahrhundert um zwei Drittel verringert haben, so das Ergebnis, wobei der Rückgang der letzten 40 Jahre mit 54 Prozent besonders dramatisch war. Gleichzeitig konnten sich die kleineren Futterfische mehr als verdoppeln. „Auch hier gilt: Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch“, so der kanadische Forscher.

Gefährlich ist dieser Wandel, da das Fehlen der höchsten Glieder der Ernährungskette das gesamte System verletzlicher macht. „Das Aussterben des Blauflossen-Tunfisches im Mittelmeer sorgt etwa dafür, dass sich etwa der Tintenfisch ungestört vermehrt. Dieser ernährt sich vor allem von kleinen Fischen und von Fischeiern, womit auch weitere Arten dezimiert werden. Die Zusammenhänge sind sehr komplex“, erklärt WWF-Meeresexperte Axel Hein.

 

Farm statt Wildnis

Doch auch die Bestände vieler kleinerer Fischarten sind von kommerzieller Überfischung betroffen. Die rasant wachsende Aquakulturindustrie ist auf sie als Nahrungsquelle angewiesen. Futterfische werden dabei gefangen, zu Fischmehl oder Fischöl verarbeitet und an karnivore Fische wie etwa Lachs, Garnelen oder Pangasius verfüttert. „110 Mio. Tonnen Fisch- und Meeresfrüchte aus Wildfang und Zucht verzehrt der Mensch jährlich. Weitere 33 Mio. Tonnen – darunter sieben Mio. Tonnen der südamerikanischen Sardelle – verarbeitet man zum überwiegenden Teil als Fischmehl und Fischöl für die Futtermittelindustrie. Lachsfarmen sind deshalb meist Teil des Problems, nicht dessen Lösung“, betont Hein.

 

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Text: Pressetext.de

 

 

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