100 Prozent Recycling ist möglich

Ein von Angela Merkel beauftragtes Gremium hat der Regierung nun ihren Bericht zum Rohstoffverbrauch in Deutschland vorgelegt und fordert darin den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft mit 100 Prozent Recycling.

Der Bericht rät der Regierung „die konkrete Vision einer 100-prozentigen Kreislaufwirtschaft und des langfristigen Verzichts auf den Verbrauch endlicher, nicht erneuerbarer Rohstoffe zu verfolgen“. Das Gremium ist überzeugt, dass diese Vision realistisch ist.

„Nachdem Deutschland auf dem Weg ist, seine Energieversorgung zu 100 Prozent erneuerbar zu gestalten, sollte auch das Ziel angestrebt werden, unsere Rohstoffe zu 100 Prozent wiederzuverwerten“, so Studienleiter Repnik.

Rohstoff-Verschwendung in großem Ausmaß

Etwa 40 Tonnen Rohstoffe verbraucht der durchschnittliche Deutsche durch die Waren, die er konsumiert – 110 Kilogramm pro Tag. Die meisten davon werden während der Produktion verbraucht.

Der Großteil der Rohstoffe landet nach wie vor als Müll auf Deponien oder wird ins Ausland exportiert. Das Gremium wirft der Regierung vor, sie kümmere sich zwar darum, „dass wir effizient Rohstoffe aus dem Ausland beschaffen können, hat aber keine Strategie für die Rohstoffe, die wir schon im Land haben.“

Das sei eine große Verschwendung, wie sich zum Beispiel am Plastik zeigt. Zwei Millionen Tonnen Plastik würden pro Jahr verbrannt, obwohl eine Tonne Plastikgranulat mittlerweile 400 bis 500 Euro koste.

Hersteller-Verantwortung

Das Gremium fordert vor allem, die Hersteller mehr in die Recycling- und Rücknahme-Pflicht zu nehmen, dies würde dazu führen, das Produkte von vornherein recyclebar konzipiert würden. Außerdem müssten die Anreize erhöht werden, neue Materialien und Recycling-Technologien zu entwickeln.

Nur wenn Recycling schon bei der Produktion berücksichtigt wird, sei eine 100-prozentige Kreislaufwirtschaft machbar.

Vorbild Natur

Müll ist eine Erfindung des Menschen – in der Natur ist jedes Endprodukt gleichzeitig das Anfangsprodukt eines neuen Kreislaufs. Würde sich der Mensch bei seinem Tun etwas mehr an der Natur orientieren, wäre uns vielleicht schon etwas früher aufgefallen, dass das Konzept von Müll auf diesem Planeten keine Zukunft hat.

Mittlerweile gibt es viele Ideen, wie eine Kreislaufwirtschaft nach dem Vorbild der Natur umgesetzt werden kann – am bekanntesten ist wohl das „Cradle2Cradle“-Konzept von Michael Braungart. Schön zu sehen, dass die Umsetzung solcher Ideen mittlerweile schon von Regierungs-Gremien gefordert wird. Schade, dass es erst passiert, wenn die Rohstoffe so knapp und teuer werden, dass es schlicht keinen anderen Weg mehr gibt.

 

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3 Responses

  1. Streich

    2 Jahre später- Marlehn Thieme, Vorsitzende des Rats für Nachhaltige Entwicklung (RNE) zum Thema 100-prozentige Kreislaufführung, mögliche Stellschrauben in Politik und Industrie und klare Signale für Nachhaltigkeit.

    http://www.recyclingnews.info/Interview_Marlehn_Thieme

    Man hat nicht den Eindruck, dass sich in den letzten 2 Jahren in derPolitik viel bewegt hat.
    Gerade in den Bereichen Hersteller-Verantwortung und in den von der Regierung vorgegebenen Recyclingquoten besteht deutlicher Nachholbedarf. Warum dauert das so lange?
    Ich finde, dass das hochgesteckte Ziel „100%“ eine deutliche Aussagekraft hat, wennauch dieses Ziel kaum zu erreichen ist. Ansprüche hoch anzusetzen finde ich ok, nicht ok finde ich, wenn keine Bewegung zu erkennen ist.

    Antworten
  2. Micha

    Vorweg möchte ich erstmal klarstellen, dass ich Recycling für eine gute, ja notwendige Sache erachte. Allerdings ist es in meinen Augen niemals möglich, „unsere Rohstoffe zu 100 Prozent wiederzuverwerten“.

    Als Beispiel möchte ich mal Papier anbringen, dass ja schon weitgehen recycelt werden kann und wird. Will man allerdings 100 Prozent erreichen, so müsste man auch die Unmengen an Wasser und Chemikalien wiederverwerten, die im Produktionsprozess genutzt werden, sonst wären es nur 100 Prozent der Produkte, die wiederverwertet werden. Auch die Chemikalien, die für die Druckfarben etc. benötigt werden, sind wohl kaum mit vertretbarem Energieaufwand wiederverwertbar, sodass nicht einmal „diese“ 100 Prozent erreichbar scheinen. Man sollte jedoch durchaus versuchen, so nah wie möglich ranzukommen.

    Wo ich wiederum Recht geben muss, ist, dass die Natur alle Rohstoffe wieder verwenden kann. Das liegt am Prinzip der Natur, die ja alles umfasst. Insofern sollte man eher von einem „Cycling“ als einem „Recycling“ sprechen. Bei einigen Produktien haben wir Homo sapiens es bereits geschafft, den Ab- und Umbau der Produkte zu neuen Rohstoffen starkt zu bremsen, aber irgendwann wird auch das langlebigste Plaste seinen Platz in der Natur wiederfinden.

    Aber genau in diesem Punkt stimme ich dem Artikel voll und ganz zu: „Nur wenn Recycling schon bei der Produktion berücksichtigt wird, sei eine 100-prozentige Kreislaufwirtschaft machbar.“ Denn wenn wir unsere Produkte so konzipieren, dass wir sie ganz einfach den natürlichen Prozessen zur Zersetzung etc. übergeben können, dann wird der Kreislauf nicht gebremst und die Natur muss sich nichts einfallen lassen, um diese menschliche Blockade ihres Kreislaufs zu kurieren.

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  3. WellenbeobachterHH

    Selbstverständlich ist es auf der stofflich-energetischen Ebene durchaus möglich, die meisten Dinge wieder in technischen Kreisläufen aufzunehmen. Da hab ich nicht den geringsten Zweifel, weil es spricht sachlicht nichts dagegen.

    Die Frage ist nur, ob sich das mit der kaufmännischen Logik in Einklang bringen lässt, nach der die Marktwirtschaft, also kapitalistische Produktionsweise, funktioniert. Siehe auch, was ich hier bei Sein.de angemerkt habe zu: „Bitcoin – die freie Währung der Hacker“

    Ich vermute, das wird nur dann gelingen, wenn man die Wertschöpfung ad acta legt, also Warenform und Geldform überwinden kann. Was dann möglich wird, dürfte unsere heutigen Vorstellungen sprengen und die Kritiker (zugleich Verteidiger des Kapitals) verstummen lassen.

    Ressourcenwirtschaft anstatt Marktwirtschaft!!! So könnte man es auf den Punkt bringen…

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