Die Krise hat Griechenland hart getroffen. Wie hart wirklich, darüber weiß man hierzulande recht wenig, da über die Krise vor allem aus dem Blickwinkel der Europapolitik berichtet wird. Welche zum Teil dramatischen Ausmaße die Krise mitten in Europa angenommen hat, ist tatsächlich erschütternd.

Aber Not macht erfinderisch. Und derzeit erfindet man in Ermangelung des Euros vielerorts einfach neues Geld. Barter networks, zu Deutsch Tauschringe oder Tauschsysteme, erfreuen sich seit letztem Jahr überall in Griechenland großen Zulaufs. In diesen Netzwerken tauschen Menschen Waren und Dienstleistungen in einer eigenen Währung – teils digital, teils in Form von einfachen Banknoten oder Checks.

Auch die Regierung hat dies bemerkt und die Tauschsysteme im Oktober letzten Jahres über ein entsprechendes Gesetz legalisiert und in den Status von Non-Profit-Organisationen erhoben. Dies gibt den Projekten natürlich Rückenwind, denn vorher hatten sie sich in einer gesetzlichen Grauzone bewegt.

 

Tauschringe – ein Weg aus der Krise?

Der Bürgermeister von Volos, wo die Regionalwährung TEM inzwischen von 800 Menschen genutzt wird, kommentierte gegenüber der BBC, die Politik: „[…] unterstützt die Initiative, weil sie ein guter Weg aus der tiefen ökonomischen und sozialen Krise ist.“ Beeilt sich aber auch zu betonen, dass diese Währungen und Systeme als Ergänzung, nicht als Alternative zum Euro zu sehen sind.

Derzeit ist die Lage allerdings so kritisch, dass einige Städte erwägen, Grünflächen in und um die Städte an die Bürger zu verteilen, die dort Nahrungsmittel anbauen sollen.

Einige Aktivisten träumen indes bereits von einer neuen Zukunft, mit einer neuen Wirtschaft, die auf Kooperation beruht. Christos Papaioannou, der die Webseite für TEM betreibt, sagte der New York Times: „Wir sind auf unbekanntem Territorium. Es wird sehr viel Veränderung geben. Vielleicht ist es der Beginn der Zukunft.“

Gemeinschaft

Die Krise hat die Griechen tatsächlich zusammengebracht – zu Massendemonstrationen ebenso wie zu alternativen Projekten. Als in Athen letztes Jahr die Busse ausfielen, organisierten die Griechen über Twitter Ersatz per Car-Sharing und machten damit international Schlagzeilen.

Sind die alternativen Tauschringe also Ausdruck eines neuen Gemeinschafts-Bewusstseins? Viele Griechen hoffen es und glauben, dass die Krise durchaus auch der Beginn von etwas Neuem sein könnte, wenn die Gesellschaft sich selbst neu organisiert.

 

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