Körper, Psyche und Beziehungen profitieren von Ehrlichkeit

Wer bewusst versucht, bei der Wahrheit zu bleiben, wird dadurch gesünder und stärkt seine Beziehungen zu anderen Menschen. Das berichten Psychologen der University of Notre Dame auf dem Jahrestreffen der „American Psychological Association“ in Orlando. „Teilnehmer unserer Studie konnten die Alltagslügen bewusst und drastisch reduzieren. Im Gegenzug nahmen Gesundheitsbeschwerden ab“, fasst Studienleiterin Anita Kelly die Erkenntnisse zusammen.

 

Ehrlich per Auftrag

Zehn Wochen dauerte das Ehrlichkeits-Experiment, an dem 110 Personen – zwei Drittel davon Studenten – teilnahmen. Jeder Zweite erhielt die Anweisung, im Versuchszeitraum auf kleine und größere Lügen zu verzichten, der Rest diente als Kontrollgruppe. Wöchentlich wurden die Probanden nach Gesundheit und Beziehungen befragt, zudem sollte ein Lügendetektor erheben, wie oft sie in der Vorwoche geflunkert hatten. Laut Kelly lügen Amerikaner im Schnitt elfmal pro Woche.

Jene, die ehrlich bleiben mussten, berichteten von deutlich weniger Gesundheitsproblemen: Etwa Halsschmerz oder Kopfweh sowie auch Spannungsgefühle oder Traurigkeit kam bei ihnen seltener vor als in der Vergleichsgruppe. Statistische Analysen zeigten auch eine Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen in der ehrlichen Gruppe, was auch eine mögliche Erklärung für die Effekte der körperlichen und psychischen Gesundheit sein könnte.

 

Lügen ist Stress

„Lügen bringt Stress. Notorisches Lügen ist deshalb chronischer Stress“, erklärt der Psychiater und Psychotherapeut Raphael Bonelli. Lügner müssen stets ein Auffliegen fürchten und dabei überlegen, wem sie was erzählen dürfen, damit die Versionen zusammenpassen. „Die besten Lügner sind jene, die sich das auch selbst glauben, wobei etwa Alkoholiker ein Beispiel für Selbstbetrug sind. Oft belügt man sich selbst, um eine schmerzhafte Veränderung zu vermeiden.“

Denn Ehrlichkeit tut oft weh, weshalb die Lüge öfters als Gebot der Höflichkeit und des Schutzes vor Verletzungen gerechtfertigt wird. In Wahrheit wolle man damit aber meist bloß selbst nicht anecken, sagt Bonelli. „Manchmal braucht es diesen Schmerz, da die Wahrheit frei macht. Sie kann Durchbruch zu einem gesünderen Selbstbild sein.“ Lügner seien kurzfristig im Vorteil, Ehrlichkeit mache hingegen auf lange Sicht verlässlich in den Augen anderer. „Deswegen sagt man auch: Lügen haben kurze Beine“, so der Experte.

 

Keine Ausflüchte mehr

Im US-Experiment logen die Teilnehmer am Ende der zehn Wochen nur noch einmal pro Woche, berichten die Studienautoren. Sie hatten dabei mehrere Strategien entwickelt, um nicht lügen zu müssen. Viele gaben über ihre tägliche Leistung einfach wahrheitsgetreu Bescheid, statt stets zu übertreiben. Andere machten Schluss mit falschen Ausflüchten etwa für das Zuspätkommen oder bei Misslingen von Aufgaben. Sprachgewandte lenkten ihr Gegenüber bei verfänglichen Fragen ab – etwa durch eine Gegenfrage.

 

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Text: Pressetext.de

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