Wassermangel in Brasilien: Die Abholzung des Regenwaldes lässt den Regen ausbleiben, das Wasser in São Paulo wird abgestellt. Verantwortlich ist vor allem die Fleischindustrie.

Kein Wasser für Millionen von Menschen

Das Wasser in Brasilien wird knapp – die Versorgung von etwa 70 Millionen Menschen steht kurz vor dem Zusammenbruch. In den Millionenstädten São Paulo und Rio de Janeiro soll deshalb in den nächsten Wochen das Wasser rationiert werden: Nur noch zwei Mal in der Woche soll es dann Wasser aus der Leitung geben. Bereits jetzt ist das Wasser faktisch jeden Tag für bis zu 18 Stunden abgestellt, weil der Wasserdruck so weit reduziert wurde, dass bei den meisten Menschen nichts mehr ankommt.

Was dies in Städten dieser Größenordnung bedeutet, liegt wohl auf der Hand. Schon jetzt gibt es wütende Proteste gegen die drastischen Maßnahmen. Ändern können sie nichts. Die Staubecken und Wasserreservoire in der Umgebung der Städte sind fast ausgetrocknet – es ist schlicht kein Wasser mehr da.

Während reichere Menschen sich das Wasser nun per Tankwagen von weit her kommen lassen, haben die ärmeren Familien das Nachsehen. Die Maßnahmen scheinen drakonisch, sind aber die einzige Möglichkeit, die Versorgung nicht sofort zusammenbrechen zu lassen: Die wichtigsten Reservoire dürfen nicht ganz leerlaufen, wenn man eine Katastrophe verhindern will. Passiert allerdings nicht bald ein Wunder, könnte bereits im März das Wasser ganz versiegt sein. Zwei der größten Städte der Welt stünden dann ohne Wasser da.

Wasserknappheit: Verantwortlich ist vor allem die Fleischindustrie

Grund für die beängstigende Situation ist nicht der Klimawandel, sondern vor allem die schlechten Leitungen, in denen etwa 30 Prozent des Wassers versickern – und die Fleischindustrie. Hektarweise wurde in den letzten Jahrzehnten der Regenwald abgeholzt um neue Anbauflächen zu erschließen.

Der Regenwald trägt seinen Namen jedoch nicht umsonst – er war nicht nur die grüne Lunge des Landes, sondern auch ein gewaltiger Wasserspeicher, der dafür sorgte, dass stets feuchte Luft in das Landesinnere gelangte, um dort abzuregnen. 20 Trillionen Liter pro Tag verdunsteten in den Wäldern und verhinderten bisher, dass der Südosten Brasiliens sich bei der Hitze in eine Wüste verwandelt. Als „fliegende Flüsse“ wurden die wasserschweren Luftmassen bezeichnet, die vom Urwald herüberwehten. Nun ist es, als wäre der Hahn zugedreht worden. – und wo einst nebelverhangene Baumriesen standen, wird heute in Monokultur-Wüsten Futter für die Viehzucht angebaut.

Doch es ist nicht nur der ausbleibende Regen: Diese Monokulturen werden auch noch aufwändig gewässert und verbrauchen fast 70 Prozent des gesamten Wasserbedarfs in Brasilien. Der Wasserverbrauch hat sich dadurch allein in den letzten vier Jahren fast verdoppelt – zu 88 Prozent geht dieser Anstieg allein auf das Konto der Agrarwirtschaft.

Seit etwa 20 Jahren warnen vegetarische-vegane Verbände und Umweltschützer vor exakt diesem Szenario – wie so oft verhallten diese Warnungen im Nichts. Noch immer sehen große Teile der Gesellschaft Fleischkonsum als „eine persönliche Entscheidung“ an und blenden die katastrophalen globalen Auswirkungen erfolgreich aus.

Drastische Konsequenzen

Nun könnten die Konsequenzen dieser Ignoranz dramatisch werden. Selbst wenn es doppelt so viel regen würde wie in der Vergangenheit und der Verbrauch gleichzeitig gesenkt werden könnte, würden die Wasserspeicher Jahre benötigen, um sich zu erholen. Beides wird freilich nicht passieren: Es wird noch trockener und der Verbrauch steigt stetig weiter an.

Um die Bevölkerung zu blenden, werden nun unsinnige Strafen für das Waschen von Autos und ähnliche Aktivitäten verhängt, während der Hauptverbraucher Agrarindustrie wegen der großen Bedeutung und der engen wirtschaftlichen Verflechtungen aus der Diskussion tunlichst ausgeklammert wird.

Ressourcenfresser Fleisch

Man könnte verzweifeln, wenn man bedenkt, dass die Situation leicht vermeidbar gewesen wäre. Aber selbst eine Katastrophe in Brasilien würde wohl wenig Menschen in der westlichen Welt zum Umdenken bewegen. Noch immer fällt es den meisten schwer, eine Verbindung zwischen ihrem Fleischkonsum und dem Leiden in der Dritten Welt herzustellen. Vielleicht wird ja aber doch einigen endlich bewusst, dass sie mit ihrer vermeintlich persönlichen Entscheidung das Leben von Millionen von Menschen aufs Spiel setzen.

 

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4 Responses

  1. shumil
    Ein Glück: es regnet in São Paulo und Rio de Janeiro!

    Allein die Regenfälle der letzten 2 Tage haben den Wasserbestand in den Reservoiren um 1% erhöht. Hochgerechnet auf den Monat März sollen es 15 cm pro m² werden.

    Damit ist das Problem aufgeschoben, aber nicht aufgehoben, denn es soll Jahre brauchen, bis die bisher schon trocken gefallenen Vorratsbecken wieder aufgefüllt sind.

    Mal schauen wie lange es regnet und wie es in den kommenden Trockenmonaten ab August dort aussieht.

    Alles Liebe.

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  2. Anja

    Warum steht dieser Artikel unter „neue Artikel“ vom 17.02.2015 ? Im Artikel selbst wird vor der anstehenden Fußball WM in Brasilien gesprichen ( „In wenigen Wochen ist Fußball-WM und es stehen auch Wahlen vor der Tür.“). Das ist doch mittlerweile 1 Jahr her. Gibt es aktuelle Artikel zu dem Thema?

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    • David Rotter

      Hallo Anja,

      im Artikel wurden die Informationen aus mehreren Quellen zusammengbracht – dabei ist dieser fehler unterlaufen. Die Informationen an sich sind aktuell.
      Wurde geändernt und der Redakteur gefeuert 🙂

      Grüße

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  3. shumil
    Die Wut der betroffenen Menschen (zig Millionen!) wird sich Bahn brechen!

    „… während der Hauptverbraucher Agrarindustrie wegen der großen Bedeutung und der engen wirtschaftlichen Verflechtungen aus der Diskussion tunlichst ausgeklammert wird.“

    Weltweit ist unser Planet durch Wirtschafts-Egoisten (Kapitalisten) am Abgrund, aber dieser Fall wird zum erstenmal massive Konsequenzen für die Verursacher haben – es lässt sich nicht mehr vertuschen!

    Bisher konnten alle aufmucken Menschen noch mit Polizeigewalt ruhiggestellt werden, ganz aktuell Feb. 2015 von Türkei bis Burundi, aber hier werden es VIELE sein, die ihre Wut rauslassen, denn Wasser ist nach Luft das wichtigste Lebensmittel und nicht so etwas schwammig-ungreifbares wie Menschenrechte oder Korruptionsgebaren.

    Gerade São Paulo ist DAS Geld- und Machtzentrum Brasiliens, und da wird es für alle Beteiligten ungemütlich, denn 20 Millionen Arme können nicht einfach weglaufen, so wie es ganz viele Vermögende schon tun und nach Nordbrasilien umsiedeln, wo ich seit 9 Jahren lebe.

    Aber auch hier, im Wasserland Brasiliens ist mein Brunnen zu Jahresanfang zum erstenmal trocken gefallen, so dass ich 1 Meter tiefer buddeln musste – und trotz schon längst einsetzender Regenzeit ist es im Moment noch ungewöhnlich wenig Regen.

    Und das, obwohl 70% unserer Erde von Wasser bedeckt sind (der blaue Planet) und Meerwasserentsalzungsanlagen in grossem Stil möglich sind – statt dessen baut ‚man‘ aber lieber ein naturzerstörendes Wasserkraftwerk (Belo Monte), bei dem schon zur Planungsfase für Kritiker klar war, dass Mangels ausreichend Wasserfluss die Rentabilitätsrechnung nicht aufgehen wird.

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