Eine italienische Öko-Firma fordert Monsanto heraus und stellt mit der Distel eine ökologische Alternative zum umstrittenen Herbizid Glyphosat vor.

Catia Bastioli findet Disteln gut. Das Unkraut hat einen schlechten Ruf bei Gartenfreunden. Auch kulinarischen Genuss bietet nur eine kultivierte Verwandte aus der Familie der Carduoideae, die Artischocke. Für die Chemikerin Bastioli zählt aber etwas anderes. Die Chefin des italienischen Biokunststoff-Herstellers Novamont schätzt die stachelige Distel als ein ökologisches Vielzweckmittel und als eine nachhaltige Wunderwaffe.

Mit einem aus der Distel gewonnenen Herbizid will Bastioli sogar den umstrittenen Wirkstoff Glyphosat vom Acker verdrängen. Ein Unkraut als Unkrautvernichter. Der Kampf lautet David gegen Goliat: Die gemeine Distel gegen den Weltbestseller. Ökologischer Pflanzenschutz gegen ein günstiges Chemiegift. Der wirtschaftliche Zwerg Novamont aus Novara bei Mailand gegen den US-Multi Monsanto, den der deutsche Konzern Bayer übernehmen will.

Die Vielseitigkeit des Korbblütlers entdeckte Bastioli vor sieben Jahren. Der Ort des Geschehens ist Sardinien. In Porto Torres an der Nordküste betreibt Novamont mit der ENI-Tochter Versalis das Gemeinschaftsunternehmen Matrìca. Der Standort eines alten, stillgelegten Erdöl-Crackers wurde in eine Bioraffinerie umgerüstet. Matrìca stellt dort aus nachwachsenden Rohstoffen eine Reihe von innovativen Zwischenprodukten her, die in der Produktion von Bioplastik, Bio-Schmierstoffen, Kosmetik und Reinigungsmitteln verwendet werden. Bereits über eintausend Patente wurden angemeldet, allesamt Erfindungen, die den Weg in eine grünere Zukunft ebnen.

Seit etwa 7 Jahren baut Novamont auf Sardinien Disteln an: Die Pflanze dient als biologischer Öllieferant, liefert Proteine für Tierfutter, schützt den Boden vor Erosion, hat äußerst wenig Durst und ist komplett verwertbar. 1000 Hektar Land nimmt die Korbblütler-Plantage inzwischen in Anspruch, betrieben und stetig verbessert wird sie in Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Bauern. Bei der Gewinnung des enthaltenen Pflanzenöls fällt Pelargonsäure an, deren herbizide Wirkung bereits unter Fachleuten bekannt ist. Novamonts Tochterfirma Matrìca gelang es, diese Säure für den Einsatz im Freiland zu modifizieren und somit nutzbar zu machen. Das natürliche Herbizid verbrennt die Blätter der ungewollten Wildpflanzen, wird aber nicht von ihnen aufgenommen.

Hat der Stoff das Zeug, eine Alternative zu Glyphosat zu werden? Das neue Bio-Herbizid erhielt nach zweijähriger Versuchsphase eine erste Zulassung in den Ländern Italien, Österreich und Frankreich. Das Distel-Mittel kommt nun auf Kartoffeläckern sowie im Obst- und Weinanbau zum Einsatz. In Porto Torres ist die weltweit einzige Bioraffinerie zur Herstellung des Herbizids in Betrieb. Sie hat eine Produktionskapazität von 30 000 Tonnen im Jahr. Die Firma glaubt, dass sich sogar der umstrittene Brüsseler Beschluss zur Verlängerung des Einsatzes von Glyphosat positiv auswirken kann: „Wir müssen die Zeit nun für eine strategische Planung nutzen, damit am Ende der Zulassung auch wirklich Ersatz parat steht.“

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