Bild: urban farms by Neville von Neville mars Lizenz: cc-by-nd Urban Farming: Die Welt ernähren 8. November 2018 Die Landwirtschaft kehrt in die Städte zurück. Unter dem Stichwort Urban Farming haben sich unterschiedliche Formen von Landwirtschaft in Städten etabliert, die in Zukunft die Ernährung der Welt sicherstellen sollen. Stadt und Land haben sich im Lauf der Zeit voneinander entfremdet. Trotz der räumlichen Nähe ist die klassische Form der Landwirtschaft nur lose mit der Stadt verknüpft: Sie wird von den Städtern weitgehend ignoriert, ihre Flächen werden als Flächenvorrat für städtische Entwicklung oder Ausgleichsmaßnahmen missverstanden. Die Landwirtschaft am Stadtrand selbst produziert nicht mehr für die eigene Stadt, sondern für den Weltmarkt. Es ist erst ein paar Jahre her, dass vor allem jungen Menschen auf der ganzen Welt begannen, das distanzierte Verhältnis von Stadt und Landwirtschaft kräftig zu korrigieren. Sie entwickelten ein neues Verständnis vom Gärtnern in der Stadt und haben weltweit eine neue Gartenkultur etabliert. An scheinbar unmöglichen Orten fallen Beete und Pflanzkisten auf. Die neuen Gärtner ziehen sich nicht an den Stadtrand oder in Hinterhöfe zurück. Sie nutzen vergessene Nischen in der Stadt. Sie suchen auf unterschiedliche Weise Präsenz im Stadtraum und in der Öffentlichkeit. Die Erscheinungsformen sind vielfältig: Baumscheibenbegrünung oder Guerilla Gardening, Stadtteilgärten und Nachbarschaftsgärten, Kinderbauernhöfe und solidarische Landwirtschaft, Interkulturelle Gärten und Frauengärten, vertikale Gärten an Fassaden und Gemeinschaftsgärten auf Dächern. In Entwicklungsländern oder Schwellenländern soll Urban Farming eines der zentralen Probleme der Zukunft lösen: Im Jahr 2030 dürften sieben von zehn Menschen auf der Welt in Städten leben. Wie können diese Menschen ernährt werden? Gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern, in Städten wie Nairobi, Addis Abea oder Rio de Janeiro, wo sie in Wellblechhütten in den Townships und den informellen Siedlungen dicht an dicht leben? Die Vision: Wenn jeder sein kleines Stück Land nutzte, um selbst Gemüse anzubauen, würde dies schon helfen, den Hunger zu lindern. Eine Person kann auf geschätzten 70 Quadratmetern ihren eigenen Obst- und Gemüsebedarf weitgehend decken. Die Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nation schätzt, dass rund 800 Millionen Menschen weltweit in die städtische Landwirtschaft involviert sind und rund 10 bis 15 Prozent der weltweiten Nahrungsmittel produzieren. Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen in Schwellen- und Entwicklungsländern. In manchen Ländern, wie etwa Malawi, betreiben fast 70 Prozent der unteren Schichten Urban Farming. Diese Haushalte konsumieren laut der FAO größere Mengen an Nahrungsmitteln als andere, manchmal bis zu 30 Prozent zusätzlich. Anfang 2018 veröffentlichten Forscher der Universitäten in Arizona, der Tsinghua Universität in Peking, der Berkeley Universität in Kalifornien und der Universität von Hawaii eine großangelegte Studie, die das erste Mal Auskunft über das Potential von Urban Farming für die Bekämpfung des Welthungers gibt. Sie berechneten unter anderem mittels der Google’s Earth Engine Software, die den Wissenschaftlern Zugriff auf unterschiedliche globale Datenbanken verschafft, dass in dem Fall, das alle verfügbaren städtischen Flächen genutzt würden, jedes Jahr bis zu 180 Millionen Tonnen mehr Gemüse produziert werden könnten. Das wären mehr als 10 Prozent der Weltproduktion. Infos unter www.urbanfarming.org