Eine Million Arten sind laut einem neuen Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht.

Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) hat einen globalen Bericht über den Zustand der Artenvielfalt vorgestellt. Die Botschaft des Berichts ist eindeutig: Der Zustand der Natur verschlechtert sich dramatisch. Demnach sind rund eine Million von knapp neun Millionen Arten in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht. Schon allein der Verlust von Bestäuberinsekten bedroht Nahrungsmittelproduktion im Wert von 235 bis 577 Milliarden Dollar pro Jahr, und durch die Zerstörung von Küstenlebensräumen wie Mangrovenwäldern ist die Lebensgrundlage von bis zu 300 Millionen Menschen gefährdet.

Die biologische Vielfalt und die Leistungen von Ökosystemen wie Nahrung, sauberes Wasser und Medizin sind für das Überleben der Menschheit essenziell. Dennoch verschlechtert sich ihr Zustand dramatisch: Das Artensterben ist heute mindestens Dutzende bis Hunderte Male größer als im Durchschnitt der vergangenen zehn Millionen Jahre. 75 Prozent der Landoberfläche und 66 Prozent der Meeresfläche sind stark verändert. Über 85 Prozent der Feuchtgebiete sind verloren gegangen. Seit dem späten 19. Jahrhundert sind rund die Hälfte aller Korallenriffe verschwunden, neun Prozent aller Nutztierrassen sind ausgestorben, zwischen 1980 und dem Jahr 2000 wurden 100 Millionen Hektar tropischer Regenwald abgeholzt – weitere 32 Millionen Hektar allein zwischen 2010 und 2015.

Ob der Insektenschwund bereits ein globales Phänomen ist, lässt der Bericht offen: „Globale Trends bei den Insektenpopulationen sind nicht bekannt, aber von einigen Gebieten sind rasche Rückgänge gut dokumentiert.“ Bei anderen Tiergruppen, wie Vögeln, Amphibien und Säugetieren, liegen dagegen klare Belege für das Ausmaß der Gefährdung vor.

Ein katastrophales Zeugnis stellen die Forscher den bisherigen Anstrengungen aus, im Rahmen von Uno-Abkommen die biologische Vielfalt besser zu schützen. Infolge des Uno-Erdgipfels von Rio hatte die Staatengemeinschaft zuletzt bei einer Konferenz im japanischen Nagoya im Jahr 2010 zwanzig konkrete Ziele beschlossen, die bis zum Jahr 2020 erreicht sein sollten. Echte Fortschritte bei diesen Zielen können die Staaten aber nur bei vier dieser Vorhaben nachweisen, darunter bei dem Plan, die Fläche der Schutzgebiete im Meer auf zehn Prozent und an Land auf 17 Prozent zu vergrößern. Real wurden bisher bei den Meeresgebieten sieben Prozent und an Land 15 Prozent erreicht.

Umweltschützer bewerteten den Bericht als Warnung, die endlich Gehör finden müsse. Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), in dem 90 Organisationen zusammengeschlossen sind, erklärte, der Umgang mit der Natur sei die soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Schon heute koste der Verlust von Weideland, Bäumen und Feuchtgebieten rund zehn Prozent des Weltwirtschaftsprodukts. Eberhard Brandes, geschäftsführender Vorstand der Umweltorganisation WWF Deutschland, forderte, das „Paradigma vom ewigen und alternativlosen weltweiten Wirtschaftswachstum ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Natur“ zu beenden.

Der Bericht ist das Ergebnis einer dreijährigen Zusammenarbeit von 145 Wissenschaftlern aus 50 Ländern und soll die Grundlage für ein Uno-Rahmenabkommen zur Bewahrung der biologischen Vielfalt bilden, das im Oktober 2020 beim Weltnaturschutzgipfel im chinesischen Kunming beschlossen werden soll.

Infos unter www.de-ipbes.de/

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