Seegras und Algen können große Mengen Kohlenstoff aus dem Verkehr ziehen und so die Erderwärmung bremsen.

Forscher haben herausgefunden, dass die für Küstennähe typischen Gewächse Seegras und Algen, auch Kelp genannt, einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten können. Sie filtern nämlich nicht nur ein Zuviel an Nährstoffen aus dem Meer und produzieren große Mengen Sauerstoff, sondern sie lagern auch auf natürliche Weise riesige Mengen des klimaschädlichen CO2 ein. Damit spielen sie eine zentrale Rolle in den Ökosystemen. Weltweit versuchen Wissenschaftler nun herauszufinden: Wie viel CO2 ziehen Seegras und Algen tatsächlich aus der Atmosphäre? Und wie lassen sie sich möglichst effizient im Kampf gegen den Klimawandel einsetzen?

Zuletzt sorgte die dänische Biologin Marianne Holmer mit ihren neuesten Studienergebnissen für Aufsehen. Die Professorin und Institutsleiterin an der Süddänischen Universität in Odense überraschte Anfang 2019 die Öffentlichkeit mit der Botschaft, dass ein Hektar Seegras so viel Kohlenstoff binden kann wie zehn Hektar Wald. Gleichzeitig haben Seegraswiesen im Vergleich zu Algen den großen Vorteil, dass sie den klimaschädlichen Kohlenstoff in luftdicht abgeschlossenen Sedimenten bunkern, so dass er für viele Jahre versiegelt bleibt. Das hat einen unersetzlichen Vorteil für die Entwicklung des Klimas.

Insgesamt 20 Seegraswiesen in Finnland und Dänemark hat Marianne Holmer mit ihrem Team untersucht und dabei entdeckt, dass die dänischen Seegraswiesen bis zu sechsmal soviel CO2 aufnehmen können wie die untersuchten Wiesen in Finnland – und dass eine vor Wellen und Strömungen geschützt liegende Seegrasbucht pro Quadratmeter bis zu 27 Kilogramm Kohlenstoff einlagert. Das ist das Zehnfache der Menge, die Ostsee-Seegraswiesen im Schnitt aufnehmen.

Seegraswiesen gezielt anzupflanzen ist aber auch für Biologen ein schwieriges Unterfangen. Denn es ist kompliziert, die Samen der Seegraspflanzen zu gewinnen. Deshalb setzt die Wissenschaft ihre Hoffnung auf Algen. Sie haben ebenso großes Potenzial, sind aber deutlich leichter anzupflanzen als das Seegras. Kelp und seine Artverwandten heften sich nämlich einfach an feste Strukturen – sie wachsen auf Felsen ebenso wie auf künstlichen Riffen und absichtlich versenkten U-Bahn-Waggons. Da es zudem rund 9000 Makroalgenarten gibt, findet sich quasi für jeden Standort und Zweck die passende Sorte. Und noch einen Vorteil haben die Algen: Im Vergleich zu Seegras wächsen sie extrem schnell und bildet Wälder von 60 Metern Höhe.

Großalgen und Kelp bedeckten ein fünf Mal größeres Meeresgebiet als Seegräser. Dadurch filtern sie jährlich noch größere CO2-Mengen aus der Atmosphäre als Seegraswiesen. Meeresspezialisten sind davon überzeugt, dass die Menschen mit Großalgen noch eine Chance haben, den Niedergang der Ozeane zurückzudrehen – allerdings nur durch einen gezielten Anbau. Die Wissenschaftler rechnen vor: Wenn man 210 Milliarden Euro in neue Algenwälder investieren würde, könnten sie 114 Millionen Tonnen Kohlenstoff im Meeresboden einschließen. In Asien hat der gezielte Anbau bereits eine lange Tradition. China ist weltweit der größte Algenproduzent und die Nachfrage ist groß – nicht nur von der Nahrungsmittel-, sondern auch von der Pharma- und Kosmetikindustrie.

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