Liegt die Zukunft unserer Landwirtschaft in der Bewahrung alter Sorten und Rassen?

Das Berliner Netzwerk Die Gemeinschaft will alte Sorten und Rassen wieder populär machen. Es ist ein Netzwerk für Köche und handwerkliche Lebensmittelproduzenten, das sich für eine deutsche Esskultur mit eigener Identität einsetzt. Neben mehr Zusammenarbeit, Weiterbildung, der Sichtbarmachung und Wertschätzung von Bio-Landwirten fördert der Verein auch den Erhalt alter Sorten und Rassen.

Mitglieder sind, neben Restaurants, die auf lokale Zutaten setzten, zum Beispiel Lars Odefey, der auf seinem Hof in Uelzen und über Instagram nachhaltige Weidehühner verkauft, die Bildhauerin und Patissière Kristiane Kegelmann, der Koch Patrick Wodni, der vom Fine Dining in eine Krankenhauskantine gewechselt ist, und der Berliner Bäcker Florian Domberger. Und schließlich der 54-jährige Olaf Schnelle, der im tiefsten Mecklenburg-Vorpommern Wildkräuter sammelt, Gemüse und essbare Blüten anbaut, mit denen er renommierte Restaurants wie das Wolfsburger Aqua beliefert.

Vorreiter in Sachen alte Sorten und Rassen ist der Erdhof Seewalde in der Mecklenburger Seenplatte. Auf dem Hof leben Husumer Schweine und rauwollige Pommersche Landschafe, die nicht nur Wolle geben, sondern auch wertvollen Dünger. Bekannt ist der Erdhof Seewalde auch für seine Milchprodukte. Die extra fette Milch stammt vom Angler Rotvieh, einer alten Hausrindrasse, von der es heute deutschlandweit nur noch rund 300 Stück gibt. Für die Zucht von alten Rassen hat sich der Landwirt entschieden, weil diese perfekt angepasst an ihren Standort seien, was dazu führe, dass ihre Pflege weniger Aufwand sei.

Aber es sei nicht nur das Argument der pflegeleichten Haltung, das für alte Rassen spreche. Der Landwirt schwärmt von Fleisch mit einzigartiger Konsistenz und Geschmack: „Alte Schweinerassen beispielsweise haben mehr Fett und wachsen langsamer“, erklärt er. Insgesamt seien die Tiere instinktgetriebener, forderten mehr Platz und verweigerten sich einer industriellen Massentierhaltung. Alles Gründe, die sie für die herkömmliche Landwirtschaft wenig attraktiv machten.

In Vorpommern liegt die Gärtnerei Schnelles Grünzeug. Die Gärtnerei hat rund 150 alte Sorten im Portfolio, darunter kaum Bekanntes wie Johannisbeerholz und Austernmoos. Zudem betreibt die Gärtnerei einen Onlineshop, in dem sie fermentiertes Gemüse verkauft – Rote Bete mit Waldmeister etwa oder Weißkohl mit Küstentanne. „Früher hatte jeder Landstrich eigene Sorten, heute liegt die Macht in den Händen weniger großer Chemiekonzerne wie Monsanto“, sagt der Inhaber. Alte Sorten seien oft widerständiger und passten sich leichter an veränderte Umstände an. Gerade jetzt, in Zeiten des Klimawandels und dessen unbestimmtem Ausgang, sei das ein großer Vorteil. Ganz abgesehen davon schmeckten sie oftmals viel besser.

Ate Sorten und Rassen nicht nur hip, sondern erfüllen eine Funktion. Sie sind widerständiger, geschmacklich bereichernd und wert, entdeckt und bewahrt zu werden. Infos unter https://www.saat-und-gut.de

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