Oberbürgermeister Madsen erklärt Rostock für coronafrei. Der letzte positive Test liegt zwei Wochen zurück und aktuell ist kein Covid-19-Patient mehr in Behandlung.

Rostock ist die erste deutsche Großstadt, die Corona besiegt hat und coronafrei ist. Das erklärt zumindest Rostocks dänischer Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen. Seine Begründung: Erstens sei nun der letzte zurzeit an Covid-19 erkrankte Rostocker aus der Quarantäne entlassen worden. Zweitens habe es im Testzentrum an der Uniklinik Rostock seit zwei Wochen keinen positiven Corona-Test mehr gegeben. Und drittens sei auch kein Covid-19-Patient mehr im Krankenhaus in Behandlung.

Damit ist Rostock Vorreiter und mögliches Vorbild vieler Städte, die sich jetzt fragen: Was hat die 200.000-Einwohner-Stadt an der Ostsee so viel besser gemacht? Es ist wohl eine Mischung aus glücklichen Umständen und resolutem Handeln, die dazu führte, dass es in Rostock bei nur 75 Corona-Patienten geblieben ist. Die Pandemie hat den Norden Deutschlands mit weniger Wucht getroffen als Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen mit mehreren Zehntausend Infektionen insgesamt. Bis zum 29. April zählte das Land Mecklenburg-Vorpommern lediglich 687 bestätigte Corona-Fälle und 17 Tote.

Als Rostock am 10. März den allerersten Corona-Fall verzeichnete, reagierte der Oberbürgermeister schnell, pragmatisch und auch auf die Gefahr hin, sich unbeliebt zu machen: Er ließ das Konzert von Johannes Oerding absagen, das der vor allem im Norden beliebte Popstar am nächsten Tag vor 5500 Fans in der Stadthalle geben sollte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zwar schon empfohlen, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern vorerst nicht stattfinden zu lassen. In den meisten Bundesländern blieb es aber zunächst bei einer Empfehlung.

Am 12. März kamen in Rostock weitere Corona-Fälle hinzu: Ärzte der Uniklinik Rostock, die zuvor im Skiurlaub gewesen waren. Dadurch war auch ein Kind betroffen, das in eine Schule mit über 1000 Schülern geht. Madsen ließ die Schule noch am gleichen Tag schließen. Am Freitag den 13. März entschied er dann, alle Schulen ab Montag zu schließen – was dann auch das Land Mecklenburg-Vorpommern so verfügte. Im Kleinen also gab Rostock den Takt an, dem es sich im Laufe der folgenden Wochen dann unterordnete, als landesweite Bestimmungen wie die Maskenpflicht kamen.

In der Stadt selbst hat sich das Virus nicht weiter verbreitet. Und das liegt vermutlich nicht nur daran, dass Verwaltung, Schulen und Veranstaltung heruntergefahren wurden. Es liegt auch daran, dass Rostock sich – entgegen der Maßgabe des Robert-Koch-Instituts – früh entschieden hat, auch Menschen zu testen, die gar keine Symptome hatten: „Wir haben vorsorglich die Mitarbeiter in den Kliniken, Pflegeeinrichtungen sowie Polizisten und Feuerwehrleute getestet”, erklärte der Oberbürgermeister. Zumindest in dem Fall einer Pflegekraft, die ohne jede Symptome positiv getestet wurde, konnte so womöglich die Ausbreitung im gesamten Pflegeheim verhindert werden.

Rostock ließ Hunderte Personen auf freiwilliger Basis testen, um das Risiko weiter einzukreisen, heißt es aus dem Rathaus. Möglich gemacht hat das eine Biotechfirma, die in Rostock sitzt und an der Börse in New York Millionen macht. Aus dem Rostocker Rathaus heißt es, die Firma habe ihre Leistungen der Stadt gratis angeboten. Und wie geht es im coronafreien Rostock weiter? Die hygienischen Maßgaben sollen weiter eingehalten werden, der Oberbürgermeister setzt bei den Bürgern auf Eigenverantwortung und Respekt.

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