Dopamin-Fasten – was ist dran an dem Trend aus dem Silicon Valley, der Reizüberflutung verhindern will?

Ziel des Dopamin-Fastens ist es, durch einen Reizentzug einer Überstimulation des Gehirns entgegenzusteuern. Unser Gehirn schüttet Dopamin aus, wenn es sich in einer Erwartungshaltung befindet. Wer also beispielsweise ein Foto auf Instagram postet und sich auf die Likes freut, bei dem wird Dopamin ausgeschüttet. Wird die Erwartung dann bedient, schüttet der Körper zusätzlich Endorphine und körpereigene Opiate aus. Dopamin triggert also den Belohnungsmechanismus im menschlichen Körper. Gerade in der heutigen durchdigitalisierten Welt verfällt man überall dem Drang nach Dopamin – von Likes bei Facebook oder Instagram bis hin zum Streamen von Serien bei Netflix oder Amazon Prime, aber es geschieht auch etwa beim Sport, Naschen, Sex – und auch beim Konsum von Drogen.

Beim Dopamin-Fasten wird versucht, die eigene Erwartungshaltung zu drosseln, das Belohnungssystem auszubremsen und so die Stimulation zu verhindern. Erfinder ist der Psychologe Cameron Sepah von der University of California in San Francisco. Der Wissenschaftler ist überzeugt, dass sich das Gehirn so erst richtig von den Reizen erholen kann. Denn die Jagd nach Dopamin-Ausschüttung ist auch eine Jagd nach Glücksgefühlen. Aber je häufiger das passiert, desto geringer ist die Ausschüttung. Es werden also immer stärkere Reize benötigt, um das gleiche Glücksgefühl zu empfinden. Darum sollte man beim Dopamin-Fasten nach Einschätzung von Sepah in definierten Zeitabschnitten vollständig auf Angewohnheiten mit hohem Suchtpotenzial verzichten. Das können ein paar Stunden am Tag sein, aber auch ein Wochenende oder eine ganze Woche.

In seiner Anleitung The Definite Guide to Dopamine Fasting 2.0 geht es also nicht darum, sich dem Neurotransmitter Dopamin als solchem zu entziehen. Vielmehr dient das Dopamin-Fasten dazu, bestimmte Impulshandlungen zu kontrollieren und dadurch ein Abstumpfen gegenüber dem Botenstoff zu verhindern, und das soll auch bei problematischen Reiz-Reiz-Assoziationen funktionieren.

Der Forscher nennt folgende Kategorien, die ein besonders hohes Suchtpotenzial haben:

• (Party-)Drogen
Unter anderem Kokain, Ecstasy, Marihuana. Der Experte zählt aber auch Alkohol und Koffein dazu.

• Essen
Er bezieht sich damit natürlich nicht auf Ernährung als solche, sondern auf den Hang zu „Emotional Eating“, also Essen aus Stress oder Frust.

• Gaming und Internet
Besondere Vorsicht ist bei Inhalten geboten, die ständige Interaktion verlangen (Scrollen, Klicken, etwas eingeben), da bei derartigen Produkten die Nutzerbeteiligung und nicht das Wohlbefinden der Nutzer im Vordergrund steht.

• Shopping
Den Hang, ständig Neues zu kaufen, setzt Sepah mit Glücksspiel(sucht) gleich. Die Verwandtschaft der Laster ergebe sich daraus, dass sich durch das ständige Ausgeben großer Geldbeträge etwas (nicht zuletzt ein gutes Gefühl) versprochen würde.

• Nervenkitzel
Hier richtet sich der Fachmann an Adrenalin-Junkies und solche, die ständig etwas Neues/Aufregendes erleben wollen. Die den Kick brauchen, um sich lebendig zu fühlen.

• Sex
Insbesondere Pornokonsum und Masturbation.

Was soll man beim Dopamin-Fasten tun? In definierten Zeitabschnitten soll man vollständig auf Angewohnheiten mit hohem Suchtpotenzial verzichten. Das können ein paar Stunden am Tag sein, aber auch ein Wochenende oder eine ganze Woche. Die zweite Technik ist ein Gewohnheits-Umkehr-Training. Dabei soll beobachtet werden, wie Dränge entstehen und wieder abnehmen – ohne sich darauf einzulassen. Dadurch wird das impulsive Verhalten mit der Zeit geschwächt. Wann immer man den Reiz verspürt, zum Handy oder in die Kartoffelchips-Tüte zu greifen – hält man inne und fragt sich, was das Gefühl im entsprechenden Moment auszeichnet.

Der Wissenschaftler führt eine Studie mit rund 1800 Schülern der Texas A&M University an. Darin wurden die Effekte des Dopamin-Fastens anhand von Facebook aufgezeigt. Die Teilnehmer, die dem Social-Media-Kanal eine Woche lang ferngeblieben waren, sollen 13,3 Stunden mehr Zeit für andere gesundheitsfördernde Aktivitäten zur Verfügung gehabt haben. Zudem sollen sich Anzeichen von depressiven Stimmungen bei ihnen um 17 Prozent reduziert haben.

Eine Antwort

  1. Wolfgang Raetzer

    Aufschlussreicher Artikel, vielen Dank. Habe meine Sucht wiedergefunden und weiß jetzt, wie ihr zu begegnen ist.

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