Eine Langzeitstudie über drei Jahre soll untersuchen, wie das Bedingungslose Grundeinkommen Menschen und Gesellschaft in Deutschland verändert.

Die aktuelle Debatte um das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist geprägt von ideologischen Glaubenssätzen und beruht selten auf fundiertem Wissen. Eine gemeinsame Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Vereins Mein Grundeinkommen soll das ändern und neue empirische Daten zur Debatte liefern. Nach Michael Bohmeyer, Initiator des Vereins Mein Grundeinkommen, will die Studie herausfinden, wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen Menschen und Gesellschaft verändert. Man wolle wissen, was es mit Verhalten und Einstellungen mache und ob das Grundeinkommen helfen kann, mit den gegenwärtigen Herausforderungen unserer Gesellschaft umzugehen.

Die Studie ist der erste Teil des Pilotprojekt Grundeinkommen: „Zwar gab es bereits weltweit wissenschaftliche Experimente zum BGE, aber ihre Erkenntnisse sind begrenzt. Sie sind entweder veraltet, nicht verallgemeinerbar oder untersuchen das Grundeinkommen nur für Erwerbslose. Vor diesem Hintergrund betreten wir in Deutschland mit dieser Studie wirklich wissenschaftliches Neuland“, sagte Prof. Dr. Jürgen Schupp, Senior Research Fellow des DIW Berlin. Neu ist auch, dass es eine randomisierte Studie ist, denn es wird eine Vergleichsgruppe von 1380 Teilnehmern geben, die nur eine Aufwandsentschädigung erhalten.

Geplant ist, 120 TeilnehmerInnen über drei Jahre jeweils 1.200 Euro monatlich bedingungslos auszuzahlen. Die TeilnehmerInnen müssen keine Bedürftigkeit belegen und können unbegrenzt Geld hinzuverdienen, wenn sie wollen. Der Betrag des gezahlten Grundeinkommens orientiert sich an der Armutsgefährdungsgrenze. Das heißt, er liegt über dem Einkommensbetrag, ab welchem die Möglichkeiten zur Lebenserhaltung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind.

Die Studie soll erstmals Grundlagenforschung zum BGE liefern. Die Studie soll Hinweise darauf geben, ob die Wirkung des Grundeinkommens vom erhöhten Geld oder von der bedingungslosen Bereitstellung kommt. Denn Grundeinkommen bedeutet für die meisten nicht mehr Geld, sondern mehr Sicherheit. Die Studie will außerdem herausfinden, ob das Grundeinkommen die Menschen und die Gesellschaft widerstandsfähiger gegenüber Krisen macht.

Da menschliche Entscheidungsprozesse hochkomplex sind und der Fokus auch auf Veränderungen von Entscheidungen und kognitiven Fähigkeiten der TeilnehmerInnen liegt, wird die Studie außerdem von WissenschaftlerInnen des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern sowie der Universität zu Köln durch psychologische und verhaltensökonomische Forschung unterstützt.

Die Bewerbung zur Teilnahme ist ab sofort für alle möglich, die ihren ersten Wohnsitz in Deutschland haben und mindestens 18 Jahre alt sind. Zur Bewerbung muss ein dreiminütiger Fragebogen mit Kontaktinformationen, Angaben zu Geschlecht, Kinderanzahl und Anzahl der Personen im Haushalt sowie einigen Daten zur Lebenssituation, wie den höchsten erworbenen Schulabschluss, Nettoeinkommen und den Erhalt von Sozialleistungen, ausgefüllt werden. Die Studie startet, sobald sich eine Million Menschen unter www.pilotprojekt-grundeinkommen.de zur Studienteilnahme beworben haben. Diese große Zahl ist notwendig, da die Datenqualität enorm verbessert wird, wenn die Grundmenge der BewerberInnen, aus der die TeilnehmerInnen ausgewählt werden, möglichst groß und vielfältig ist. Finden sich weniger als eine Million BewerberInnen, kann die Studie aber trotzdem starten. In diesem Fall endet die Bewerbungsfrist am 10. November 2020.

Die Auszahlung der Grundeinkommen beginnt im Frühling 2021. Die TeilnehmerInnen werden im dreijährigen Studienzeitraum jeweils sechs Onlinefragebögen ausfüllen, welche unter anderem Fragen zur Erwerbstätigkeit, Zeitverwendung, dem Konsumverhalten, Werten und der Gesundheit enthalten.

Besonders an der Studie ist, dass sie durch Spenden von 141.341 Privatpersonen finanziert wird, die momentan 618.720 Euro im Monat an den Verein Mein Grundeinkommen spenden. Ab dem Studienstart werden rund 23 Prozent dieser Spenden für die vollständige Finanzierung der Studie verwendet. Die Finanzierung durch private Spenden sichert die politische Unabhängigkeit der Studie.

Falls die erste Studie zeigt, dass das Grundeinkommen deutliche Effekte hat, sollen deshalb im Rahmen des Pilotprojekts zwei weitere Studien zum BGE durchgeführt werden. Während Studie 1 erforscht, ob sich das BGE überhaupt auf Menschen auswirkt, sollen Studie 2 und 3 feststellen, ob solche möglichen Auswirkungen nur durch das Geld hervorgerufen werden, das den Menschen ausgezahlt wird, oder eher durch die Sicherheit, die ein Grundeinkommen bietet. Studie 2 und 3 sollen auch herausfinden, wie man ein Grundeinkommen für alle Menschen in Deutschland realistisch finanzieren könnte.

Bewerbung: www.pilotprojekt-grundeinkommen.de

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