Leben wir nach Ansteigen des Meeresspiegels alle auf schwimmenden Inseln im Ozean?

Angesichts des steigenden Meeresspiegels und des sich verschärfenden Klimawandels basteln viele Forscher weltweit an Möglichkeiten, auf dem Wasser zu leben. Nun hat ein internationales Konsortium aus Forschungseinrichtungen und Unternehmen bei dem dreijährigen EU-Projekt Space@Sea einen Ansatz entwickelt, der über die Möglichkeit hinausgeht, nur Häuser auf dem Wasser zu errichten: Sie entwickeln schwimmende Inseln als Plattformen, die in sehr unterschiedlicher Größe miteinander kombiniert werden und jeweils unterschiedliche Funktionen erfüllen können.

Ziel des Projektes ist es, Lebens- und Arbeitsräume auf dem Ozean zu schaffen, indem man standardisierte und somit kostengünstige Insel-Module herstellt. Bei den Modulen handelt es sich um auf dem Wasser treibende Einrichtungen, die geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben als feste Plattformen oder aufgeschüttete Inseln, die eine große Fläche des Meeresbodens mit Baumaterial und Gründungsstrukturen bedecken würden. Die Wissenschaftler wurden dabei vom Prinzip des Standard-Containers inspiriert, der durch seine praktische Handhabung den weltweiten Gütertransport per Schiff revolutioniert hat.

Eine solche Standardisierung auf Plattformen zu übertragen, klingt einfacher, als es ist. Allein die optimal geeignete Form eines solchen Moduls herauszufinden, hat ziemlich viel Forschungsaufwand verursacht. Experimentiert wurde mit verschiedenartigen Dreiecken, dem Quadrat, Rechteck, Kreis und dem Hexagon. Am Ende erwies sich das Quadrat als die praktikabelste Form.

Das Konzept sieht nun so aus: Jede Plattform besteht aus mindestens drei Modulen und bietet Wohnraum für die Crew sowie Lagerraum für Ersatzteile und Werkzeuge. Sie soll die benötigte Energie selbst erzeugen. Dafür wird eines der drei Module mit Solaranlagen ausgestattet, ein weiteres mit einem Windrad und einem Wellenenergie-Konverter. Auf dem dritten befindet sich die Wohneinheit. Außerdem werden die Module über Akkus und ein intelligentes Netz (Smart Grid) verfügen. Das Ganze ist so ausgelegt, dass eine 32-köpfige Crew bis zu einem Monat ohne externe Versorgung auf See leben kann.

Seit November 2017 untersuchen die Beteiligten nicht nur das Design der Module im Hinblick auf Form, Größe und Material sowie Verbindungsstücke und Verankerung im Meeresgrund. Auch der Transport und die Installation sowie Gesundheits- und Sicherheitsaspekte für die Besatzung spielen eine wichtige Rolle. In dem aus 17 Partnern bestehenden Konsortium sind vor allem wissenschaftliche Institutionen und Firmen aus der Offshore- und Erneuerbare-Energien-Branche vertreten. Es fokussierte sich auf die vier Teilbereiche Wohnen, Aquakultur, Energie und Transport.

Da die Module untereinander immer zusammenpassen, lassen sie sich zu künstlichen Inseln unterschiedlicher Größe kombinieren. So können sie flexibel dort errichtet werden, wo Bedarf besteht und gute Bedingungen zur Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom vorherrschen. Beispielsweise könnte man Offshore-Windenergie-Anlagen mit Algen- und Fischfarmen koppeln oder mit Elektrolyseuren, um direkt auf dem Ozean grünen Wasserstoff herzustellen.

Die ersten Mehrzweckinseln könnten im Hafen von Marseille produziert und im Golf von Lyon zu Testzwecken installiert werden. Für die Erprobung wurde ein Gebiet rund 60 Kilometer vor der französischen Mittelmeerküste ausgewählt, wo das Wasser bis zu 200 Meter tief ist.

Infos unter https://spaceatsea-project.eu/

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