Im Projekt Städte wagen Wildnis stellen sich Hannover, Frankfurt am Main und Dessau-Roßlau einer Herausforderung und wagen gemeinsam mehr Wildnis in der Stadt.

Die Einwohnerzahlen in Frankfurt am Main steigen rasant, in Dessau-Roßlau sinken sie – Hannover liegt in der Einwohnerentwicklung etwa dazwischen. Drei sehr unterschiedliche Städte lassen von 2016 bis 2021 ausgewählte urbane Flächen im Projekt Städte wagen Wildnis verwildern. Das Projekt wird von Biologen und Sozialwissenschaftlern wissenschaftlich begleitet und soll

  • einen Beitrag leisten zur Erhaltung und Förderung von Arten- und Biotopvielfalt
  • die Lebensqualität in den Städten steigern
  • Menschen für Stadtwildnis begeistern
  • urbane Natur erreichbar und erlebbar machen
  • neuartige Landschaftsbilder etablieren
  • Pflege- und Nutzungsstrategien erproben und den Weg für mehr Wildnis in weiteren Städten ebnen

So hat die Stadt Hannover zehn Flächen zu Wildnisflächen erklärt, unter anderem eine ehemalige Bodendeponie, wo Bauschutt abgeladen wurde. Hier wollen die Forscher herausfinden, was passiert, wenn der Mensch der Natur die Regie überlässt. Inzwischen finden hier sehr viele verschiedene Insekten und Pflanzen eine neue Heimat. Zu entdecken sind hier unter anderem die Westliche Beißschrecke, die Blauflügelige Sandschrecke oder auch der Wiesengrashüpfer, der auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten steht. Zuerst war der Boden der Deponie mit Kamille bedeckt, dann kam die Goldrute, eine eingewanderte Pflanze, die im Sommer mit ihren leuchtend gelben, vielen kleinen Blüten ins Auge fällt und die sich rasend schnell ausbreitet. Das Projekt Städte wagen Wildnis kommt bei den Hannoveranern gut an, haben die Forscher herausgefunden. Auch deshalb, weil es zahlreiche Mitmach-Aktionen gibt wie einen Hörspaziergang an sechs Hörstationen oder die Aktion Wildnisdetektive, wo Kinder die Natur erforschen und erleben können. Die Wissenschaftler waren sich erst nicht sicher, ob die Wildflächen auch als Verwahrlosung wahrgenommen werden könnte. Das hat sich aber überhaupt nicht bewahrheitet. Die Wildflächen stoßen auf breite Akzeptanz.

In der Stadt Dessau-Roßlau wird vor allem das Wildobst in der Mulde- und Elbaue gefördert, denn die natürlichen Bestände überaltern. Die Etablierung und Stärkung des Wildobstes soll vorrangig im Naturschutzgroßvorhaben in Großkühnau und im Vorderen und Hinteren Tiergarten erfolgen und wird von der interessierten Fachwelt verfolgt.

Die Stadt Frankfurt am Main erlebt derzeit eine große Bevölkerungszunahme. Die Stadt wächst und mit ihr der Druck auf die Freiflächen. Flächen, die dem reinen Wildwuchs überlassen werden sind äußerst selten. Um die Bevölkerung für die wenigen Wildflächen zu sensibilisieren, wurden unter anderem WildnisLotsen ausgebildet, die Führungen anbieten. Aber auch LehrerInnen und andere MultiplikatorInnen wurden geschult, qualifiziert und darin unterstützt, Begeisterung und Akzeptanz für urbane Wildnis nachhaltig zu transportieren.

Das Projekt Städte wagen Wildnis wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert.

Infos und Termine unter www.staedte-wagen-wildnis.de

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