Der Bürgerrat Klima besteht aus 160 zufällig ausgelosten Bürgern aus Deutschland und gab der Politik 80 Vorschläge mit auf den Weg.

Einer der Leitsätze des bundesweiten Bürgerrat Klima, der am 23. Juni 2021 zu Ende gegangen ist, lautet: „Um den Erhalt der Lebensgrundlagen aller Menschen sicherzustellen, ist das 1,5 Grad Ziel nicht verhandelbar.“ Der Bürgerrat Klima besteht aus 160 zufällig gelosten Menschen aus ganz Deutschland, die in zwölf Online-Sitzungen über klimapolitische Handlungsempfehlungen an Bundestag und Bundesregierung beraten haben. Das Ergebnis sind zahlreiche konkrete Vorschläge an die Politik.

So fordert der Bürgerrat Klima, dass jedes neue Gesetz auf seine Klimaschutzwirkung zu prüfen ist und kein Gesetz den Klimazielen widersprechen darf. Klimaschutz sei ein Menschenrecht und müsse ins Grundgesetz aufgenommen werden. Wirtschaftliche Interessen dürften nicht wichtiger sein als der Klimaschutz. Auch große Unternehmen müssten verpflichtet werden, im Sinne von Klimaschutz und Gemeinwohl zu handeln.

Zur Formulierung konkreter Handlungsempfehlungen hatten die Teilnehmer vom Bürgerrat Klima sich in Arbeitsgruppen mit vier Handlungsfeldern befasst: Energie, Ernährung, Gebäude & Wärme sowie Mobilität. Im Handlungsfeld Energie lautet ein Leitsatz, dass die Geschwindigkeit der Energiewende Vorrang vor deren Kosten haben müsse, wobei die Endverbraucher aber finanziell am geringsten zu belasten seien. Der Bürgerrat Klima schlägt vor, die gesamte Energieversorgung Deutschlands bis 2035 zu 70 Prozent und bis 2040 zu 90 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. Im Stromsektor sollen die 100 Prozent bereits bis 2035 erreicht sein.

Der Bürgerrat Klima schlägt weiterhin vor, dass mindestens zwei Prozent der Fläche jedes Bundeslandes für Sonnen- und Windenergieanlagen vorgesehen werden. Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern sollen zur Pflicht, der Windenergieausbau gefördert und Vorschriften für einen Mindestabstand von Windrädern zu Wohnhäusern abgeschafft werden. Der Kohleausstieg soll nicht erst 2038, sondern bereits 2030 vollzogen sein, die Lebensdauer von Elektrogeräten durch eine Mindestgarantie von zehn Jahren verlängert werden. Die Erstzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor soll bis 2027, spätestens aber bis 2030 eingestellt werden.

Beim Flugverkehr sollen die Ticketpreise die wahren Klimakosten abbilden. Die Mehreinnahmen sollen für den Ausbau des Bahnverkehrs oder für eine Rückvergütung pro Kopf genutzt werden. Der verbleibende Flugverkehr soll auf synthetische Kraftstoffe umgestellt werden. Die Mehrheit ist für ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und 30 km/h innerorts. Für jedes Gebäude müsse bis 2024 mit einer Sanierungsampel die Sanierungsdringlichkeit festgestellt und eine kostenlose Sanierungsberatung angeboten werden. Für Ölheizungen soll es ab 2026 und für Gasheizungen ab 2028 ein Einbauverbot geben.

Der Bürgerrat Klima fordert die Umstellung der Landwirtschaft auf eine klimafreundliche Produktion bis 2030. Durch eine Reduzierung der Nutztierbestände sollen klimaschädliche Emissionen verringert werden. Die Lebensmittelpreise sollen die Gesundheits- und Umweltkosten abbilden. Bis 2030 soll es eine Klimaampel für alle Lebensmittel geben. Durch Aufklärung soll ein weitestgehender Verzicht auf Fleisch- und Milchprodukte angeregt werden.

Eine breite Mehrheit gab es dafür, den CO2-Preis für die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft zu einem Instrument zum Erreichen des 1,5 Grad-Zieles zu machen. Dabei sollen dessen Berechnung, die Höhe der Einnahmen und deren Verwendung für Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar erfolgen. Der Bürgerrat Klimas schlägt vor, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung für klimafreundliche Maßnahmen, für Forschung und Entwicklung sowie für die Infrastruktur zu verwenden. Die damit verbundenen höheren Kosten für Privathaushalte sollen durch eine Klimadividende oder Pro-Kopf-Pauschale und durch Steuererleichterungen an anderer Stelle ausgeglichen werden.

Die Initiative für den Bürgerrat Klima war von der Gruppe Scientists for Future und dem Verein Bürgerbegehren Klimaschutz ausgegangen. Die Kosten von zwei Millionen Euro werden von drei Stiftungen und aus Spenden getragen. Begleitet wurde der Bürgerrat durch ein wissenschaftliches Kuratorium aus 29 führenden Fachleuten der Klima- und Gesellschaftswissenschaften.

Da die Empfehlungen nicht verbindlich sind, ist nun die Frage, was davon Politik wird. Das Nachbarland Frankreich hat bereits Erfahrungen damit. Der dortige Bürgerrat Klima war von Präsident Emmanuel Macron selbst 2019 eingesetzt worden. Ergebnis waren 149 Empfehlungen zur Senkung des Treibhausgasausstoßes, von denen einige abgeschwächt in Gesetzte gegossen wurden.

Infos unter www.buergerrat.de/

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