Der Amazonas-Regenwald gibt einer Studie zufolge inzwischen mehr Kohlenstoff an die Erdatmosphäre ab als er aufnimmt.

Jahrzehntelang entzog der Amazonas-Regenwald, der größte Regenwald des Planeten, der Lufthülle der Erde durch Fotosynthese große Mengen Kohlendioxid (CO2) und dämpfte so den Klimawandel. Das habe sich geändert, berichtet eine Studie des brasilianischen Nationalen Institut für Weltraumforschung. Der Amazonas-Regenwald gibt inzwischen mehr Kohlenstoff an die Erdatmosphäre ab, als er aufnimmt. Insbesondere der östliche Teil der Region emittiert deutlich mehr des Stoffs, als er bindet – vor allem in der Trockenzeit. In der Atmosphäre findet sich der etwa bei Bränden ausgestoßene Kohlenstoff als Treibhausgas CO2 wieder.

Insgesamt seien aus dem Gebiet von 2010 bis 2018 pro Jahr etwa 290 Millionen Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre gelangt, vor allem wegen der vielen Brände. Diese setzten laut der Analyse jährlich 410 Millionen Tonnen Kohlenstoff frei, mit 120 Millionen Tonnen entzog die Pflanzendecke der Luft zugleich nur einen Bruchteil dieser Menge. Von den Emissionen gingen fast drei Viertel (72 Prozent) auf das Konto der östlichen Regionen, obwohl die nur ein knappes Viertel des Gesamtgebietes des Amazonas-Regenwald stellen (24 Prozent).

Um den Kohlenstoff-Haushalt des Amazonas-Regenwald zu ermitteln, haben die Wissenschaftler vom Flugzeug aus die Kohlenstoff-Konzentrationen von 2010 bis 2018 gemessen. Bei insgesamt 590 Flügen in vier verschiedenen Regionen ermittelten sie die Werte unter anderem von Kohlendioxid (CO2) und Kohlenmonoxid (CO) bis in eine Höhe von 4,8 Kilometern. Daraus errechneten sie unter Berücksichtigung der Luftströmungen die Kohlenstoff-Bilanzen der vier Teilregionen. Die hängen demnach stark von der Landnutzung ab: In den vergangenen Jahrzehnten wurde etwa ein Sechstel (17 Prozent) des gesamten Regenwalds zerstört: Im westlichen Amazonas-Regenwald waren es etwa 11 Prozent, im östlichen, kleineren Teil des Amazonas-Regenwald mit etwa 27 Prozent deutlich mehr. Der Großteil der Flächen wurde zu Weiden und Ackerland umgewandelt.

Verantwortlich für die schlechte Kohlenstoff-Bilanz sei ein Mix aus Klimawandel, Abholzung und Bränden, so die Forscher. Die Intensivierung der Trockenzeit und eine Zunahme der Abholzung erhöhen im östlichen Amazonasgebiet den Stress für das Ökosystem, führten zu mehr Bränden und erhöhten die Kohlenstoff-Emissionen. Es sei fraglich, ob die tropischen Regenwälder in der Zukunft noch große Mengen CO2 speichern könnten.

Die steigenden Konzentrationen von Treibhausgasen – vor allem CO2 – in der Atmosphäre sind Ursache des Klimawandels. Pro Jahr gelangen durch den Menschen etwa elf Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Kohlenstoff in die Lufthülle der Erde – vor allem durch fossile Brennstoffe. Davon nimmt die Vegetation durch Fotosynthese 3,4 Gigatonnen auf, die Ozeane weitere 2,4 Gigatonnen. Übrig bleiben gut fünf Gigatonnen Kohlenstoff, die sich Jahr für Jahr in der Atmosphäre anreichern.

Infos zur Studie unter www.nature.com/articles/s41586-021-03629-6

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