Der Sachverständigenrat der Bundesregierung hat einen Plan vorgestellt, wie die Windkraft in Deutschland massiv ausgebaut werden kann.

Der Sachverständigenrat der Bundesregierung bemängelt die Stockung des Ausbaus der Windkraft in Deutschland und legt einen detaillierten Plan vor, wie man auf die erforderlichen 71 Gigawatt Leistung bis zum Jahr 2030 erreichen kann. Deutschlandweit lag der Anteil der Fläche, die rechtswirksam für die Windener­gie ausgewiesen war, bei höchstens 0,85 Prozent. Für eine mensch- und naturverträgliche Nutzung der Windkraft kommen der Stellungnahme des Sachverständigenrats zufolge jedoch bis zu 3,8 Prozent der deutschen Landesfläche infrage.

Mitte Januar 2022 stellte der neue Bundeswirtschafts- und -klimaminister Robert Habeck ein Klimaschutz-Sofortprogramm vor. Geplant ist darin unter anderem, dass jedes Bundesland zwei Prozent seiner Fläche für den Ausbau von Windenergie bereitstellt und nutzt. Auch im Koalitionsvertrag ist das festgeschrieben. Dieses Ziel bewerten die Sachverständigen in ihrem Bericht als sinnvoll und machbar. In einigen Bundesländern, etwa in Brandenburg, Hessen oder Rheinland­-Pfalz, sind die zwei Prozent politisch bereits verankert. Doch gerade in den Bundesländern, in denen bislang ein geringer Teil der Fläche für die Windenergienutzung ausgewiesen ist, fehlen verbindliche Zielvorgaben, die zumindest in die Richtung der zwei Prozent weisen. In Bayern betrug der Anteil der ausgewiesenen Fläche 2019 nur 0,1 Prozent der Landesfläche.

Als scheinbare Kleinigkeiten, deren Effekte in der Summe erheblich sind, beschreiben die Wissenschaftler die Umwidmung von Flächen, die schon heute weder attraktive Wohngegenden noch schützenswerte Naturgebiete darstellen: Darunter fallen Gewerbeflächen, aber auch Konversionsflächen – Flächen, die weiter durch ihre ehemalige Nutzung geprägt sind. Ein Beispiel sind frühere Deponien, ein anderes sind ehemalige Truppenübungsplätze. Auch die Flächen neben Autobahnen oder Bundes- und Landesstraßen sollten dem Bericht nach für den Bau von Windenergieanlagen geöffnet werden.

Deutlich kontroverser dürfte ein weiterer Vorschlag von den Bundesländern aufgenommen werden: Die Experten fordern, die sogenannte Länderöffnungsklausel im Paragraf 249 des Baugesetzbuches ersatzlos zu streichen. Diese Klausel, die 2014 eingeführt wurde, ermöglicht es Ländern, pauschale Regeln für Mindestabstände von Wohnanlagen zu Windrädern einzuführen. Das führte in Bayern dazu, dass kaum noch Windkrafträder gebaut wurden, weil der Abstand zwischen Windkraft und Wohngebieten bis zu 2 Kilometer betragen muss.

Der Sachverständigenrat schlägt vor, dass sich mehrere Regionen – gegebenenfalls auch länderübergreifend – bei der Konzentrationsflächenplanung zusammenschließen. So könnten sie die Zielvorgaben gemeinsam erreichen, ohne dass jede einzelne Region ihre Zielvorgabe zwingend erreichen müsste.

Auch das Thema Natur- und Artenschutz muss neu bewertet werden. Die Experten fordern zum Beispiel, Wälder nicht pauschal als nutzbare Flächen auszuschließen. Wälder unterschieden sich hinsichtlich ihres ökologischen Werts deutlich. Ein alter, artenreicher Laub- oder Mischwald sei für die ökologische Gemeinschaft der Waldbewohner viel wertvoller als eine Fichten-Monokultur. Wälder, die eine hohe Zahl an Arten beheimaten, sollten für die Windenergienutzung tabu sein.

Der vielleicht größte Hebel, um regional für mehr Akzeptanz der Windkraftanlagen zu sorgen, dürfte aber einmal mehr das Geld sein. Auch dazu machen die Sachverständigen einen Vorschlag. Wenn Gemeinden mit den Einnahmen aus Windkraftanlagen Kindergärten, Schwimmbäder und Theater finanzieren könnten, steige der Nutzen für die Allgemeinheit. Wenn Verbraucher in der Nachbar­schaft von Windkraft dazu noch vergünstigte Stromtarife bekämen, dann wäre allen geholfen.

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