Deutschland will schon bis 2035 einhundert Prozent Ökostrom produzieren.

Deutschland will sich schon bis 2035 ausschließlich mit Ökostrom aus erneuerbaren Energien versorgen. Bis 2030 soll der Anteil von Wind- oder Solarstrom 80 Prozent erreichen. Die entsprechende Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) ist fertig. Das EEG soll im beschleunigten Verfahren durch das Parlament gebracht werden, so dass es noch vor Juli in Kraft treten kann.

Damit reagiert die Bundesregierung auf die Abhängigkeit von russischen Gas- und Öllieferungen, aus der man sich so schnell wie möglich befreien möchte. Dem Willen der Bundesregierung zufolge soll sich bis 2030 die Leistung von Windenergie an Land auf bis zu 110 Gigawatt verdoppeln. Auf hoher See soll die Windenergie bis 2030 eine Leistung von 30 Gigawatt erreichen, was rechnerisch der Kapazität von zehn Atomkraftwerken entspricht. Die Solarenergie soll sich auf 200 Gigawatt mehr als verdreifachen. Um den Ausbau zum Ökostrom auch schnell umsetzen zu können, soll gesetzlich verankert werden, dass der Ausbau im „überragenden öffentlichen Interesse ist und der öffentlichen Sicherheit dient“.

Auch die Solar-Fördersätze für Hausdächer sollen erhöht werden. Zudem sollen die Fördersätze – anders als derzeit – für neue Anlagen auch bei starkem Ausbau nicht mehr stark sinken. Bisher fielen die garantierten Abnahmepreise für Betreiber neuer Anlagen schneller, wenn über den geplanten Zahlen zugebaut wurde. Zudem sollen angesichts der hohen Strompreise Extra-Gewinne der Betreiber großer neuer Solaranlagen über sogenannte Differenzverträge abgeschöpft werden. Angesichts zuletzt sehr hoher Strompreise verlieren die garantierten Abnahmepreise für Investoren an Bedeutung, da sie ihren Strom direkt zu noch höheren Tarifen abgeben können.

Für die Stromverbraucher hat die Regierung zudem ein Gesetz auf den Weg gebracht, damit der Wegfall der EEG-Umlage auf den Strompreis, mit der die Erneuerbaren-Förderung bezahlt wurde, auch beim Kunden ankommt. Ab Juli wird die Umlage direkt aus dem Bundeshaushalt finanziert. Ein Durchschnittshaushalt wird so um etwa 150 Euro im Jahr entlastet, wenn die Versorger dies vollständig weitergeben.

Wegen des Ukraine-Kriegs bereitet sich die Bundesregierung auch auf einen völligen Stopp russischer Lieferungen von Gas oder Öl vor. Sie schließt daher auch einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke über das geplante Ende in diesem Jahr hinaus nicht völlig aus, wenn er auch als unwahrscheinlich gilt. Auch das angepeilte Datum des Kohleausstiegs 2030 stellt die Bundesregierung angesichts der Entwicklung infrage.

Aber ist dieses hohe Ziel überhaupt zu schaffen? Der Anteil erneuerbarer Energien am Brutto-Stromverbrauch in Deutschland betrug im Jahr 2021 42 Prozent. Um das 80 Prozent-Ziel bei Ökostrom im Jahr 2030 zu erreichen, muss somit mindestens der gleiche Zuwachs wie in den letzten zwei Dekaden realisiert werden, also fast 40 Prozentpunkte – dies aber in weniger als der Hälfte der Zeit. Das Ausbautempo muss sich also mehr als verdoppeln. Erforderlich sei neben der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und der vermehrten Ausschreibung zusätzlicher Flächen auch ein schnellerer Ausbau der Stromnetze, erklärte die Bundesregierung.

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