Langfristig können Extremwetter-Ereignisse Sandstrände vor dem Anstieg des Meeresspiegels schützen.

von Oliver Bartsch

Bisher war man in der Wissenschaft der Meinung, dass der durch den Klimawandel verursachte globale Meeresspiegelanstieg bis zum Ende dieses Jahrhunderts voraussichtlich zu einem starken Rückgang oder Verlust von fast der Hälfte der Sandstrände der Welt führen würde. Neue Studien zeigen jedoch, dass viele Faktoren dabei nicht berücksichtigt wurden. Zu diesen Faktoren gehört auch das Vorhandensein von Sand, der in tieferen Bereichen unmittelbar vor der Küste gelagert ist – und sein Potenzial, bei extremen Wetterereignissen mobilisiert zu werden.

Die Forscher der Universität von Plymouth zeigen anhand von drei Beispielen auf, dass die Naturgewalten zu einem erheblichen Nettogewinn an Material führen können, indem sie Sand aus der Tiefe herbeischaffen. Dieser Effekt sollte nun bei Einschätzungen zur Entwicklung der Küsten im Rahmen des Klimawandels berücksichtigt werden, sagen die Wissenschaftler.

Sie haben dazu drei sandige Küstenabschnitte in Australien, dem Vereinigten Königreich und Mexiko untersucht. Jeder dieser Bereiche war im Untersuchungszeitraum einer Abfolge von extremen Stürmen ausgesetzt, gefolgt von einer milderen Erholungsphase für die Strände. Zum ersten Mal haben die Forscher sich aber nicht nur über dem Wasser umgesehen, wo die Auswirkungen extremer Stürme leicht zu erkennen sind, sondern auch tief unter dem Wasser. Die Informationen lieferten dabei unter anderem Untersuchungen durch Lidar-Scanner, die mithilfe von Lasermessungen verborgene Strukturen im Wasser aufzeigen. So konnten die Forscher vor und nach den Sturmereignissen die Veränderungen an den Materialansammlungen im Strandsystem erfassen und vergleichen.

Wie das Forscher-Team berichtet, ging aus den Ergebnissen hervor, dass die Stürme in allen drei Fällen zwar einerseits sichtbare Verluste im sichtbaren Bereich des Strandes und den Dünen verursacht haben. Doch dafür gab es einen überproportional großen Ausgleich im Unterwasserbereich des Strandes durch Ablagerungen mobilisierten Materials. Diese zusätzlichen Mengen entsprechen dem Material, das typischerweise bei Schutzmaßnahmen eingesetzt wird, um Sandstrände künstlich aufzuschütten.

Den Wissenschaftlern zufolge verändert dies die Sicht auf die Rolle von extremen Stürmen. Denn die durch sie verursachten Sedimentzuwächse könnten an einigen Sandstränden demnach ausreichen, um Jahrzehnte des prognostizierten Rückgangs der Küstenlinie auszugleichen. Diese Effekte der starken Stürme sollten deshalb nun auch bei langfristigen Projektionen von Sedimentbewegungen an Stränden berücksichtigt werden. Den Forschern wird allerdings auch deutlich, dass sie Strand für Strand untersuchen müssen, um zu verstehen, wie sich sandige Küsten bei einem weiteren Anstieg des globalen Meeresspiegels verändern werden.

Infos unter www.nature.com/articles/s43247-022-00437-2

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