„Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden, es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun“ (Goethe)

Sekundäre Pflanzenstoffe (SPS) geben Obst und Gemüse die Farbe, den Duft und das Aroma und übernehmen vor allem verschiedene Schutzfunktionen. Sie sind z.B. Wachstumsregulatoren und Abwehrstoffe gegen Schädlinge und Krankheiten oder schirmen UV-Strahlung ab.

So dienen Sekundäre Pflanzenstoffe in erster Linie der Pflanze. Sie produziert diese Stoffe nicht in ihrem primären Stoffwechsel, sondern in ihrem sekundären, der nicht direkt dem Wachstum der Pflanze dient. Anders als Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett haben Sekundäre Pflanzenstoffe auch keine nährende Funktion für den Menschen. Sie sind auch nicht unbedingt „lebensnotwendig“ wie die Vitamine und Mineralstoffe. Vielmehr wirken sie ähnlich wie Arzneimittel. Schon kleinste Mengen können im Körper bedeutende Wirkungen entfalten. Ein hoher Verzehr von Obst und Gemüse und die damit verbundene gute Versorgung mit SPS haben gezeigt, dass Zivilisationskrankheiten zurückgedrängt werden können. Krebs, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Darmerkrankungen, Nervenleiden treten bei Personen mit einem hohen Anteil an pflanzlicher Kost wesentlich seltener auf. Wie viel Sekundäre Pflanzenstoffe eine Obst- oder Gemüseart enthält, hängt von der jeweiligen Sorte, der Bodenbeschaffenheit, dem Klima und der Anbaumethode ab. Der SPS-Gehalt ist in den Randschichten des Gemüses am höchsten. Pflanzliche Lebensmittel enthalten in geringen Dosen zwischen 5000 und 10.000 verschiedene Sekundäre Pflanzenstoffe. Im Normalfall nehmen wir etwa 1,5 g dieser Stoffe auf – Vegetarier noch wesentlich mehr. Zahlreiche Untersuchungen weisen darauf hin, dass Sekundäre Pflanzenstoffe gesundheitsfördernde Wirkungen haben. Sie tragen dazu bei,

  1. das Krebsrisiko zu senken (antikanzerogene Wirkung).
  2. die Bildung freier Radikaler oder anderer schädigender Moleküle zu hemmen (antioxidative Wirkung).
  3. das Immunsystem zu stärken (immunmodulatorische Wirkung).
  4. vor Infektionen mit Pilzen, Bakterien und Viren zu schützen (antimikrobielle Wirkung)
  5. den Cholesterinspiegel zu senken (lipidsenkende Wirkung)

Beim Schutz vor Krebs haben die Forscher vor allem zwei Mechanismen ausfindig gemacht:

Beim sogenannten „Blocking“ verhindern die Sekundären Pflanzenstoffe die Bildung der krebsauslösenden Substanz im menschlichen Organismus. Beim „Suppressing“ (Unterdrücken) hemmen die SPS unnatürliche Zellteilungen im Körper. Diese Wirkung wurde an Limonen erforscht, an einem SPS, der auch in allen anderen Zitrusfrüchten vorkommt. Damit ist auch erklärt, warum die Bewohner der Mittelmeerländer viel seltener an Magen-, Darm- und Lungenkrebs leiden. Mediziner und Ernährungswissenschaftler empfehlen deshalb, jeden Tag fünf Portionen Obst und Gemüse zu verzehren. Als Portion gilt dabei ein Apfel oder der Salat zum Essen genauso wie die Tomatensoße zu den Spaghetti. Das Risiko an Krebs zu erkranken sinkt dann bis zu 50 Prozent.

Phytotherapie: Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkungen

Carotinoide sind gelb bis rot gefärbte, pflanzliche, fettlösliche Farbstoffe, die besonders in Karotten, Aprikosen und Tomaten vorkommen. Je höher der Fettgehalt der Nahrung, desto besser können sie verwertet werden. So wird Beta-Carotin aus Saft vom Körper besser aufgenommen als aus rohen Karotten. Gleiches gilt für das Lycopin aus der Tomate. Polyphenole kommen überwiegend in den Randschichten von Obst, Gemüse und Vollkorngetreide vor. Zu den Polyphenolen gehören zum Beispiel die im grünen Tee, im Rotwein oder in Olivenblättern enthaltenen wirksamen Substanzen, die so genannten Flavonoide.
Sie zählen zu den besonders wirksamen Radikalenfängern. Ihre antioxidative Wirkung kommt u.a. der Vorbeugung von Krebs zugute. In Pflanzen aus Freilandanbau ist der Gehalt höher als in Gewächshauspflanzen. Auch Rotwein wird auf Grund der in ihm enthaltenen Polyphenole seit geraumer Zeit eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Insbesondere der Stoff EGCG (Epigallo- catechin-3-gallat) im Grüntee wirkt der Entstehung von Krebserkrankungen der Speiseröhre und verschiedener anderer Organe entgegen und besitzt eine herzprotektive Wirkung.
Phytoöstrogene sind in ihrer Struktur dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ähnlich. Zu den wichtigsten Vertretern zählen die Isoflavonoide und Lingnane. Sie kommen in Sojabohnen, Vollkornprodukten und Leinsamen vor. Da die Struktur und Form der Östrogene und Phytoöstrogene fast identisch sind, passen die Phytoöstrogene perfekt auf die Östrogenrezeptoren. Die spezifische Wirkung des Geschlechtshormons Östrogen bleibt jedoch aus und der Rezeptor ist blockiert. Somit verhindern die Phyto-östrogene die Versorgung von Tumoren mit Hormonen. Daraus wird gefolgert, dass das Wachstum hormonabhängiger Krebsarten wie Brust-, Ovarial-, Gebärmutterhals- und Prostatakrebs gehemmt wird. Obwohl Phytoöstrogene nur ein Tausendstel der typischen Hormonwirkung haben, sind sie in der Lage, Beschwerden, die durch einen niedrigen Hormonspiegel entstehen, zu hemmen. Deshalb helfen Phytoöstrogene auch Wechseljahrsbeschwerden zu lindern.
Generell ist es wichtig, möglichst viele verschiedene Gemüse- und Obstsorten der Saison in die tägliche Ernährung einzuführen, denn die SPS bilden sich erst am Ende der Reifezeit. Roh geerntetes und dann nachgereiftes Obst enthält nur einen Bruchteil der Sekundären Pflanzenstoffe.

Tipps für die Praxis:

  • Möglichst fünf Portionen verschiedener Gemüse- und Obstsorten pro Tag verzehren
  • Empfohlen werden 500 g pro Tag in Form von Rohkost, Säften, Gemüse
  • Wieder mehr Kohlprodukte und Hülsen- früchte auf den Speiseplan bringen
  • Häufiger Vollkornprodukte verwenden
  • Reife Saisonware aus der Region bevorzugen
  • Obst und Gemüse nicht zu lange waschen, zum Schutz der wertvollen Inhaltsstoffe erst direkt vor der Verarbeitung zerkleinern
  • Schonend garen, nicht warm halten, sondern schnell abkühlen und bei Bedarf wieder kurz erhitzen

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