Veränderung bedarf keiner Mehrheit, sondern einer kritischen Masse

Das Weltklima verändert sich dramatisch. Jeden Tag sterben 120 Tier- und Pflanzenarten aus. 24.000 Menschen sterben auch heute wieder den Hungertod, 4000 an kontaminiertem Wasser. Während Sie diesen Absatz lesen, infizieren sich zwei Personen mit HIV und ein Kind erblindet wegen  Vitamin A-Mangels. Diese Liste ließe sich problemlos verlängern. Zum Beispiel um Schlagworte wie Arbeitslosigkeit, Lohndumping und Sozialabbau. Gibt es auch positive Entwicklungen?

Da kann man eh´ nichts dran ändern!“ und „Die da oben machen doch was sie wollen!“ – diese beiden Sätze haben die Mitglieder der Humanwirtschaftspartei immer wieder zu hören bekommen, während sie in den vergangenen Wochen die Unterstützungsunterschriften für die Wahl zum Abgeordnetenhaus sammelten. Nicht nur bei den sozial Schwächeren herrscht eine Mischung aus Ohnmacht und Wut vor. Das Vertrauen in die Gestaltungskraft der Politik und die Aufrichtigkeit der Politiker tendiert auch bei besser situierten Bürgerinnen und Bürgern gegen Null. Das Problembewusstsein ist hoch entwickelt – doch für die meisten ist keine Alternative in Sicht.

Welche positiven Entwicklungen sind erkennbar?

Vielleicht sollten wir uns zunächst einmal daran erinnern, dass im Chinesischen das Zeichen für „Krise“ identisch ist mit dem Zeichen für „Chance“. Und je größer eine Krise ist, desto größer ist auch die Chance, die sie in sich birgt. Diese Erkenntnis sollten wir kombinieren mit der Gewissheit: „Das Einzige, was beständig ist, ist der Wandel.“ Wenn wir dann noch die Tatsache hinzunehmen, dass die technische Infrastruktur moderner Gesellschaften – Internet – die Unterdrückung „unliebsamer Ideen“ durch herrschende Machtstrukturen stark erschwert, haben wir bereits den ersten Silberstreif der Hoffnung am Horizont.
Jetzt fehlt eigentlich nur noch eine gute „unliebsame Idee“, eine „realistische Utopie“, die so viel Charme (Zauber) hat, dass sie uns zum Handeln zu motivieren vermag. Wenn wir über die Probleme nachdenken, die im ersten Absatz erwähnt wurden, werden wir feststellen, dass alle einen gemeinsamen Nenner haben: Geld – bzw. das Fehlen von Geld.
Bernard A. Lietaer, Universitätsprofessor für internationales Finanzwesen, zeigt in seinen beiden Büchern „Das Geld der Zukunft“ und „Mysterium Geld“, worin der Fehler in unserem gegenwärtigen Geldsystem besteht und wie er zu beheben wäre. Anhand von Beispielen aus der Geschichte belegt Lietaer, dass Währungssysteme, die mit einer „Anti-Hortungs-Gebühr“ versehen sind, regelmäßig zu nachhaltigem Wohlstand bei der breiten Masse der Bevölkerung geführt haben. Diese Währungen wurden jedoch immer nur dort verwendet, wo der „Großen Mutter“ eine wichtige Rolle zugemessen wurde.

Lietaer erweitert das von C. G. Jung entwickelte Modell der grundlegenden Archetypen (kollektives Unterbewusstsein) um den Archetyp der „Großen Mutter“, welche über die Jahrtausende hinweg in zahlreichen Kulturen in Form einer mit üppigen Brüsten versehenen weiblichen Gottheit verehrt wurde – und gelangt zu verblüffenden Ergebnissen. Drei Themenfelder sind eng mit der „Großen Mutter“ verknüpft: Sex, Tod und Geld. Alle drei sind bis auf den heutigen Tag in westlichen Gesellschaften weitgehend tabuisiert. Und die „Schatten“ des Archetyps der „Großen Mutter“, die immer dann zu Tage treten, wenn der Archetyp selbst unterdrückt wird, heißen: Knappheit und Gier! Diese Schatten beherrschen uns seit nunmehr über 500 Jahren (Hexenverfolgung) und werden es tun, solange wir die weibliche Energie in unserer Gesellschaft unterdrücken.
Die gute Nachricht ist, dass mittlerweile in vielen Ländern über 50 Prozent der Bevölkerung glauben, dass es ihrem Land mit einem höheren Frauenanteil in der Politik besser ginge. Dazu gehören nicht nur die USA, Kanada und Westeuropa, sondern auch Länder wie Thailand, Indien und Kolumbien.

Die nächste gute Nachricht ist, dass der Anteil der „kulturell Kreativen“ (zu Innovation fähige Gruppe von Menschen, Anm. d. Red.) in den westlichen Gesellschaften permanent zunimmt. Diesen Begriff prägte der Amerikaner Paul Ray, der im Jahr 1995 eine Umfrage zum Wertewandel in den USA durchführte: „Mit der Entstehung der kulturell Kreativen ist die Heilung alter Risse verbunden: zwischen Innerem und Äußerem, Spirituellem und Materiellem, dem Einzelnen und der Gesellschaft.“ Ein Anzeichen für den wachsenden Einfluss dieser Gruppe sind u. a. die über 2500 komplementären Währungssysteme, die in den vergangenen Jahren weltweit initiiert wurden – wie z. B. der „Berliner“.
Um Hoffnungslosigkeit und Resignation hinter sich zu lassen, sind drei Dinge wichtig:
1. Erkennen, dass Geld von Menschen gemacht ist und der Fehler im Geldsystem daher geändert werden kann.
2. Wissen, dass die Veränderung keiner Mehrheit bedarf, sondern lediglich einer kritischen Masse von circa sieben Prozent der Bevölkerung.
3. Organisieren des Wandels.

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