Glück ist ein Phänomen, den schon vor Jahrtausenden Philosophen zu erklären versuchten. Mittlerweile versuchen Wissenschaftler jeder Richtung das Geheimnis des Glücks zu entschlüsseln. Hier einige Annäherungen an das wichtigste Thema der Menschheit.

Was ist (für dich) Glück? Menschen wie du und ich geben darauf die unterschiedlichsten Antworten: Gesundheit, die glückliche Ehe, der Lottogewinn, eine allgemeine Zufriedenheit, Sex, Geld, die Abwesenheit von Unglück – die Liste ist heterogen und unendlich. Das liegt wohl daran, dass in der deutschen Sprache die Bedeutung des Wortes „Glück“ variantenreicher ist als man vielleicht denkt („Glück haben“, „Glück empfinden“), und dass „Glück“ ein abstrakter und damit sehr interpretierbarer Begriff ist. Auch die Wissenschaften geben verschiedene Antworten: Die Mediziner beschreiben Glück durch bestimmte Transmitter. Die Psychologen versichern, dass Glück subjektiv und von äußeren Umständen ganz unabhängig ist, und schlagen vor, den Begriff „Glück“ durch „subjektives Wohlbefinden“ zu ersetzen. Die Philosophen beginnen, die einzelnen Glücksphilosophien voneinander abzugrenzen oder ihre bevorzugten vorzustellen, oder sie verweigern eine Stellungnahme, wenn sie zu den modernen Philosophen zählen. SprachwissenschaftlerInnen werden anmerken, dass „Glück“ von „Gelucke“ bzw. „Gelücke“ stammt, also vom Verb „gelingen“, und vielleicht ergänzen, dass die Anglisten es einfacher haben durch die Verwendung der unterschiedlichen Wörter „luck“, „pleasure“ und „happiness“. Was ist es also, das Glück?

Wenig hilfreich: die Philosophie

„Der Eudämonismus ist eine Ethik, die Glückseligkeit als Ziel und Motiv allen Strebens betrachtet. Häufig ist er mit einem Hedonismus verbunden. Auch der Utilitarismus kann dem Eudämonismus zugerechnet werden“ – vielen Glückssuchern helfen solche Aussagen trotz einer Jahrtausende alten Philosophie des Glücks vermutlich nicht weiter; außerdem stehen viele philosophische Glückstheorien zueinander in Widerspruch. Um Ordnung ins Chaos und Licht ins Dunkel zu bringen, muss man verstehen, dass die alten Philosophen aufgrund verschiedener Menschenbilder unterschiedliche Glücksdefinitionen hatten, zum Beispiel bei Aristoteles („Glück ist Tugend und Tüchtigkeit“), Hobbes („Glück heißt den Begierden folgen“), Hume („Glück ist, was allen nützt“) oder Augustinus („Glück ist Gott haben und Dasein für den Mitmenschen“).
Und was sagen Religionen oder auch die christlichen Kirchen zum „Glück“? Erster Versuch: „Glücklich ist, wer Freude hat am Gesetz des Herrn und darüber nachdenkt – Tag und Nacht“ (Psalm 1, 2). Nächster Versuch: Der evangelische Pastor Ulrich Rüß weist darauf hin, das Leben vor dem Tod sei nicht dazu da, glücklich zu sein. Und: „Glück ist eine Gnade und keine Sache, auf die man ein Recht haben kann.“ Es wundert nicht, dass der Dalai Lama in aller Munde ist, der sagt: „Der Zweck unserer Existenz ist Glücklichsein“ und in seinen Bestsellern dazu Anleitungen gibt. Ob sich allerdings östliche Glücksmethoden in westlichen Kulturen erfolgreich anwenden lassen, muss jeder für sich selbst herausfinden.

Glückserzeugend: Kreativität und Aktivität

Weg vom Glauben, hin zu den harten Fakten, welche die Sozialwissenschaften bieten. Durch Befragung und Beobachtung von Menschen werden Glückssituationen und -verhaltensweisen gefunden, die vielen gemeinsam sind. Dabei zeigt sich: Glückliche Menschen sind kreativ, neugierig, warten nicht auf das große Glück, sondern fühlen sich bei vielen kleinen Anlässen wohl; sie investieren in ihre sozialen Beziehungen, sind Realisten bezüglich ihrer Ziele und eher extravertiert und optimistisch. Typische Glückssituationen ergeben sich beim Essen, Reden, bei Geselligkeit, Hobbies, bei Sex und Sport, während sie bei Hausarbeit oder Fernsehen meistens ausbleiben. Ebenfalls zeigt sich: Glück ist nicht oder wenig assoziiert mit Geld, Reichtum, Intelligenz oder körperlicher Schönheit. Auch Gesundheit oder Krankheit spielen keine entscheidende Rolle.
Kein Glück ohne Unglück. Oder doch? Klar ist, dass kein Glück auf Dauer angelegt ist. Verschiedene Mechanismen sorgen dafür, dass es uns nicht zu lange zu gut geht. Unglück und Glück haben jedoch nur wenig miteinander zu tun, sind weder das Gegenteil voneinander, noch auf einem Kontinuum. Wir können gleichzeitig glücklich und unglücklich sein, und wenn wir uns nicht mehr unglücklich fühlen, sind wir dadurch nicht automatisch glücklich. Seltsamerweise haben die Psychologen erst in den 90er Jahren damit begonnen, sich im Rahmen der so genannten „Positiven Psychologie“ mit dem Glück auseinanderzusetzen, nachdem sie mehr als ein Jahrhundert lang fast ausschließlich analysierten, was den Menschen unglücklich macht.

Nicht mit Fehlschlägen identifizieren

Zum Beispiel: „Optimismus kann man lernen“. Das behauptet der Optimismus- und Glücksforscher Martin Seligman, nachdem er die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Pessimisten und Optimisten herausgefunden hat. Pessimisten halten die Ursachen für unangenehme Ereignisse, in die sie geraten, für dauerhaft und bleibend, Optimisten dagegen halten die Ursachen für zeitweilig und vorübergehend. Pessimisten übertragen Fehlschläge, die sie in einem bestimmten Bereich hinnehmen müssen, ins Allgemeine, sie generalisieren, während Optimisten durch einen Fehlschlag in einem bestimmten Bereich andere Bereiche ihres Lebens unbeeinflusst sehen. Und schließlich: Pessimisten geben sich selbst die Schuld für Fehlschläge, unangenehme Ereignisse usw. und haben daher eher ein schwaches Selbstwertgefühl. Optimisten suchen die Gründe für Fehlschläge dagegen eher bei anderen Menschen oder den Umständen und haben ein starkes Selbstwertgefühl. Glücklicherweise gibt es Möglichkeiten, pessimistische Denkweisen durch optimistische zu ersetzen. In vielen Veröffentlichungen fällt auf: Das Glück entsteht im Hier und Jetzt und lässt sich wohl am besten erleben, wenn wir ebenfalls im Hier und Jetzt leben. Glücksgefühle zeigen sich bei Meditation und Zen, aber auch im Anschluß an „Flow“, einem Zustand, in dem eine Aufgabe voller Konzentration durchgeführt wird, die Aktivität weder über-, noch unterfordert, bei der Zeit und äußere Umstände keine Rolle spielen und an dessen Ende eine tiefe innere Zufriedenheit steht. Mihaly Csikszentmihalyi, Amerikaner ungarischer Abstammung, ließ weltweit Personen in zufällig ausgewählten Momenten protokollieren, was sie machten und wie sie sich dabei fühlten. Herausgekommen ist, dass zum Beispiel bei Geselligkeit, Reden, Sex, Hobbys-Nachgehen, Sport-Treiben, ins Kino-Gehen, beim Lernen oder auch beim Autofahren ein positives Gefühl berichtet wird, das von Csikszentmihalyi mit dem Begriff „Flow“ bezeichnet wird. In vielen Fällen folgt dem „Flow“-Gefühl nach Beendigung der Aktivität ein Glücksgefühl. Gute Arbeit macht uns häufig glücklich – nicht im Nichtstun liegt das Glück, sondern im Tätigsein.

Glücksquelle: helfen ohne Gegenleistung

Nicht-Erwartetes, Überraschendes findet man bei der Suche nach einer Antwort ebenfalls: Wir sind glücklich, wenn wir glücklich sein wollen. Soziales Engagement und das Erbringen von Leistungen ohne Gegenleistung sind immer wieder Glücksquellen. Und schließlich: Wir überschätzen häufig unsere Glücksgefühle, die wir in der Zukunft erwarten, zum Beispiel wenn wir uns Dinge kaufen, die wir uns sehr gewünscht haben.
Was also macht das Glück aus? Zusammenfassend kann man sagen: „Genieße den Augenblick. Beziehungen zu anderen Menschen haben oberste Priorität. Konzentriere dich auf das Wesentliche. Fordere dich in Arbeit und Freizeit. Tue so, als ob du glücklich wärst (und du wirst es sein). Und übe dich in Gelassenheit.“ Konkretere Glücksrezepte gibt es nicht, jeder Mensch ist anders und daher ganz individuell seines eigenen Glückes Schmied. Jeder muss sich selbst entscheiden, was er oder sie aus seinem Leben macht. „Machen“, aktiv das Leben gestalten – das ist allerdings wohl das Zauberwort, an dem vieles hängt.

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