Ja, es gibt sie, die schmerzfreie Geburt! Es ist möglich, sein Baby selbstbestimmt, entspannt und sanft zur Welt zu bringen. Mit der Technik einer einfachen und sicheren Selbst-Hypnose können Frauen die Angst vor der Geburt überwinden und die Geburt ihres Babys in Frieden und Ruhe erleben – ganz gleich, was um sie herum geschieht.

Von Kristin Graf

 

Wer sich mit dem Thema Geburt beschäftigt, merkt schnell, dass Geburt und Schmerz in unserer Vorstellung stark miteinander verknüpft sind. Und das ist auch nicht verwunderlich, wenn wir uns Geburten in Spielfilmen anschauen und Geburtsberichte lesen oder hören. Schon in der Bibel heißt es, dass Frauen unter Schmerzen ihre Kinder bekommen sollen, wobei das hebräische Wort “etzev” auch mit “Arbeit” oder “Anstrengung” übersetzt werden könnte.

Es scheint also ein ungeschriebenes Gesetz zu sein: Geburt tut weh. Und selbst Hebammen und Ärzte, die viele Geburten begleiten, sind oft fest davon überzeugt, dass sich Schmerzen unter der Geburt nicht vermeiden lassen. Das geht so weit, dass die meisten Schwangeren große Schwierigkeiten haben, allein den Gedanken zuzulassen, dass eine natürliche Geburt schmerzfrei sein kann. Und hier ist auch schon eine der Ursachen zu finden, warum die meisten Geburten tatsächlich schmerzhaft verlaufen.

Die Kraft unseres Unbewussten

Hirnforscher gehen davon aus, dass 90 bis 98 Prozent unseres Denkens, Fühlens und Handelns maßgeblich von unserem Unbewussten geprägt sind. Und ein kollektiver Glaube an eine vermeintliche Tatsache prägt und formt unser Unbewusstes besonders intensiv. So auch die Aussagen von Fachleuten, in diesem Fall also Ärzten und Hebammen. Sie werden von unserem Unbewussten als besonders vertrauenswürdig auf- und gerne auch gleich übernommen. Hebammen, die selbst noch nicht Zeugen einer sanften und schmerzfreien Geburt waren, tragen leider manchmal ohne böse Absicht dazu bei, dass Frauen unter der Geburt tatsächlich Schmerzen haben.

Dies geschieht durch Aussagen wie: “Machen wir uns nichts vor, Geburt tut weh” oder: “Ich zeige euch jetzt noch diese Technik, wie ihr besser mit den Schmerzen umgehen könnt”. Der Grund, warum wir solchen Aussagen glauben, ist unter anderem, dass unser Unbewusstes hier nicht filtert, was uns gut tut oder nicht, es nimmt einfach Informationen an, die unser Bewusstes als ”wahr” einstuft, und setzt diese “Wahrheiten” dann um. Unserem Unbewussten ist es also am wichtigsten, dass wir Recht behalten – und nicht, dass wir eine schönere oder bessere Erfahrung machen. Bei 90 bis 98 Prozent Einfluss unseres Unbewussten auf unsere Erfahrungen ist es aber offensichtlich, wie entscheidend es für den Verlauf einer Geburt ist, woran wir unbewusst glauben.

Die Verbindung von Angst und Schmerz

Was geschieht nun im Körper einer Schwangeren, wenn sie damit rechnet, unter der Geburt starke Schmerzen zu erfahren? In den meisten Fällen entsteht dadurch Angst. Wenn wir Angst haben, reagiert unser Hirnstamm, der älteste Teil unseres Gehirns. Als sich der Hirnstamm des Menschen vor Millionen von Jahren entwickelte, gab es jede Menge reale äußere Gefahren, die plötzlich auftreten konnten, wie beispielsweise ein angreifendes Tier. Der Hirnstamm ist darum in der Lage, eine blitzschnelle Reaktion hervorzurufen. Der Körper stellt sich auf Flucht oder Verteidigung ein und reagiert sofort: Viel Blut wird in die Teile unseres Körpers gepumpt, die wir für eine Flucht oder Verteidigung benötigen, und das sind vor allem Herz, Beine und Arme. Die Gebärmutter gehört nicht dazu, und so wird hier das Blut abgezogen. Die Arterien, die zur Gebärmutter führen, verengen sich, so dass sie nur noch schlecht durchblutet wird. Unser Körper wäre so nun in der Lage, die gebärende Frau in Sicherheit zu bringen, weil der Geburtsvorgang blockiert wird.

Manchmal kommt es auch heute noch bei der Geburt zu einem Geburtsstillstand – wenn die Geburt rein körperlich noch aufzuhalten ist –, damit die verängstigte Frau „fliehen“ kann. Da ihre Angst heute aber nicht durch ein wildes Tier ausgelöst wurde, sondern durch Angst vor Schmerzen, ist dieser Mechanismus leider nicht hilfreich. Denn wenn die Geburt irgendwann nicht mehr aufzuhalten ist, sind die Arterien trotzdem noch immer durch die Angst verengt. Die Ringmuskeln um den Muttermund sind dann fast gar nicht mehr durchblutet und das Baby wird nun mit Gewalt durch die harten Muskeln des Muttermundes gedrückt. Dies verursacht zum Teil sehr starke Schmerzen.

Ohne Angst kann dieser Körpervorgang hingegen ganz anders verlaufen. Das Gewebe ist gut durchblutet und öffnet sich durch ein perfektes Zusammenspiel der unterschiedlichen Muskelschichten der Gebärmutter geschmeidig und in einem natürlichen Rhythmus.

Das Orchester der Hormone

Viele unterschiedliche Hormone tragen ihren Teil dazu bei, Mutter und Kind unter der Geburt ideal zu unterstützen. Besonders interessant sind hier Stresshormone (Katecholamine) und Glückshormone (Endorphine), denn sie bedingen sich gegenseitig, wirken aufeinander ein. Wenn der Anteil der Stresshormone im Blut sinkt, steigen automatisch die Endorphine an und umgekehrt. Endorphine sind unser körpereigenes Schmerzmittel. Es hat eine sehr starke Wirkung und wirkt ähnlich wie Morphium. Das kann man auch schon an dem Wort selbst erkennen, denn “Endorphin” setzt sich zusammen aus „endogenes Morphin”, es ist ein vom Körper selbst produziertes Opioid.

Sanft gebären: Was Schwangere aktiv für eine schmerzfreie Geburt tun können

Die Entdeckung, dass Meditation, Trance oder ein hypnotischer Zustand das Ausschütten von Glückshormonen veranlassen, zeigt uns, was wir aktiv für eine schmerzfreie oder schmerzarme Geburt tun können. Denn jedes Mal, wenn wir bewusst in eine tiefe Entspannung gehen, schüttet unser Körper mehr und mehr Endorphine aus. Wir können uns also konditionieren, indem wir in der Schwangerschaft täglich in einen tiefenentspannten Zustand gehen.

Auch das Baby wird dadurch konditioniert, denn es spürt die Entspannung der Mutter und wird über die Plazenta ebenfalls mit Endorphinen versorgt und fühlt sich dadurch glücklich. Wenn das Baby nun zu Beginn der Geburt merkt, dass seine Mutter wieder in den Entspannungszustand geht, den es ja bereits kennt, entspannt es sich und seine Muskeln augenblicklich und sein Körper kann sich so viel leichter durch das Becken der Mutter bewegen und seinen Weg ins Leben finden.

Täglich zu üben, in eine tiefe Entspannung zu gehen, ist aber auch aus anderen Gründen wichtig. Eine Geburt ist ein für Mutter und Kind weltbewegendes Ereignis und erfordert höchste Konzentration. Vergleichen kann man es mit einem Hochleistungssportler, der sich auf den Wettkampf auch mental vorbereitet, um sich voll konzentrieren und fokussieren zu können, wenn es darauf ankommt. Bei einer Geburt mit (Selbst-) Hypnose ist es sogar für die Geburtsbegleiter oft schwer zu erkennen, wie es der Gebärenden gerade geht.

Häufig wirken die Frauen so entspannt und ruhig, dass es für Außenstehende nicht sichtbar ist, dass sie sich gerade mitten im Geburtsprozess befinden. Innerlich sieht es für die Frau hingegen ganz anders aus: Sie atmet tief und langsam in den Bauch, konzentriert sich absolut auf die Entspannung und visualisiert gleichzeitig die Öffnung des Muttermundes. Alle willkürlichen Muskeln entspannt sie aktiv, und die Gebärmuttermuskulatur spannt und entspannt sich unwillkürlich in einem natürlichen, kraftvollen Rhythmus. Auch die Frauen, die von der wundervollen Erfahrung einer schmerzfreien Geburt berichten, nehmen eine enorme Kraft wahr, einen Druck, eine Dehnung. Der Unterschied ist aber hier, dass der Prozess als befriedigend erfahren wird, als beeindruckend, als beglückend – vor allem haben diese Frauen das Gefühl einer selbstbestimmten Geburt. Die große Kraft, die hier freigesetzt wird, empfinden sie als stärkend, viele Frauen beschreiben es sogar so, dass sie sich diese Kraft zu eigen machen und auch nach der Geburt für sich nutzen können.

Der richtige Geburtsort für eine schmerzfreie Geburt

Eine Hausgeburt ist für eine Geburt in Hypnose eigentlich der ideale Rahmen, weil der natürliche Prozess des Gebärens nicht durch einen Ortswechsel unterbrochen werden muss. Die Schwangere muss also innerhalb des Geburtsprozesses keine “Kopfentscheidung” treffen, die sie aus der Trance bringen kann. Außerdem kann man hier recht einfach für eine ruhige und angenehme Atmosphäre sorgen. Mit der richtigen Vorbereitung ist es aber durchaus möglich, sich im Geburtshaus und sogar auch im Krankenhaus so tief zu entspannen, dass man eine natürliche, friedliche Geburt erleben kann. Das Gefühl der Sicherheit, das viele Schwangere in einem Krankenhaus empfinden, kann hier positiv auf die Geburt wirken und der Frau Ängste nehmen. Jede Frau ist anders, und so ist es wichtig, dass sich die Schwangere den Ort für die Geburt aussucht, an dem sie sich am wohlsten und in den besten Händen fühlt.

Die Vorbereitung

Es ist sehr empfehlenswert, sich bei der Vorbereitung auf eine sanfte, schmerzfreie Geburt an Anbieter zu wenden, die einem nicht nur beibringen, in Hypnose zu gehen, sondern auch eine effektive Geburtsatmung zeigen und das fachliche Hintergrundwissen vermitteln. HypnoBirthing ist der Pionier und Klassiker in diesem Bereich, und doch ist diese Methode nicht für jede Schwangere geeignet. Die Erfahrung zeigt, dass es bei der Geburtsvorbereitung mit Hypnose vor allem auf eine individuelle Betreuung der Schwangeren ankommt, denn jede Geburt und jede Frau ist einzigartig. HypnoBirthing hingegen ist ein eher starres Konzept, das mitunter das Misstrauen gegenüber dem geburtsbegleitenden Krankenhauspersonal fördert und oftmals nicht individuell genug auf die Bedürfnisse der Schwangeren reagieren kann. Aber auch hier lohnt sich der Blick auf die jeweilige Kursleiterin. Entscheidend ist vor allem, dass sich die Schwangere wohl und gut aufgehoben fühlt. Die eigene Intuition ist auch hier der beste Ratgeber.

Für geburtsvorbereitende Hypnose werden je nach Anbieter sowohl wöchentlich stattfindende Kurse angeboten als auch intensive Wochenendseminare, die vor allem für Berufstätige geeignet sind oder auch für Paare, die bereits ein oder mehrere Kinder haben und sich die Zeit nehmen wollen, sich auch auf dieses Baby und seine Geburt positiv einzustimmen.

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