Ganzheitlich spirituelles Erleben der Schwangerschaft

Schwangerschaft und Geburt sind existentielle Erfahrungen: Einerseits gibt es nichts normaleres, natürlicheres – andererseits ist es einfach ein Wunder.

Jede Frau kann das Wunder in sich spüren und merkt, dass grundlegende Wandlungen und wichtige Dinge in ihr und mit ihr vorgehen: Körper und Körperempfinden, Gedanke und Gefühle verändern sich und das Baby wird größer. Beide wachsen zusammen und bereiten sich gemeinsam auf die Geburt vor.

Das Ereignis kann von größerer Tragweite nicht sein; es geht um die Menschwerdung, um das Geborenwerden, die Inkarnation. Grund genug, sich auf allen Ebenen (und mit ausreichend Zeit), mit der eigenen Schwangerschaft zu beschäftigen.

 

Schwangerschaft: Wandel erleben – für die Seele des Kindes öffnen

Gerade der Beginn der Schwangerschaft zeigt die Themen auf, um die es für Mutter und Kind geht. Wir sagen heute, die Schwangere kämpft mit Stimmungsschwankungen – viele Frauen haben das Gefühl, sich selbst nicht mehr wiederzuerkennen. Mit der Schwangerschaft werden ganz andere Bereiche unseres Selbst aktiviert, als diejenigen, die normalerweise unseren Alltag bestimmen. Die Schwangere ist in der Regel viel emotionaler, feinfühliger, offener auch für feinstoffliche oder unbewusste Wahrnehmungen und erlebt immense Veränderungen. Indigene Kulturen haben eine andere Beschreibung hierfür: Die Frau ist der Welt der Geister näher – sprich: Sie öffnet sich für die Seele des Kindes.

Gleichzeitig markieren die Probleme dieser Zeit – die Sorgen und Trauer, die „negativen“, aber auch die angenehmen, manchmal euphorischen Stimmungen – die Themen, die für die Frau auf dem Weg zur Mutterschaft wichtig sind. Wenn eine Frau sich hierauf einlassen kann, kann sie schon in der Frühschwangerschaft die Wandlungskräfte positiv nutzen, um ihre eigene innere Stärke und Führung zu finden, mit der Seele des Babys Kontakt aufzunehmen, an ihren Ängsten zu wachsen, ihre mentalen Bilder von Schwangerschaft und Geburt kennenzulernen, um den psychischen Ballast zu betrachten, den sie mitbringt. Den Fahrplan hierzu geben die Empfindungen der Frau. Als Hilfsmittel und Methoden bieten sich Meditationen an, aber auch Tagebuchschreiben, Seelenschreiben, Klopfakkupressur, Energiearbeit, Auraarbeit, Rituale sowie fast jede andere Technik aus dem „Werkzeugkasten“ der betreffenden Frau oder der begleitenden Person.

 

Beziehung zum Baby aufbauen und stärken

Sobald die werdende Mutter dazu bereit ist, kann Sie eine Beziehung zu dem Kind aufbauen. In einer gesunden Schwangerschaft geschieht das fast automatisch und die Frau spürt sich durch ihre Liebe mit ihrem Baby verbunden. Diese Erfahrung lässt sich für beide Seiten – ebenso für die Väter – vertiefen. In dem Maß, in dem sich die Frau einlassen kann, ihr Baby als Familienmitglied, als neuen Menschen, als Persönlichkeit oder als Seele anzuerkennen und kennenzulernen, wird sie die Erfahrung ihrer Schwangerschaft bereichern. Zudem unterstützt die werdende Mutter damit aktiv das Wohlbefinden und den Wachstumsprozess ihres Babys. Die vorhandene Beziehung mildert meist Schwangerschaftsbeschwerden und Ängste bei der Mutter und legt ein grandioses Fundament für die Geburt und die folgende Babyzeit.

Die Art der Kommunikation und des Beziehungsaufbaus zu dem neuen Menschen kann hierbei ganz unterschiedlich sein. Die Haptonomie zum Beispiel nutzt liebevolle Berührungen, die Bindungsanalyse nutzt Entspannungsmethoden im Setting der Psychoanalyse. Andere Methoden sind geführte oder ungeführte Meditationen oder Traumreisen.

 

Mutter werden – Rückführung zur eigenen Geburt & Kindheit

Die Reise durch die Schwangerschaft ist auch psychisch oder seelisch der Weg zum Muttersein. Die Beziehung zur eigenen Mutter und die eigene Kindheit, ja sogar die eigene Geburt gehören zu den Themen der Schwangerschaft. Die Frauen nehmen diese Themen sehr unterschiedlich stark wahr. Nicht selten werden sie auch ignoriert. Tatsächlich sind sie aber gesunder psychologischer Bestandteil der Schwangerschaft, eine Art Generalaufräumen, um sich dann der erwachsenen Verantwortung als Mutter zu stellen. Wir haben eine Vielzahl an Möglichkeiten, solche Themen zu bearbeiten. Das Erinnern an die eigene Geburt hat dabei noch eine weitere Funktion: Die Beschäftigung mit der eigenen Geburtserfahrung kann ganz erheblich Einfluss auf die Geburt des Kindes haben. Nicht wenige Geburtsbegleiterinnen, Psychologinnen und Hebammen sind der Meinung, dass im unreflektierten Zustand der eigene Geburtsverlauf mit der Geburt des Kindes wahrscheinlich wiederholt wird.

 

Geburtsvorbereitung – ganzheitlich & spirituell?

Die ganze Schwangerschaft ist eine natürliche Geburtsvorbereitung. Aber es gibt auch Dinge, die erlernt und bewusst gemacht werden können. Ein normaler kassenbezahlter Geburtsvorbereitungskurs ist auf jeden Fall sehr sinnvoll. Empfehlenswert sind hier besonders Kurse von Geburtshäusern oder freiberuflichen Hebammen. In der Regel behandeln diese Kurse die körperliche Geburtserfahrung. Selten findet in diesem begrenzten Rahmen eine eigentlich nötige ganzheitliche oder spirituelle Vorgehensweise statt. Zur ganzheitlichen Geburtsvorbereitung sollte die seelisch-psychische Beschäftigung mit der Geburt gehören – möglichst mittels kreativem Ausdruck. Egal ob durch Malen, Collagen, Ton oder anderes bietet sich so Raum für die weniger rationalen Themen. Ziel ist es, ganz bewusst ein Gleichgewicht zu finden zwischen körperlichen und geistigen Herangehensweisen, rechter und linker Gehirnhälfte, Bewusstem und Unbewussten, um das positive Körpergefühl und Vertrauen zu stärken. Eine sehr gute Unterstützung ist zum Beispiel Kundalini-Yoga, wie es als Schwangeren-Yoga angeboten wird. Ein besonders intensiver und häufiger Kontakt zum ungeborenen Baby ist vor der Geburt hilfreich. Mutter und Kind können sich – vor allem, wenn sie sich schon kennen und eine Beziehung aufgebaut haben – gemeinsam auf die Geburt vorbereiten und vorhandene Ängste kommunizieren: Auch Babys haben mitunter Geburtsängste.

 

Geburt als spirituelle Initiation der Frau

Die Geburt eines Kindes ist ein natürlicher und doch gleichzeitig ein unvorstellbarer Prozess. Es ist eine Initiation der Frau zur Mutterschaft, eine der größten Herausforderungen ihres Lebens. Wenn die Frau die Schwangerschaft als ganzheitliche Reise versteht und sie auf den verschiedenen Ebenen aktiv durchlebt, hat sie ein sehr gutes Fundament für eine natürliche, bewältigbare und ermächtigende Geburt gelegt. Elementar für das Erleben der Initiation ist, dass diese selbstbestimmt bleibt. Eine Frau, die zum Beispiel mit Entspannungspraktiken vertraut ist und eine intakte Beziehung zu ihrem Baby und ihrem eigenen Körper besitzt, bringt alle Voraussetzungen mit, um die Geburt als bestärkendes Erlebnis zu erfahren, jenseits aller Beschreibungsmöglichkeiten. Schmerz zum Beispiel kann, muss aber nicht zwingend zu dieser Erfahrung gehören.

Die Schwangere sollte vorher dafür sorgen, dass sie während der Geburt die bestmögliche Unterstützung erhält, mentale (und körperliche) Bestärkung, die ihr hilft, bei sich und der Geburt zu bleiben und ihre eigenen Kräfte wirken zu lassen. Dies können der Partner, eine Freundin, eine Hebamme oder eine Doula (professionelle Geburtsbegleiterin) sein.

Denn die Geburt ist nicht einfach ein Ereignis, das am Ende der Schwangerschaft über die Frau hereinbricht, es ist ein aktiver Zustand – eine Herausforderung. Die Frau wird das überschreiten, was sie für ihre Grenzen hielt, um im Nachhinein staunend zurückzublicken. Sie kann die Urkraft in sich erfahren. Dies ist eine zutiefst berührende und spirituelle Erfahrung. Auch wenn sie in Form eines extrem körperlichen und geradezu tierischen Erlebnisses daherkommt, ist es ein heiliger Moment.

 

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4 Responses

  1. Anne Henle

    Vielen Dank für diesen wundervollen Artikel!
    Wenn Frauen selbst noch ungelöste Traumen von ihrer eigenen Geburt oder Schwangerschaft in sich tragen, kann das Schwangersein oder die Geburt Momente auslösen, die die Frau triggern. Diese Traumen können jedoch in einer Rückführung zur eigenen Geburt und Schwangerschaft gelöst werden.

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  2. Christin

    Im Abschnitt über Geburtsvorbereitung ist unter Anderen vom Arbeiten mit Ton als Möglichkeit des kreativen Ausdrucks die Rede. Schwangere Frauen sollten auf das Plastizieren verzichten, da hierzu die Bildekräfte des Ätherleibes genutzt werden. Die gleichen Kräfte werden vom Ungeborenen Wesen gebraucht, um den Aufbau und das Wachstum seines physischen Leibes zu unterstützen.
    Vielen Dank für einen gelungenen Artikel mit vielen schönen Anregungen!

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    • Johanna Schacht
      zum Thema Töpfertabu

      @ Christin: Ach du meine Güte! Muss nun die werdende Mutter auf kreativen Ausdruck verzichten? Das ist in meinen Augen abergläubischer Humbuk, patriarchaler Muttermythos. Gott hat den Menschen nicht aus Ton erschaffen ;)…

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  3. JoHannes

    Hier einen weiterführenden Beitrag zu diesem Thema Haptonomie: http://www.wunschfee.com/inhalt/fit-gesund/artikel/kontakt-mit-dem-ungeborenen

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