Abb: Axel Bueckert-stock.adobe.comSeelenkontakt 9. Juni 2024 Allgemein, Körper, Therapie Seelenkontakt Wie die Arbeit mit dem inneren Kind uns helfen kann, im Körper anzukommen und unser wahres Selbst zu erkennen. Text von: Ines Seegers Kannst du dich erinnern, wer du warst, bevor dir erzählt wurde, wer du zu sein hast? In diesem Artikel geht es um dein inneres Kind, die Glaubenssätze, die du aus deiner Kindheit übernommen hast und wie du mit praktischen Übungen Kontakt zu deinem inneren Kind herstellen kannst, um ganz hier anzukommen und dich frei auszudrücken. Das innere Kind ist ein psychologisches und therapeutisches Modell, eine Metapher für die in der Kindheit geprägten Persönlichkeitsanteile. Die gespeicherten Gefühle und Erinnerungen aus der Kindheit sind sehr mächtig. Sie beeinflussen auch noch im Erwachsenenalter ganz entscheidend die Bewertung von Ereignissen auf der emotionalen Ebene. Aber wir können heute neu lernen, auf unsere Bedürfnisse zu achten und uns das zu geben, was unsere Bindungspersonen uns nicht geben konnten. Fragst du dich, warum du reagierst, wie du reagierst? Manchmal können Gefühle unkontrolliert und mit großer Kraft über uns kommen. Du fühlst dich beispielsweise traurig, wütend oder ängstlich. Hier können gespeicherte Anteile aus deiner Kindheit der Grund sein und die Kontrolle übernehmen. Erfahrungen aus deiner Kindheit beeinflussen das Hier und Jetzt. Du verhältst dich dann eben nicht erwachsen, sondern wie ein Kind. Der kindliche Anteil möchte dich aus der Situation retten, denn es war einmal sinnvoll und richtig so zu reagieren. Oft hat es etwas mit der Zugehörigkeit deiner Bindungspersonen zu tun. Aus systemischer Sichtweise ergibt jedes Verhalten einen Sinn, wenn es im Kontext gesehen wird. Das innere Kind ist ein metaphorischer Anteil in uns. Die meisten Menschen können sehr gut mit dem Bild des inneren Kindes arbeiten. Das innere Kind und Glaubenssätze In unserem Organismus sind unsere Erfahrungen gespeichert. Es leben also mehrere Anteile des inneren Kindes in uns, vom Säugling bis zum jungen Erwachsenen. Sie schlummern als Erlebnisse und prägende Erfahrungen in deinem inneren Kind – von großer Freude und Glück bis zu den Ängsten und Sorgen, die heute immer noch eine bedeutende Rolle in deinem Leben spielen können. Glaubenssätze sind als tief wirksame Erfahrungen aus der Kindheit gespeichert. Worte und Handlungen können sehr schmerzhaft sein. Als Kind sind wir von unseren Bindungspersonen abhängig. Auch wenn deine Eltern ihr Bestes gegeben haben, hast du vielleicht folgende Erfahrungen in der Kindheit gemacht: Wut und Weinen waren nicht in Ordnung. Sätze wie „Stell Dich nicht so an!”, „Es ist doch nicht so schlimm” oder „Reiß dich zusammen!” vermittelten dir, dass du nicht richtig bist, wie du bist, und dass deine Gefühle falsch sind. Hat dein inneres Kind Verletzungen erfahren? Trifft eine oder treffen mehrere der folgenden Aussagen auf dich zu? · Du wurdest beschimpft oder bestraft, wenn du eigenständig gehandelt hast. · Du wurdest geschlagen. · Du hattest das Gefühl, dafür verantwortlich zu sein, dass es deinen Eltern gut geht. · Du wurdest in die Sorgen und Nöte der Erwachsenen mit einbezogen. · Du wurdest nicht in den Arm genommen. · Deine eigene Meinung zu haben war nicht in Ordnung. · Dir wurde das Gefühl vermittelt, nicht wichtig und/oder eine Last zu sein. Dies sind nur einige Beispiele, die dazu führen, dass du dich als Kind abgelehnt und ungeliebt gefühlt hast. Dieses ungeliebte und abgelehnte Kind lebt auch noch heute in dir und wirkt sich natürlich auch auf dein Selbstbewusstsein aus. Sich wiederholende Botschaften deiner Bindungspersonen formen dann deine Glaubenssätze. Wenn du immer wieder hörst, dass du schuld bist und das Leben hart und ungerecht ist, können sich Glaubenssätze wie: „Ich habe es nicht verdient, glücklich zu sein“ oder „Ich werde es nie schaffen“ in deinem Unterbewusstsein manifestieren. Kennst du die Glaubenssätze, die damit zusammenhängen, aus deiner Kindheit? Was hat man damals zu dir gesagt? Ist das wirklich wahr? Eine gute Möglichkeit ist es, deine Gedanken wahrzunehmen und deine innerlichen „Selbstgespräche”. Was erzählst du dir den ganzen Tag? Heilung des inneres Kindes? Geht das überhaupt? Stell dir vor, wie es wäre, wenn du statt abwertender und negativer Gedanken liebevoll und freundlich über dich denkst. Stell dir vor, du würdest deinem inneren Kind sagen, wie sehr du es lieb hast. Stell dir vor, du könntest lernen, dir selbst ein gutes Elternteil zu sein. Ich bin mir sicher, dass du die Fähigkeiten in dir hast. Ein wichtiger Schritt ist allerdings zunächst zu versuchen, freundlich und im Mitgefühl mit all deinen Anteilen zu sein. Es sind deine inneren Kinder und alle haben ihre Geschichte. Der Wunsch nach der Heilung des inneren Kindes ist absolut nachvollziehbar. Ich möchte dir gern erzählen, was diese Heilung für mich bedeutet: Nicht alle Symptome werden dauerhaft weg und alles immer gut sein. Es werden Narben bleiben, die hin und wieder noch schmerzen. Doch du hast gelernt, damit umzugehen, und kannst diesen Schmerz besser annehmen und mit ihm sein, ohne dass er komplett Macht über dich hat. Das Leben wird trotz aller Komplikationen lebenswert und lebendig sein. Du wirst wissen, dass nicht du als komplette Person leidest, sondern ein Anteil von dir, und du kannst diesem Mitgefühl und Aufmerksamkeit schenken. Du hast gelernt, dass du dir selbst ein liebevolles Elternteil sein kannst. Und du hast gelernt, auch wenn es dir mal nicht gelingt, alles umzusetzen, mit dir freundlich zu sein, so dass die verurteilenden Stimmen an Bedeutung verlieren. Abb: JenkoAlaman.stock.adobe.com „Cells that wire together, re together“ (Zellen die miteinander verbunden sind, feuern zusammen). Du hast auch erkannt, wie wunderbar, schön und einzigartig du bist mit all den Talenten und den Potentialen, die in dir sind und die jetzt in die Welt gebracht werden dürfen. Kinder haben nicht nur ausschließlich gute oder schlechte Erfahrungen gemacht. In der Priming Forschung, hauptsächlich die Arbeit mit bestimmten Triggern (Verhaltensauslösern), gibt es einen markanten Satz: „Cells that wire together, re together“ (Zellen die miteinander verbunden sind, feuern zusammen). Dies bedeutet, dass gespeicherte Erfahrungen immer wieder aktiviert werden und “loszuschießen“ beginnen, wenn etwas an die alte Situation von früher erinnert. In der Inneren- Kind-Arbeit kannst du dir anschauen, was diese Auslöser (sogenannte Trigger) sind, und lernen, diese anzunehmen. Da du auch gute Erfahrungen in deiner Kindheit gemacht hast, kannst du lernen, deine Aufmerksamkeit auch auf die Dinge zu lenken, die gut liefen, auf Situationen, in denen es schon mal anders war. Es geht um eine Umfokussierung der Aufmerksamkeit: auf deine Stärken und Ressourcen. Dies geht allerdings am besten, wenn auch die Schattenseiten genügend gewürdigt und angeschaut wurden. Seelenkontakt – Übungen für den Kontakt zu deinem inneren Kind Möchtest du in Kontakt zu deinem inneren Kind kommen, aber weißt nicht genau wie? Ich habe hier ein paar wunderbare Übungen, wie du es schaffen kannst, Kontakt (Seelenkontakt) zu deinem inneren Kind herzustellen. Meditation Um einen erste (oder erneute) Verbindung zu deinem inneren Kind herzustellen, kann eine geführte Meditation zu deinem inneren Kind eine hilfreiche Übung sein. Angeleitete Meditationen gibt es beispielsweise vielfach auf Youtube (oder auf meiner Homepage). Schreibe deinem inneren Kind einen Brief Schaffe dir einen Raum und eine Zeit, in dem du ungestört bist. Nimm ein paar tiefe Atemzüge und spüre die Füße unter dem Boden. Erinnere dich an deine Kindheit. Erinnere dich an dich als kleinen Menschen. Was kommen für Bilder und Situationen in dir hoch? Nun beginnst du dir einen Brief zu schreiben. Wichtig: Bitte sei mitfühlend und liebevoll und immer auf der Seite deines inneren Kindes. Beginne zu schreiben und sieh, was kommt. Diese Übung kann sehr effektiv und heilsam sein. Malen, Krakeln Du brauchst: Papier, Wachsmaler, Zeitungspapier: Eine wunderbare Methode ist es, dir zu erlauben zu krakeln. Verbinde dich mit deinem inneren Kind und lade es ein, dass es jetzt einfach nach Lust und Laune krakeln darf. In der Kindheit wurde uns sehr oft gesagt, nicht über die Linien zu malen, und wir wurden schon begrenzt in dem, was wir vielleicht eigentlich wollten. Jetzt darfst du dir und deinem inneren Kind erlauben, einfach loszumalen, zu kritzeln und zu malen. Versuch dei- nen Verstand auszuschalten und male einfach drauf los. Es darf bunt und kräftig sein, du darfst über das Blatt Papier hinausmalen. Lass los. Spielerisch. Schau, was kommt, und lass dein inneres Kleinkind malen, krakeln und kritzeln ohne Begrenzung. Diese Übung kann sehr befreiend wirken. Lieblingsessen aus der Kindheit Kannst du dich an dein Lieblingsessen aus der Kindheit erinnern? Was war das? Wer hat es zubereitet? Versuche die gute Erinnerung daran aufsteigen zu lassen. Eine gute Übung ist, deinem inneren Kind diese Mahlzeit zu kochen (am besten abends, wenn Zeit für die Prozedur ist). Wichtig ist auch hierbei die innere Verbindung dazu. Bereite ein kleines Ritual vor und gib dem Ganzen einen besonderen Raum und eine besondere Haltung. Gehe wieder in einen inneren Dialog und sage zu deinem inneren Kind, dass du es sehr gern hast und ihm heute Abend sein Lieblingsessen kochst. Versuch, mit einer liebevollen Haltung für dein inneres Kind das Essen einzukaufen und zuzubereiten. Decke den Tisch, zünde eine Kerze an und bleib dabei in Kontakt mit deinem inneren Kind. Tanzen Lade dein inneres Kind ein, mit dir zu tanzen. Dann mach deine Lieblingsmusik an und sei wild und frei und wunderbar. Vielleicht schaffst du es, den Verstand auszuschalten und das innere Kind übernehmen zu lassen. Spiegelarbeit Glaubenssätze wie beispielsweise: „Ich bin nicht genug“ oder „Ich schaffe es nicht“ werden oft in der Kindheit gebildet und sind seit vielen Jahren wirksam. Die Spiegelarbeit kann dabei helfen, die Glaubenssätze umzukehren und eine liebevolle Verbindung mit sich aufzubauen. Schaue jeden Tag in den Spiegel und nimm Kontakt zu deinem Spiegelbild auf. Sage dir heilsame Sätze, die das Gegenteil der alten Glaubenssätze sein könnten, wie beispielsweise: „Ich schaffe es.“ „Ich bin wertvoll.“ „Ich bin genau so richtig, wie ich bin.“ Eine wunderbare Übung ist es auch, sich selbst zu umarmen und sich Trost zu spenden. Stell dir vor, wie du dein inneres Kind tröstest und für es da bist. Atme tief ein und aus. Nimm wahr, was an Gedanken und Gefühlen kommt, und versuche diese nicht zu beurteilen, sondern einfach zu beobachten aus einer mitfühlenden Güte heraus. Ines Seegers wurde in Göttingen geboren und hat soziale Arbeit studiert. Sie ist systemische Familientherapeutin und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Seit 20 Jahren begleitet sie Menschen und hat in dieser Zeit verschiedene und vielfältige Möglichkeiten und Prozesse kennengelernt. Ihr ist es wichtig, lösungsorientiert zu arbeiten, zu wissen, dass jeder Mensch Experte in eigener Sachen ist und dass alles da sein darf. Neben der Arbeit mit dem inneren Kind arbeitet Ines hypnosystemisch und auch mit dem Safe & Sound Protocol von Stephen Porges. Sie bietet ein Seminar zur Inneren-Kind-Heilung an sowie persönliches Coaching vor Ort oder online Info und Kontakt unter Tel.: 0176 – 83 29 63 31 oder seegers.praxis@ gmail.com www.seegers-praxis.de Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. Überschrift E-Mail-Benachrichtigung bei weiteren Kommentaren.Auch möglich: Abo ohne Kommentar. Durch Deinen Klick auf "SENDEN" bestätigst Du Dein Einverständnis mit unseren aktuellen Kommentarregeln.