Unser Alltag wird bestimmt von eigenen Unzulänglichkeiten, ungelösten inneren Problemen und starren Verhaltensmustern, die uns ein Leben in Gedankenkarussellen bescheren. Die gute Nachricht: Man kann jederzeit ausbrechen, wenn man sich sein Inneres wieder erschließt. Die schlechte Nachricht: Wissen und Intellekt, das Rüstzeug aus Schule und Beruf, reichen dafür nicht. Was tun? Man kann zum Coach gehen – für viele undenkbar. Oder man macht es doch allein – aber unter Anleitung. Yvette Pichlkostner stellt mit ihrem Selbstcoaching Kartenset ein praxisorientiertes Tool für Selbstanwender vor, das sie aus ihrer therapeutischen Erfahrung heraus entwickelt hat.

 

Kennen Sie auch diese Leute, über die man so oft lästert: Helikopter-Mamas, Arbeitsberauschte, Aufstiegswillige? Die im Bewerbungsgespräch ihre Schwäche immer mit „Ungeduld“ benennen? Oder die Generation, die halbwüchsige Kinder vom Tenniscourt zur Geigenstunde fährt, mit pflegebedürftigen Eltern, Haus und zwei Jobs jongliert – aber vor allem alles über den angesagten Latte-Laden wissen muss, um dazuzugehören? Wir finden das meist etwas schräg, verdrängen dabei aber allzu oft, dass sie auch Teil von uns selbst sind. Denn was wir alle suchen, ist unser Platz in der sozialen Hierarchie. Wir sind süchtig nach der Gunst unseres Umfeldes – und wollen perfekt sein. Das Problem in modernen westlichen Gesellschaften ist allerdings, dass hinter der Fassade der Perfektion und des ewigen Gut-drauf-Seins Menschen mit – mehr oder weniger bewussten – seelischen Problemen und Belastungen stehen – und damit immer häufiger alleine sind. Wenn Freunde nicht mehr greifbar sind, weil sich Lebensentwürfe im Gewimmel der Optionen und Sachzwänge zu schnell voneinander entfernen, wendet sich daher mancher an Profis.

Auch in Deutschland sind Coaches, Heilpraktiker und Seminaranbieter zunehmend gefragt. Doch es gibt viele Vorbehalte – mancher fürchtet die Selbstentblößung eigener Schwäche und Imperfektion, andere haben keine Zeit oder kein Geld übrig. Also kochen sie weiter im eigenen Saft und machen ihre Probleme mit sich selbst aus. Letztlich muss das kein schlechter Gedanke sein – schließlich kann ein Coach ja nicht heilen. Jeder muss lernen, sich von seelischen Belastungen selbst zu befreien, egal ob er dabei die Hilfe eines Therapeuten in Anspruch nimmt oder nicht. Natürlich gibt es schwerwiegende psychische Erkrankungen, die einen Arztbesuch erfordern. Doch die meisten seelischen Belastungen sind keine echten Krankheitsbilder, sondern Liebeskummer, Eifersucht, unerfülltes Geltungsbedürfnis, lästige, eingefahrene Gewohnheiten oder die Unfähigkeit, aus überzogenen Erwartungshaltungen und aufgezwungenen Denkmustern herauszukommen. Also an sich harmlose Dinge, die aber geeignet sind, enormen seelischen Leidensdruck im Alltag aufzubauen. „Ich bin so ein Loser“, stöhnen die einen. „Das passiert immer nur mir“, hadern die anderen.

Gefangen im Autopiloten

Meine langjährige Arbeit in der Psychotherapie hat mir vor Augen geführt, dass es nicht zwingend die intensive Begleitung ist, die zur Lösung seelischer Probleme führt, sondern der Zugang, den man zu sich selbst und zu seinem Inneren findet. Wir alle werden von „Verhaltensprogrammen“ gesteuert, reflexhaftem Verhalten, das bereits in unserer Kindheit so konditioniert wurde – durch unsere Familie, unser soziales Gefüge und prägende Erfahrungen.

Dieses Verhalten haben wir mit bestimmten Situationen und Gefühlen verknüpft und als Programm abgespeichert. Im Unterbewusstsein liegt es eingebettet in den Film unseres Lebens. Denn das Unterbewusstsein arbeitet ausschließlich mit Bildern! Sobald ähnliche Situationen, bekannte Eindrücke oder Gefühle auf die Bühne unseres Lebens treten, spulen wir dasselbe alte Programm immer wieder ab – ohne Bewusstsein dafür, ob es uns überhaupt noch dienlich ist. Wir sind gefangen im Autopilot-Modus. Nicht selten agieren wir als Erwachsene und reagieren wie ein Kleinkind.

Das Unterbewusstsein entzieht sich dem Verstand

Wer sich seinem wahren Ich nähern möchte, muss genau hinschauen und verstehen, was ihn schmerzt und was ihm nicht gelingt. Mit Grübeleien kommt man nicht weiter. Unsere verstandesorientierte Gesellschaft postuliert zwar, dass man mit Denken Probleme löst. Es geht aber darum, sein Unterbewusstsein zu erschließen, und das funktioniert nicht mit der linken, der logischen Denkhälfte unseres Gehirns, sondern über Bilder und Sinneseindrücke. Und die liegen in der anderen Hälfte. Aber um dorthin zu reisen, braucht man nicht zwingend einen Coach. Deshalb habe ich mich mit der Zeit auf die Aktivierung zur Selbsthilfe konzentriert. Denn seien wir ehrlich: Was ich als Coach mache, kann eigentlich auch jeder alleine, wenn er vernünftig angeleitet wird.

Weil die meisten Fragen weit diesseits eines ärztlichen Befundes beginnen und ohne jede Gefahr für die Seele selber beantwortet werden können, habe ich auf Grundlage jahrelanger Praxis mit Fällen von Blockaden, Ängsten, Stress und Burnout eine Methode für meine therapeutische Arbeit entwickelt, die sehr leicht zu handhaben ist und sich daher für den Eigengebrauch ebenso eignet wie für eine therapeutische Sitzung: das Kartenset „Hilf dir selbst“ und das Übungsbuch „Therapier dich selbst“.

„Hilf dir selbst“ Selbstcoaching Kartenset: 6400 Schlüssel zum Innenleben

Das Prinzip des Kartensets „Hilf dir selbst“ ist, aus 80 Reizwörtern in Verbindung mit 80 eigens entwickelten thematischen Bildern Kombinationen zu bilden. Diese fördern die Bildung individueller Assoziationsketten, auf die man durch bewusste Gedankensteuerung nicht kommen würde. So erschließt der Nutzer sich einen weiten Raum für Entdeckungen, Gedanken und Ideen und kann Bilder direkt aus dem Unterbewusstsein hervorholen. Der Anwender wird bei der Tiefenanalyse unterstützt, indem Bilder und Begriffe zufällig – oder vielmehr unterbewusst – ausgewählt und zusammengestellt werden. Über die freie Assoziationskette kann er sich dann langsam in verschüttete Erinnerungen und unbewusste Vorgänge hineintasten. Ausführliche Fragebögen und detaillierte Anleitungen bieten Halt und helfen beim Erkennen der Ursachen von Problemen.

Durch die systematischen und aufeinander aufbauenden Fragen wird der sofort entstehende Assoziations- und Denkprozess strukturiert und in konkrete Verbindung zu der Lebenssituation und den Verhaltensmustern des Anwenders gebracht. Dabei werden individuelle Erlebnisse aus der Vergangenheit der Person über Bilder in die Gegenwart transportiert und mit aktuellen Gefühlen und Verhaltensweisen gespiegelt. Ehemals ins Unterbewusstsein gespeicherte Informationen gelangen so – über Bilder und Sprache – ins Bewusstsein. Der Nutzer notiert seine Antworten auf die gestellten Fragen auf den zum Set gehörenden Frage-/Antwortbögen, um die Ergebnisse festzuhalten. Dabei wird der Anwender mit sorgfältig erarbeiteten Fragen Schritt für Schritt durch die Deutung der gelegten Kartenkombinationen geführt und wird angeleitet, was als Nächstes zu tun ist.

Mit „Hilf dir selbst“ schaut man sich selbst also tief in die Seele hinein. Ich will hier gar nichts beschönigen: Dies ist ein tiefgreifender Prozess. Und ja: Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass diese Reise auch wehtun wird. Aber hinter dem Schmerz liegt die Heilung. Die Reise birgt die Chance, an Ziele zu gelangen, von denen viele bisher vielleicht nur zu träumen wagten.

Dialoge mit sich selbst

„Therapier dich selbst“ ist als praktisches Übungsbuch angelegt und führt die Idee weiter. Hier geht es darum, wie man Faktoren seelischer Belastung oder psychischen Stresses entdeckt, benennt und abstellt.

Im ersten Teil stelle ich Stuhltechniken vor. Diese basieren auf Erkenntnissen der angewandten Psychotherapie und auf Dialog. Dabei wechselt der Anwender zwischen zwei Stühlen, die sich gegenüberstehen, hin und her, so dass er seine Position einmal aus seiner eigenen, bewussten Alltagsperspektive einnimmt und dann immer wieder – auf dem anderen Stuhl – aus der eines Anderen. Dieser Andere kann eine Teilpersönlichkeit seiner selbst sein, aber auch ein verstorbenes Familienmitglied, ein ehemaliger Freund oder Beziehungspartner, ein Kind oder ein Arbeitskollege. Über diese fiktive Gesprächssituation kann man Themen und Probleme aussprechen, die bislang im Inneren verkapselt waren. Allein über die Aussprache manifestieren sich neue Gedanken und Ansätze – und erst recht über die Antworten. Denn erst mit Antworten wird aus Selbstgesprächen ein Dialog.

Wichtig ist bei „Therapier dich selbst“ nicht, dass Lösungen in der Realität mit anderen Menschen erarbeitet werden, sondern in der eigenen seelischen Realität stattfinden. In der Regel sind diese Menschen oder das eigene Innere nur über diesen Trick überhaupt zugänglich, denn im erlebten Alltag sind sie oft unerreichbar.

Man kann sowohl unterschwellige seelische Konflikte und Belastungen zutage fördern, verhandeln und beenden, als auch lästigen Angewohnheiten auf den Grund gehen oder langlebigen Themen nachforschen. Solche sind häufig bei Menschen in einem permanenten Gedankenkarussell präsent und Gegenstand von Grübeleien und wiederkehrenden Phantasien.

Belastendes aus dem System löschen

Beim Beenden und Vergessen belastender psychischer Konstellationen helfen Techniken, die im zweiten Teil des Buches behandelt werden. Sie basieren auf dem Konzept des EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing), einer Technik, die sich die unterschiedlichen Funktionsschwerpunkte der beiden Gehirnhälften zunutze macht. Vor allem in der Traumatherapie verwendet, lässt sich das Funktionsprinzip grundsätzlich auch im Alltag leicht und gefahrlos anwenden.

Wer schon nicht perfekt ist, sollte wenigstens die Zeit nicht damit verbringen müssen, Fehler und Schwächen immer wieder durchzukauen. Ich nutze die Methoden, die ich in diesem Buch vorstelle, übrigens auch für mich selbst – und komme viel schneller wieder aus einem Tief heraus als früher. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir hier auf der Erde Spaß haben, einander Gutes tun und glücklich sein sollten – das Leben ist doch viel zu kurz, um es in Gedankenkarussellen zu verbringen. Wir können uns ja nicht einmal darauf verlassen, dass wir das Verpasste in einem nächsten Leben nachholen können.

Über den Autor

Avatar of Yvette Pichlkostner

ist Heilpraktikerin (Psychotherapie) in Köln. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist es, Menschen zu coachen und zu befähigen sich selbst zu helfen. Zu ihren Kunden zählen Unternehmen und Privatpersonen, darunter viele Sportler und Medienvertreter. Über Ihre Arbeit wurde unter anderem bei WDR und RTL berichtet.

Kontakt
Tel. 0221-78941144
Mehr Infos

Hilf dir selbst – Kartenset:
Eine tiefenanalytische  Reise ins Land der
eigenen Seele
Kamphausen 2015
ISBN-13: 978-3958830028

Ihr Buch „Therapier dich selbst“ erscheint
im Herbst 2016 im Kamphausen Verlag

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Eine Antwort

  1. Thomas Buhl
    Selbstcoaching mit EMDR kann viel bewirken

    Liebe Frau Pichlkostner,

    das ist ein sehr schöner Beitrag, insbesondere, da er Menschen in die Lage versetzt, sich selbst zu helfen. Vielen Dank! Gerade die alltäglichen emotionalen Belastungen, welche dem Einzelnen in der Regel Energie und Lebensfreude rauben, können im Selbstcoaching gut reguliert werden.

    Ihr Karten und Ihre Anleitung halte ich für eine wunderschöne und hilfreiche Unterstützung, um die eigenen einschränkenden Glaubenssätze aufzudecken und den Coaching-Prozess einzuleiten und durchzuführen.

    Seit Jahren schon biete ich die Anleitung „EMDR-Selbstcoaching in 6 Schritten“ zum kostenlosen Download auf www.remstim.com an. Mithilfe der EMDR-Brille REMSTIM 3000 können Selbstanwender zum richtigen Zeitpunkt die EMDR-Intervention mit schnellen Augenbewegungen durch den externen Stimulus korrekt durchführen; fast als ob ein Coach vor den Augen winken würde!

    Natürlich ist die EMDR-Selbstcoaching-Methode und die EMDR-Brille ausschließlich für die nicht-krankhaften Befindlichkeiten geeignet. Denn im Coaching ist stets eine normale psychische und physische Belastbarkeit des gesunden Coachee Voraussetzung.

    Herzliche Grüße

    Thomas Buhl

    Antworten

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