Wie wäre es mit einer Forschungsreise zu uns selbst, auf der wir die Reichtümer unseres eigenen Wesens erleben und entfalten können? Sexological Bodywork ist genau das. Über achtsame Berührungen, Genuss und eine offene Kommunikation erfahren wir unseren Körper und unsere Sexualität neu und können alte Muster von Spannungen und Angst hinter uns lassen.

Von Volkmar Münz

 

Nach zehnjährigem Leben als Jesuitenmönch entdeckte der Amerikaner Joseph Kramer Ende der 1970er die Sexualität als unglaubliche Kraftquelle. In der Folge sammelte er auf der ganzen Erde die besten Massagetechniken für den Intimbereich und wendete sie bei seiner Arbeit als Erotikmasseur an. Joseph Kramer ist ein Urvater der westlichen Tantramassage. Im Laufe seiner Arbeit als Erotikmasseur zog es ihn allerdings noch weiter. Er sah nicht nur einen großen Lernbedarf bei Erotikmassagen, sondern auch einen immensen Wissensdurst zum Thema Sexualität und den vielfältigen Möglichkeiten eines erfüllten Sexuallebens. Joseph Kramer begründete daraufhin im Jahr 2003 in Kalifornien einen neuen – staatlich anerkannten – Beruf: Sexological Bodywork.

Sexological Bodywork: Forschungsreise zu uns selbst

Sexological Bodywork kann mit „sexualwissenschaftliche Körperarbeit“ oder „Sexlogik des Körpers“ übersetzt werden. Es ist eine Forschungsreise zu uns selbst, bei der ein Begleiter, der Sexological Bodyworker, unterstützend Impulse und Anregungen gibt. Hauptanliegen von Sexological Bodywork ist es, uns bei unserem Im-Körper-Sein, unserem Sich-Verkörpern und Sich-richtig-Fühlen zu unterstützen. Je stärker wir mit unserem Körper verbunden sind und uns wirklich wohl in ihm fühlen, desto leichter und freier können wir unser sexuelles Potential leben, unsere Vielfalt, unseren Reichtum, unser wahres Wesen genießen und zur Entfaltung bringen.

Schwerpunkt der Arbeit beim Sich-Verkörpern ist der oftmals vernachlässigte Intimbereich, von dem sich viele Menschen wie abgeschnitten fühlen. Hier liegen häufig vielfältige Lernmöglichkeiten sowie vollkommen neues Spüren und Erleben verborgen. Wie genau fühle ich mich an welcher Stelle? Wie möchte ich wirklich berührt werden? Was gibt es zu erforschen?

Achtsame Berührungen können größere Dimensionen eröffnen, Ungeahntes erlebbar machen – und das Neue schließlich in den gesamten Körper integrieren.

Neue Erfahrungen machen

Wie sieht eine Sexological-Bodywork-Session aus? Im Eingangsgespräch werden die mitgebrachten Themen besprochen und konkretisiert. Falls keine bestimmten Anliegen vorhanden sind, schauen wir, was interessant sein könnte – welches Ziel, welcher Fokus.

Welche neuen Erfahrungen wollen erlebt, erspürt, gelernt werden? Wir formulieren ganz konkret unser Lernziel und wo die Forschungsreise hingehen soll. Danach besprechen wir, welche Techniken zum Einsatz kommen und was genau während der sich an das Gespräch anschließenden Körperarbeit geschieht. Auch ist es möglich, dass während der ersten Session die Körperarbeit lediglich am gesamten sonstigen Körper – nicht jedoch im Intimbereich – stattfindet.

Teil der Session kann ein ausführliches Coaching sein – egal zu welchem Thema aus dem Bereich Sexualität, Liebe und Partnerschaft. Was beschäftigt uns wirklich in Sachen Sex? Was ist wirklich wissens- und erfahrenswert? Frei nach dem Motto: Tabus sind tabu 🙂

Der Sexological Bodyworker hört zu und kann auf Wunsch seine Sichtweise darlegen, Möglichkeiten eröffnen, Informationen, Ideen und neue Impulse oder Techniken vermitteln. Nach dem Körperarbeitsteil folgt eine Nachspür- und Integrationsphase für das soeben Erfahrene. Danach findet ein abschließendes Gespräch statt, in dem das Erlebte und Gelernte in Worte gefasst wird. Schließlich gibt es Anregungen, was zu Hause für sich alleine oder mit Partner getan, geübt und ausprobiert werden kann.

Wie kann Veränderung geschehen?

Veränderung geschieht durch das Umsetzen von Gelerntem und neu Erlebtem.

Lernen heißt ausprobieren, erforschen, Neues wagen, einen Schritt heraustreten aus dem Bekannten, offen und neugierig auf bisher Unbekanntes. Wie im täglichen Leben gilt dies gerade auch in der Sexualität und für das somatisch- sexuelle Lernen: Neugier, Offenheit, Verspieltheit eröffnen neue Wege, schließen Türen und Tore auf. Neue körperliche Erfahrungen können früher abgespeicherte verändern, auflösen und ersetzen. Dies gilt auch für Traumata. Ein Überfordertsein – und als Konsequenz in der Panikzone landen – hilft genauso wenig wie lediglich immer das Gewohnte tun und sich nicht aus der Komfortzone herauswagen. Neue achtsame Berührungsqualitäten zu spüren kann unser gesamtes Erleben, unsere gesamte Sensitivität verändern.

Experimentieren, spielen und neue Möglichkeiten ausloten hilft dem eigenen Körper, seine Wünsche und Bedürfnisse richtig gut kennen zu lernen.

Jeder Mensch besitzt seine eigene Körperweisheit – diese zu leben ist unsere Aufgabe!

Ziel ist es, möglichst frei zu sein. Frei von gesellschaftlichen Konditionierungen, Erziehungsmustern, Angewohnheiten, Automatismen, Zwängen und Scham. Seien wir unver-schämt und leben unsere eigene Sexualität und Bestimmung!

Wir haben nicht nur einen Körper, sondern sind auch sexuelle Wesen. Wir dürfen uns an uns, unserer Einzigartigkeit, unseren Besonderheiten – auch an und in unserer Sexualität – erfreuen und dies alles in vollen Zügen genießen! Leben und feiern wir uns! Leben wir unser eigenes Wesen in voller, echter Freiheit und Natürlichkeit. Das Zauberwort heißt Selbst-Ermächtigung. Wir haben das Recht dazu – es ist unser Geburtsrecht!

Techniken im Sexological Bodywork

Sexological Bodywork gibt uns etliche Techniken zum Arbeiten im Intimbereich an die Hand. Eine davon ist die Genitalmeditation: Sie ist eine über einen längeren Zeitraum hinweg gleichbleibend ausgeführte Berührung im Intimbereich. Das können fünf, zehn oder auch zwanzig Minuten sein. Es gibt verschiedene Berührungsmöglichkeiten, aber es wird eben jeweils während einer zu bestimmenden Zeitspanne ein und dieselbe Berührung ausgeführt. Dies eröffnet uns neue Empfindungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten.

Eine weitere Technik ist das Genitalmapping: Das Erstellen einer Empfindungslandkarte des Intimbereichs. Wir schauen uns Stelle für Stelle an – durch einfühlsames Berühren kann die Einzigartigkeit jedes einzelnen Ortes er- und gespürt werden. Es ermöglicht den Kontakt mit neu zu entdeckenden Körperstellen und erschließt beispielsweise bisher noch unbekannte Schmerz- oder Lustpunkte. Sensitivität und Bewusstheit werden unterstützt, Kenntnisse des Körpers vertieft und erweitert. Ferner wird auch hier unser Bewusstsein darüber, wie und wo wir wirklich berührt werden wollen, vergrößert und geschult.

Kommunikation

Häufig fehlt uns im Bereich Sexualität die Sprache. Wer tauscht sich mit seinem Partner schon verbal über die Bedürfnisse und Wünsche im Bett aus? Ist es nicht vielmehr so, dass es uns gerade im Bett oftmals schlicht die Sprache verschlägt? Das Thema Kommunikation ist darum eines von vielen, die während Sexological- Bodywork-Sitzungen natürlicherweise auftauchen und geübt werden.

Für die verbale Kommunikation sind drei Schritte wichtig:

  1. Klarheit darüber, was genau wir spüren und wollen – wie und wo wir berührt werden möchten (eben auch im Intimbereich).
  2. Die passenden Worte dafür finden.
  3. Sich trauen, diese auszusprechen.

Zusammenfassung

Sexological Bodywork kann uns neue Berührungs- und Empfindungsqualitäten eröffnen. Wir können uns und unseren Körper und insbesondere unseren Intimbereich vollkommen neu erleben, spüren und wahrnehmen. Die achtsamen Berührungen und positiven Erfahrungen ermöglichen uns, tiefer zu gehen, freier zu werden oder uns für diesen Bereich überhaupt wieder zu interessieren und zu öffnen. Das Sich-selbst-Spüren und die eigene Sensitivität können auf neue Ebenen gelangen, was sich nicht nur auf die Sexualität mit sich selbst auswirkt, sondern auch auf das Zusammensein mit Sexualpartnern.

Je besser wir uns selbst kennen und spüren, desto mehr wissen wir, was wir wirklich möchten. Und je besser wir das kommunizieren, desto erfüllter kann sich unsere Sexualität gestalten. In diesem Sinne: Viel Freude, Lust und tiefes Erleben für uns alle!

 


Infoabend Sexological Bodywork: 23.9.16

Workshop: Wege zu erfüllter Sexualität am 24.9.16

Kuschelevents: 25.9.16, 16.10.16

Infos und Kontakt
unter Tel. 0176-92308435 oder info@sonnenkunst.info

Weitere Veranstaltungen
und konkrete Hinweise zu erfüllter Sexualität gibt es auf www.sonnenkunst.info

9 Responses

  1. Rafael
    Korrektur

    Schön beschrieben, jedoch fehlt eine wesentliche Sache: Der Begründer J. Kramer leitet sogar seine Klienten während der Massage zur Hyperventilation an. Des Weiteren entstammt auch von ihm der „Big-Draw“ … Dieser basiert ebenfalls auf der Hyperventilation. Wie richtig beschrieben, Herr Kramer ist von der hiesigen Tantramassage nicht weg zu denken. Frau M. Riedel sei Dank. Nun, was bei der Hyperventilation medizinisch oder physiologisch im Hirn und Körper abgeht, kann jeder nachlesen. Es ist das völlige Gegenteil dessen, was in einer Massage bezweckt werden will! Letzten Endes führt Kramer die Massage damit ad absurdum.
    Anbieter von Sexological Bodywork werden nicht müde, zu erwähnen, dass das in irgendeinem US-Bundesstaat ein anerkannter Beruf sein soll … Hierzu gibt Wikipedia reichlich Auskunft: Die Ausbildungsstätte erfüllt die staatl. geforderten Mindestqualitätsstandards und ist keine Diplom-Mühle. Sie ist jedoch keine akkreditierte Ausbildungsstätte und Sexological Bodyworker damit kein anerkannter Beruf. PS: Was interessiert im Übrigen hierzulande, ob irgendwo in der fernen Welt das ein angeblich anerkannter Beruf sein soll? Wir leben hier und es gelten die gesetzlichen Bestimmungen des hiesigen Landes. Verkauft man seine Tätigkeit als Therapie, dann braucht’s den Heilpraktikerschein dazu!

    Antworten
  2. Julia
    Klar, schön, wesentlich!

    Danke für diesen schönen klaren Artikel über so eine wichtige Arbeit! Wären wir alle gut in unseren Körpern zu Hause und hätten ein gesundes Verhältnis zu unsere Sexualität sähe die Welt anders aus. Spannend für mich auch die Geschichte dieses Paters, die ich noch nicht kannte. Gott und Sex liegen eben doch so nah beieinander.. Danke nochmal!

    Antworten
  3. Monika
    Sehr gut strukturierter Artikel mit berührendem Inhalt

    Ein gut strukturierter Artikel, der diese wertvolle Arbeit sehr gut erklärt und beschreibt! Er macht Lust darauf, das Beschriebene erfahren zu wollen….
    Besonders berührt hat mich: „Jeder Mensch besitzt seine eigene Körperweisheit – diese zu leben ist unsere Aufgabe!
    Ziel ist es, möglichst frei zu sein. Frei von gesellschaftlichen Konditionierungen, Erziehungsmustern, Angewohnheiten, Automatismen, Zwängen und Scham. Seien wir unver-schämt und leben unsere eigene Sexualität und Bestimmung!“
    Mögen viele Menschen, die in Resonanz gehen, den Mut finden, sich dafür zu öffnen….

    Antworten
  4. Monika Wulff
    Wulff Monika

    Ich empfinde, dass heutzutage Körperarbeit zu kurz kommt. Deswegen, schätze ich solch mutige Menschen, wie Volkmar Münz, der die Intimzonen in seine Arbeit mit einbezieht, liebevoll darüber berichtet und den Menschen beibringt, wie sie ebenfalls auch in diesen Bereichen mit Liebe und Achtung mit sich ungehen können.Vielen Dank ,Volkmar,für Deine Arbeit.

    Antworten
  5. Volkmar
    missverständliches Photo !

    Ich bin sehr traurig und enttäuscht über dieses vom Verlag ausgewählte Photo, das ich erst jetzt zu sehen bekomme.
    Wer auch immer es ausgesucht hat, hat offensichtlich meinen Artikel über Sexological Bodywork nicht gelesen oder nicht verstanden.
    Davon einmal abgesehen, dass es ein schönes Photo ist, kann es sehr in die Irre führen.
    Wir arbeiten bekleidet und knutschen nicht mit unserem Klientel.
    Es geht um somatisches Lernen!

    Kurzum: Ich distanziere mich von der Verwendung dieses Photos in diesem Zusammenhang.

    Herzliche Grüße,
    Volkmar Münz

    Antworten
    • Redaktion

      Hallo,
      wir haben das Foto ausgetauscht. Wir hoffen, dieses gefällt dir etwas besser. Das letzte Bild sollte übrigens nicht die Coaching-Session, sondern die durch die Arbeit neu gewonnene Freiheit darstellen. Wir verstehen aber, dass es missverständlich war.

      Grüße
      Die Redaktion

      Antworten
      • Volkmar

        liebe Redaktion,

        es tut mir leid für die Verwirrungen und Umstände! Vielleicht war ich etwas schnell in meiner Reaktion.
        Inzwischen hatte ich mich an das ja wirklich außerordentlich schöne Photo gewöhnt! Außerdem ist es sowieso in der Print – Ausgabe abgedruckt.
        Und: Falls es Irritationen bei den LeserINNen gibt, sind diese ja hoffentlich jetzt über die Kommentare geklärt.

        Gerne könnt Ihr es wieder zurücktauschen 🙂

        herzliche Grüße,
        Volkmar

  6. Sid
    Einfühlsamer Artikel mit völlig unpassendem Bild

    Der Artikel macht mir wirklich Lust, mich auf eine Forschungsreise zu meiner eigenen Sexualität zu begeben, und der Autor scheint ein achtsamer Begleiter zu sein.
    Das Bild regt auch meine Lust an, aber auf eine völlig andere Art. Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei Sexological Bodywork beide (fast) völlig nackt sind und dass die Sexological Bodyworkerin ihren Körper an meinem reiben wird. Auch wenn es so wäre, könnte das lustvoll sein, auf eine andere, eine interaktive Art. So wie ich den Artikel verstanden habe, geht es aber doch darum, dass mir die Gelegenheit gegeben wird, mich frei von üblichen sexuellen Interaktionsmustern auf meinen eigenen Körper zu konzentrieren und vielleicht noch zarten sexuellen Impulsen nachzuspüren. Das ist dann wirklich etwas Neues, vielleicht sogar revolutionäres.
    Danke für die Anregungen und … bis bald. S.

    Antworten

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