Sie sind hässlich, laut und stinken: Straßen sind für die Mobilität fraglos unerlässlich, ansonsten aber eher eine unschöne Angelegenheit. Nach Hoffnung einiger Greentech-Visionäre soll sich das bald ändern. Die endlosen Asphalt-Bänder könnten nach ihrer Vorstellung schon bald in Kraftwerke für grüne Energie verwandelt werden. Sind Straßen die Kraftwerke der Zukunft?

Eine kleine Übersicht der vielversprechendsten Ansätze.

Straßen-Kraftwerke

The Green Roadway-Project

Green RoadwaysZwei Erfinder aus den USA haben mit The Green Roadway Project ein durchdachtes Rundum-Konzept entwickelt, durch das die US-Highways mit Hilfe von Windturbinen, Photovoltaik und Geothermie zu einem grünen Energienetz ausgebaut werden sollen. Die Mini-Kraftwerke sollen dabei auf dem Mittelstreifen, sowie rechts und links von der Fahrbahn positioniert werden – Bereiche, die man sonst kaum anders nutzen kann. Die produzierte Energie soll Industrie, Privathaushalte und Ladestationen für Elektroautos in der unmittelbaren Umgebung mit Strom versorgen. Zehn Kilometer eines so ausgebauten Highways können nach aktuellen Berechnungen etwa 2.000 Haushalte mit Strom versorgen.

In Elf US-Staaten wurden bereits die Lizenzen für das System verkauft, so dass man in einigen davon mit einer baldigen Umsetzung der Idee rechnen kann. Da das Konzept perfekt auf die Anforderungen von Obama’s Green Energy Bill zugeschnitten ist, dürften die Investoren sich auf massive Subventionen und Steuervergünstigungen freuen können.

Green Roadways

 

Solektron und Sonnenbahn

SolarbahnGanz ähnliche Vorschläge haben auch zwei deutsche Entwickler mit den Konzepten Sonnenbahn (Frank Lessing) und Solektron (Karlheinz W. Schulz) gemacht. Beide haben jedoch im Gegensatz zu Green Roadways die Vision, das Fernstraßen-Netz möglichst flächendeckend zu überdachen und mit PV-Modulen zu bestücken.

Je nach Konzept kommen die Entwickler auf 16-76 TWh an Strom, den 950 qkm so ausgebauter Straßen jährlich produzieren würden. Durch einen sukzessiven Ausbau könnte so in zwanzig Jahren genügend Elektrizität für 60 Millionen Menschen per sauberem Solar-Strom generiert werden.

SolektroBeide Systeme sind durchdacht, was Installation, Wartung und Sicherheit betrifft – um sie Realität werden zu lassen, müssten sich allerdings einige gut betuchte Investoren finden lassen. Die Sonnenbahn etwa würde 20 Jahre lang jährlich ca. 18 Milliarden Euro verschlingen – danach aber dafür nur noch Gewinne produzieren, was die Sache eigentlich zu einer langfristig sicheren Geldanlage macht.

Wie das Solektron-Konzept sehr schön zeigt, kann die Infrastruktur der Systeme darüber hinaus auch noch weiter genutzt werden. So sieht das Solektron-Konzept auch eine integrierte Regenwasser-Auffanganlage namens „Aquatron“ und eine Fahrbahnbeleuchtung vor. Zudem kann auch die Leitungs-Infrakstruktur noch anderweitig genutzt werden.

 

Solarzellen statt Asphalt – Die Straße als Kraftwerk

Solar RoadwaysEinen ganz anderen und noch weitergehenden Ansatz verfolgen Scott & Julie Brusaw mit ihrem Konzept der Solar Roadways: Sie wollen statt Asphalt spezielle Photovoltaik-Module als Straßenbelag verwenden und damit die Straße selbst zum Kraftwerk machen. Eine Idee, die auch in der US-Regierung für Aufsehen sorgte – die beiden Entwickler haben deshalb jetzt vom U.S. Department of Transportation 100.000$ für die Herstellung eines Prototyps bekommen. Sollte dieser in den Tests vielversprechende Ergebnisse liefern, stehen die Chancen für das Projekt nicht schlecht.

Die intelligente Straße

Solar Roadways LEDAbgesehen davon, dass die Module Energie herstellen, sollen sie auch noch die Verkehrssicherheit verbessern: In die Module eingelassene LEDs werden die Straße in ein intelligentes Display verwandeln, dass neben der Fahrbahnmarkierung auch Gefahren und Staus anzeigt. Gerade nachts kann diese Art der Fahrbahnbeleuchtung erhebliche Sicherheitsvorteile bringen. Ein besonderes Feature der Module sind jedoch die eingebauten Micorprozessoren, die vorausschauend die Straße überwachen und Störungen an davor liegende Bereiche melden – eine mitdenkende Straße also. Diese Technik kann darüber hinaus auch problemlos für LKW-Maut-Systeme verwendet werden, indem solche Fahrzeuge mit RFID-Chips ausgestattet werden, welche die Straße dann ausliest. Als i-Tüpfelchen enthalten die Module dann auch noch kleine Heizeinheiten, die ein Vereisen der Straße verhindern und den Winterdienst überflüssig machen.

Investition, die sich rechnet

Solar-Roadway-LichtEine Meile einer so ausgebauten Straße soll 500 Haushalte mit Strom versorgen. Ein Modul von 4x4m erzeugt etwa 7.6KWh Strom am Tag. Würde das gesamte Straßennetz der USA mit Solar-Roadways-Modulen ausgebaut, würde es selbst bei pessimistischer Rechnung etwa das Dreifache an Strom produzieren, was die USA derzeit verbraucht.

Dafür ist das System aber ziemlich teuer: $6,900 wird einzelner Baustein kosten. Das klingt erstmal sehr viel, relativiert sich aber, wenn man bedenkt, dass die Module sich durch den erzeugten Strom nach und nach quasi selbst abbezahlen. Noch dazu sind die US-Highways ohnehin in einem desolaten Zustand und es stellt sich nun viel eher die Frage, ob die zur Sanierung benötigten Milliarden wieder in sehr pflegebedürftige Asphalt-Straßen fließen sollen, oder in ein neues System.

Nach Ansicht der Entwickler sind die Kosten für das neue System ohnehin nicht höher als bei Asphalt, denn dieser muss alle sieben Jahre erneuert werden, während die Solar-Roadways-Module etwa 21 Jahre halten sollen, bevor die oberste Schicht erneuert werden muss. Noch dazu kann man das System mit Asphalt nicht direkt Vergleichen, da es viele weitere Vorteile bietet:

  • mit zunehmendem Ausbau des Straßennetzes in Solar Roadways könnten immer mehr herkömmliche Stromkraftwerke abgeschaltet werden.
  • Solar Roadways würden gleichzeitig eine Infrastruktur für die Stromversorgung bieten und könnten auch gleich noch für Telekommunikations- und TV-Leitungen mitverwendet werden. Da eine Straße zu praktisch jedem Haus führt, ist es äußerst pragmatisch, dass die Strom- und Telekommunikationsleitungen direkt in den Modulen verlaufen. So könnten die Solar Roadways die bisherigen Leitungsnetze ersetzen.
  • Die kommenden Elektroautos werden große Energiemengen in straßennähe benötigen.
  • Der saubere Strom trägt zur CO2-Reduzierung bei und hat damit gegenüber Asphalt einen Vorteil, der in Geld kaum auszudrücken ist. Denn was uns der Klimawandel kosten kann, ist bisher völlig unklar.

 

Außerhalb der Box denken

Alle Konzepte sind im Nachhinein zwar irgendwie naheliegend, aber doch auch gute Beispiele, auf was für Ideen man kommen kann, wenn man „out of the box“ denkt, wie der Amerikaner so schön sagt. Die Stromversorgung der Zukunft ist mit ziemlicher Sicherheit dezentral und ein Mix aus vielen verschiedenen Technologien. Ideen wie diese könnten in einem solchen Strommix wichtige Bausteine werden.

 

Bilder:

Die Bilder stammen von den jeweils verlinkten Seiten

 

2 Responses

  1. RalfLippold

    Vielen Dank für den Überblick über Energietechnologien, die direkt mit der Straße verbunden sind.

    #SolarRoadways ist übrigens seit Ende April mit einer Crowdfunding Campaign auf Indiegogo unterwegs und haben bereits über 200.000 $ eingesammelt, um die Produktion zu ermöglichen:

    http://bit.ly/1n53VW9

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  2. Achmed A. W. Khammas

    Nun, es gibt noch weitere Ansätze – hier möchte ich auf die sogenannten Asphaltkollektoren hinweisen, die gut in die obige Aufzählung passen:
    http://www.buch-der-synergie.de/c_neu_html/c_04_22_sonne_niedertemperatur_heizung_1.htm#Asphaltkollektoren

    Außerdem gibt es noch diverse weitere Straßengeneratoren, welche von darüber fahrenden Fahrzeugen betrieben werden:
    http://www.buch-der-synergie.de/c_neu_html/c_01_10_micro_energy.htm#Strassengeneratoren

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