Homöopathische Antworten am Puls der Zeit

von Werner Baumeister

 

Selten habe ich eine homöopathische Arznei im Vorfeld so abgewehrt, und selten habe ich so eine spektakuläre Veränderung in meinem Leben erfahren wie mit der Taube. Die Taube befriedet alle meine inneren Kriegsschauplätze. Ich kann nur sagen: Es lohnt sich, sich ihrer homöopathischen Kraft zu stellen. Sie repräsentiert den Beutetiermodus in uns und entsprechend war mein Vorurteil vor der ersten Einnahme: „Die Taube nehmen macht mich zum Beutetier.“ Jetzt merke ich: Die Taube löscht Schritt für Schritt das Gefühl in mir, „Beute zu sein“.

Homöopathisch kümmert sich die Taube um den Teil in uns, der extrem schüchtern und unglaublich empfindlich für Tadel und Kritik geworden ist. Die Welt ist zu hart und die ständige Angst (vor Gewalt) ist ein Dauerbegleiter im Taubeprofil (Taube-Leitsymptom: Missbrauchsfolgen). Wir sind voller Schuld und Scham. Ohne Selbstempfinden zerfleischen wir uns, überzeugt davon, Unrecht begangen, etwas falsch gemacht und Vorwürfe verdient zu haben. Die Verteidigungsstrategie hier: sich kleinmachen, um nicht bemerkt zu werden, nach dem Motto „Wenn ich heraustrete, dann können sie mich sehen und ich sterbe!“

Die Taube heilt unseren traumatisch begründeten Beutetiermodus

Sie führt uns zu den Fundamenten unseres Leids. Dorthin, wo unser Unlebendigsein begonnen hat, indem wir Schutzmauern um unsere Traumata gezogen haben. Alle Kraft geht fortan in das Wegdrücken dieses Schmerzes, bis einfach kein Leben mehr übrig ist. Mit der Taube spüren wir wieder das Ja des Lebens zu uns, und das Erste, was wir wieder spüren, ist die Angst, vom Schmerz überwältigt und zerstört zu werden. Das Problem ist dabei nicht, dass das tatsächlich passiert, sondern dass wir mit aller Macht versuchen, den Widerstand gegen diese Möglichkeit aufrechtzuerhalten.

Ein Klient erlebte dieses Ausweichen vor seinem inneren Horror in folgenden Bildern:
„In der Nacht nach Einnahme der Potenz C 50.000 Taube fühlte ich mich auf einmal selbst als Taube und sah, wie ich geschlagen und getreten wurde, bis ich völlig zerstört war. In einem nächsten Bild schwebte ich über einen Rasen, aus dem Rohre an die Oberfläche kamen. Ich wusste, dass ich in einem KZ war und es Abluftrohre der Gaskammern waren. Auf einmal tauchte ich durch den Boden und befand mich in so einer Gaskammer, war Teil der Menschen, die bald getötet werden sollten. Ich konnte das gefühlsmäßig allerdings nur kurz streifen, dann bewegte ich mich wieder nach draußen, weil ich den Horror anscheinend noch nicht wirklich völlig fühlen konnte.“

Urlaub für den inneren Krieger

Homöopathisch hat die Taube zwei markante Leitsymptome, die zusammenhängen: Zum einen ist das der Rückzug von der Härte der Welt und zum anderen das Bedürfnis, sich aufzuplustern, anzugeben. Die Taube führt mich persönlich weit zurück in meine Jugend, dahin, wo ich mich entschloss, mich biographisch aufzupolstern. Die Taube hat praktisch diesen ganzen aufgeplusterten biographischen Überbau in mir gelöscht. Sie nimmt eine Schicht der Vertuschung weg, und darunter kommt etwas ganz Verletzliches zum Vorschein. Ich bin offen, innerlich ganz weich und komplett entspannt – auch wenn es mir zunächst Angst macht. Alle körperlichen Verspannungen und Verhärtungen sind raus. Es ist noch nicht die komplette Befreiung, aber ich bin mir viel klarer der Themen und Gefühle bewusst, die der Körper – der jetzt mal Urlaub hat – bisher darstellen musste. Dabei fühle ich mich aber auch ungewohnt angreifbar, verletzlich wie ein Butterkrebs ohne Rüstung. Mein mühsam über Jahrzehnte erarbeitetes Gefühl, etwas Besonderes zu sein, geht gleich mit den Bach runter. Umso mehr bin ich irritiert, wie freundlich lächelnd meine Umwelt auf mich zukommt und meine Nähe sucht. Ich kann nur vermuten, dass mein bisheriges Mich-stark-und-sicher-Fühlen von meiner Umgebung als sehr abweisende Schutzschicht empfunden wurde.

Die Taube nimmt mir also meine bisherige „Selbstsicherheit“ und schenkt mir statt dessen sehr viel liebevolle Aufmerksamkeit von außen. Ich erlebe eine ganz andere Kraft mit der Taube, die nichts mit der bisher so vertrauten Hochrüstung zu tun hat und komplett den Krampf aus meinem Leben nimmt. Ich bin nicht mehr ständig in der Erwartungshaltung, dass das Leben Extremes von mir fordert, und wenn doch, dann weiß ich, dass ich für jede mögliche Herausforderung auch entsprechend ausgestattet bin. Und noch etwas fällt mir auf. Ein Grundzug der Taube, die ja überall als Friedenssymbol gilt, ist das Schaffen von Verbindung (im Gegensatz zur Aufrechterhaltung eines Konfliktes, einer Abgrenzung, einer Härte). Wenn es mit Frauen zu längeren Blickkontakten kam, erlebte ich mit der Taube eine sehr angenehme Art von absichtsloser Selbstvergessenheit. Nicht ein Gedanke mehr daran, was die Frau denkt, die ich ansehe, oder wie sie mich dabei wahrnimmt. Einfach die Intensität des Momentes ohne Ziel. Und ich spüre: Mit dem inneren Ja zu mir selbst weicht jegliche Selbstabwertung und damit braucht es potentiell auch niemanden mehr im Außen, der mir mein inneres Nein gegenüber mir selbst spiegelt.

 

Schlagworte (mit Links zu weiteren Artikeln von Werner Baumeister):
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Werner Baumeister

ist Arzt und bietet individuelle homöopathische Begleitung an.

30 Jahre Erfahrung in eigener Praxis in Berlin.

Einzeltermine nach Vereinbarung, Behandlungstermine zum Thema des Artikels jederzeit möglich.

Information zu aktuellen Workshops immer auf der Seite „Homöopathie am Puls der Zeit

(mit Themenregister aller Artikel) sowie unter Tel.: 0172 – 391 25 85 .

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Die homöopathischen Arzneibilder von Werner Baumeister verstehen sich immer auch

als homöopathischer Spiegel aktuellen Zeitgeschehens.

 

 

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