Vor 115 Jahren wurde von einem deutschen Wissenschaftler die Zuckerart Xylit entdeckt, die all die Nachteile von Zucker nicht hat, aber dafür umso mehr Vorteile in sich vereint: 40 Prozent weniger Kalorien als Zucker, dabei aber genau so süß, nebst zahnpflegender Wirkung und insulin-unabhängiger Verstoffwechselung. Eine süße Revolution?

 

Seit langem sind uns die gesundheitlichen Nachteile von übermäßigem Zuckerkonsum bekannt: Karies, Übergewicht, Diabetes, um nur die wichtigsten zu nennen. Mindestens genauso lange währt auch schon die Suche nach süßen Substanzen, die der Gesundheit nicht schaden. Leider hat sich bislang so gut wie keine dieser Zuckeralternativen bewährt, weil sie entweder gesundheitlich problematisch sind (zum Beispiel Süßstoffe wie Aspartam), nicht so gut wie Zucker schmecken (Stevia), schwierig zu dosieren oder zu teuer sind.

Die für die Gesundheit vorteilhaften Effekte von Xylit sind erst im Laufe der letzten sechs Jahrzehnte erforscht worden. Im Zweiten Weltkrieg fing alles an: Finnland musste aus Mangel an Zucker einen Ersatz herstellen. Die Wahl fiel auf Xylit, da die Finnen das dafür notwendige Rohmaterial reichlich zu Verfügung hatten: Birkenholz. Nach dem Krieg stellte man fest, dass die Menschen in Finnland besonders wenig Karies hatten. In der   so genannten Turka-Studie untersuchte man den Zusammenhang über viele Jahre und stellte fest, dass Xylit die Zähne zuverlässig vor Karies schützt, wenn man entweder Zucker durch Xylit ersetzt oder nach jeder Mahlzeit die Zähne mit Xylit in Kontakt bringt. Dafür eignen sich Xylit-Kaugummis, -Bonbons oder -Pulver.

Obwohl inzwischen über 300 Studien die Überlegenheit von Xylit belegen, ist es in Deutschland erstaunlich wenig verbreitet. Der Hauptgrund lag früher sicher im Preis: Vor 10 Jahren kostete ein Kilogramm Xylit gut 80 Euro. Verbesserte Herstellungsverfahren und die starke Verbreitung in Asien haben den Preis inzwischen auf unter 10 Euro je Kilogramm gedrückt. Als ausreichende Menge, um die zahnpflegenden Effekte zu genießen, reichen gerade mal 12 Gramm Xylit pro Tag.

 

Diabetes-Prophylaxe

Der menschliche Körper ist bemüht, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten – eine Aufgabe der Bauchspeicheldrüse. Zucker erhöht den Blutzuckerspiegel, wodurch die Bauchspeicheldrüse angeregt wird, Insulin zu produzieren. Zucker und Weißmehlprodukte führen zu einem schnellen und heftigen Anstieg der Blutzucker- und Insulinspiegel. Bei manchen Menschen reagieren die Körperzellen auf häufig erhöhte Insulinblutspiegel mit Insulinresistenz, was die Bauchspeicheldrüse animiert, noch mehr Insulin zu produzieren. Dies ist die Vorstufe der Typ 2-Diabetes. Hohe Insulinspiegel wiederum führen zu Hungergefühl und Übergewicht. Im weiteren Verlauf droht die Erschöpfung der Bauchspeicheldrüse.

Xylit wird zur Freude der Bauchspeicheldrüse Insulin-unabhängig verstoffwechselt. Diese Aufgabe übernehmen die Leber und bestimmte Bakterien im Darm. Deshalb steigt beim süßen Genuss von Xylit der Blutzuckerspiegel nur sehr langsam und kaum messbar an. Dies spiegelt sich im sehr niedrigen Glykämischen Index von 7-13 wider – der von Traubenzucker liegt bei 100. Je niedriger der Wert, desto langsamer erhöht sich der Blutzuckerspiegel. Dabei sind alle Werte unter 50 schon sehr günstig.

 

Rettungsanker fürs Gesundheitssystem

Die Krankenkassen gaben 2010 fast 40 Mrd. Euro für die Behandlung von Diabetes und ihren Folgeerkrankungen aus – mit steigender Tendenz. Wer Zucker durch Xylit ersetzt, senkt nicht nur sein Karies-Risiko erheblich, sondern schützt auch seine Bauchspeicheldrüse vor Überarbeitung. Die Anwendung ist einfach, denn Xylit ersetzt Zucker 1:1. Auch in der Osteoporose- und Mittelohrentzündungs-Prophylaxe hat sich Xylit als gutes Mittel erwiesen. Vorbei sind also die Zeiten, in denen Menschen aus gesundheitlichen Gründen auf Süßes verzichten müssen!
Wer nun aber voller Begeisterung größere Mengen Xylit auf einmal zu sich nimmt, sollte wissen, dass es gerade zu Beginn abführend wirken kann. Dieser Effekt legt sich bei regelmäßiger Anwendung. Wer sich aber an Xylit gewöhnt hat, möchte diesen Zauberzucker nicht mehr missen. Was bleibt, ist die Verwunderung darüber, wie wenige Menschen (sogar Zahnärzte!) ihn kennen und dass es ihn nicht an jeder Ecke gibt, sondern vor allem in diversen Onlineshops.

Es gibt wohl keinen anderen Stoff, der so einfach so viel Geld im Gesundheitswesen einsparen helfen könnte. In Finnland und einigen asiatischen Ländern gehört Xylit schon fest zum allgemeinen Prophylaxe-Repertoire.

 


Wie Xylit die Zähne schützt

Xylit wirkt nicht direkt antibakteriell, sondern erzeugt lediglich ungünstige Lebensbedingungen für Karies verursachende Bakterien.

  1. Es regt den Speichelfluss an. Speichel enthält für die Zähne wichtige Mineralien (Kalzium) und verdünnt außerdem in Speisen enthaltene Säuren, die die Zähne angreifen können.
  2. Es erhöht den pH-Wert im Mund rasch und zuverlässig, so dass sich die Bakterien nicht an die Zähne heften können. Karies-Bakterien (Streptococcus mutans) erzeugen ohne Xylit Milchsäure bei der Verstoffwechselung von Zucker und Stärke. Dadurch sinkt der pH-Wert im Mund auf niedrige Werte. Dieses saure Milieu benötigen die Bakterien, um sich an Zähne heften und sie schädigen zu können.
  3. Karies-Bakterien können in Anwesenheit von Xylit keinen Zucker verstoffwechseln. 
  4. Regelmäßiger Xylitkontakt verändert die Mundflora: Die verbliebenen Kariesbakterien wirken weniger zahnschädlich, da sie sich an Xylit anzupassen versuchen. Bei der “Verdauung” von Xylit erzeugen sie keine zahnschädlichen Substanzen.

Abb: © Liddy Hansdottir – Fotolia.com

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