Nicht für jeden ist Vegetarismus oder Rohkost der einzig richtige und glücklich machende Weg. Aber dennoch sollte man Nahrung achtsam und bewusst auswählen und genießen. Genau dies hat sich die Organisation Slow Food zur Aufgabe gemacht. Dazu gehört es – neben möglichst nachhaltig produzierten Lebensmitteln -, dass Produzenten fair bezahlt werden und auch Verbraucher wieder wissen, was bei  ihnen eigentlich auf dem Teller landet. Pamela Dorsch, die Slow Food Berlin mit leitet, ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hat 2011 einen Markt ins Leben gerufen, der eine wahre Prüfung für Naschkatzen und Süßhungrige ist. Mit SEIN redet sie über ihre Ideale, ihren Naschmarkt und das, was sie dabei antreibt. Über die süße Versuchung mit Slow Food.

 

Wie bist du Mitglied bei Slow Food geworden?
Ich bin 2008 zu Slow Food gekommen. Mich hatte das Thema Ernährung, in Verbindung mit Genuss, schon eine ganze Weile beschäftigt, und ich wollte hier selbst aktiv werden und es auch gesellschaftlich und politisch mitgestalten. Und dann natürlich, weil ich unbedingt Gleichgesinnte treffen wollte – andere Menschen, die eine ebensolche Begeisterung für gutes und wertvolles Essen haben und leben wie ich.

Gleichzeitig bin ich übrigens auch Mitglied von Foodwatch geworden, aber dort kann man sich als Mitglied ja leider nicht wirklich aktiv engagieren. Deshalb habe ich mich bei Slow Food in Berlin eingebracht, konnte in verschiedenen Bereichen viele Ideen ausprobieren, Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewinnen und wurde dann im April 2010 auch zur stellvertretenden Leiterin des Berliner Conviviums (so heißen bei Slow Food die lokalen Gruppen) gewählt.

Welche Ideale sind deine Triebfeder für diese ehrenamtliche Tätigkeit?
Ich glaube einfach, dass Nahrung etwas ganz Essentielles ist. Nicht einfach nur, weil wir Hunger haben und diesen ganz simpel stillen müssen. Unsere Nahrung wird ein Teil von uns, beeinflusst unsere Energie, unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden. Deshalb ist es wichtig, dass wir gute und im umfassenden Sinne nährende Nahrung zu uns nehmen. Hochverarbeitete, industriell hergestellte Lebensmittel sind in dieser Hinsicht nicht mehr wirklich „lebend“. Die Produktionsweise unserer Lebensmittel soll deren natürliche Kraft und deren natürlichen Geschmack erhalten und stärken. Außerdem darf unsere Lebensmittelproduktion und auch der Konsum nicht auf Kosten der Umwelt und auch nicht auf Kosten anderer Menschen gehen. Nachhaltigkeit und Wertschätzung ist wichtig. Das alles verbirgt sich für mich auch hinter den Prinzipien von Slow Food: „gut, sauber, fair“.

Was ist der Naschmarkt genau?
Der Naschmarkt ist ein Markt für alles Süße. Im Grunde ist es ein großes Schlaraffenland, das alles bietet – von Kuchen, Torten, Cupcakes, Cakepops und Macarons bis hin zu selbstgemachten Marshmallows, Schokolade, Pralinen, (Frucht-)Aufstrichen, Honig, Bonbons, Zuckerwatte, Desserts, Getränken, Eis und auch veganen Süßigkeiten. Jahreszeitlich setzen wir verschiedene Schwerpunkte. Letzten Sommer gab es zum Beispiel unsere „Kleine Eiszeit“.

Wer verkauft auf dem Naschmarkt?
Wir setzen rein auf handwerkliche Produkte von meist eher kleinen, regionalen Betrieben und Manufakturen und bewegen uns dabei bewusst abseits von Massen- und Fabrikware. Einige unserer Händler sind schon etablierter, andere haben aber gerade erst begonnen und suchen noch ihren Weg. Wir haben es auch schon erlebt, dass sich einige Produzenten durch den Naschmarkt ermutigt gefühlt haben, ihre Produktion zu professionalisieren und auszubauen.

Slow Food gibt bestimmte Qualitätskriterien für die Waren vor. Welche sind das?
Wir achten ganz besonders auf Regionalität, Saisonalität, biologischen Anbau und eine faire Produktion. Das heißt, es dürfen auf dem Naschmarkt nur Erzeugnisse aus eigener, handwerklicher Produktion verkauft werden, und diese müssen frei von gentechnisch veränderten Rohstoffen, synthetischen Zusatz-, Konservierungs-, Aroma- und Farbstoffen, Hefeextrakten, Geschmacksverstärkern und synthetisch hergestellten Zuckern sein. Und das sind nur Teilaspekte. Wir verstehen diese Vorgaben auch als wichtiges Instrument, um mit den Produzenten über Qualität ins Gespräch zu kommen und sie zu animieren, diese weiter zu entwickeln. Slow Food macht ihnen so auch deutlich, dass es für solche Produkte wirklich einen Markt gibt – inklusive bewusster Konsumenten, die genau das wertschätzen.

Und wo genau findet der Markt statt?
Der Naschmarkt findet bisher einmal im Quartal in der Markthalle Neun in der Eisenbahnstr. 42/43 in Berlin-Kreuzberg statt. Das ist eine historische, über 120 Jahre alte Markthalle, die seit Oktober 2011 mit einem Wochenmarkt und vielen kreativen Veranstaltungen wieder zu neuem Leben erweckt wird. Hier wurde einfach ein Ort geschaffen, wo eine Lebensmittel- und Esskultur mit einem umfassenden Qualitätsanspruch gelebt wird und wo auch (gesellschafts-)politisch Raum für Diskussionen und Engagement rund um dieses Thema ist. Der Eintritt ist frei und ein Besuch der Veranstaltungen hier lohnt sich wirklich immer.


Abb: © Eberhard Schorr – photosign.de

Berliner Naschmarkt
Nächster Termin: Sonntag, 3. März 2013, 12-18 Uhr
Markthalle Neun, Eisenbahnstr. 42/43, 10997 Berlin

Abb: Pamela Dorsch auf dem Naschmarkt – © Udo Tremmel

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