Tanz der Einheit 27. Februar 2012 Persönliches Wachstum 2 Kommentare Sich selbst als reines Bewusstsein zu erkennen ist eine Sache – es zu leben eine andere. Erst wenn das Bewusstsein der Einheit unser Gehirn, unser Nervensystem und auch noch die letzte Zelle erfasst und sich die grundlegende Erkenntnis der Non-Dualität in einem natürlichen Zustand der Ruhe verkörpert hat, erfahren wir wirklich vollkommene Freiheit. Joe Jenkins sprach mit Florian Schlosser über den Tanz der Einheit, den wir alle tanzen. Joe: In einem deiner Workshops fühlte ich eine große Expansion in mir selbst und hatte ein tiefe innere Erfahrung von Einheit. Wie kann ich diesen Zustand im Alltag erreichen? Florian: Lass uns das doch mal zusammen erforschen. Alles beginnt damit, dass wir sanft die Aufmerksamkeit vom Inhalt unserer Erfahrung – also Denken, Fühlen und Empfindungen des Körpers – auf das verschieben, was sich von Moment zu Moment des Inhalts bewusst ist. Diese grundlegende Verschiebung der Aufmerksamkeit ist das, was wir ,Erwachen‘ oder ,Sich-selbst-Erkennen‘ nennen können. Wir sind das Bewusstsein, das vor, während und nach jeder Erfahrung da ist. Wir sind das, was jede Erfahrung als solche erkennt, aber selbst keine Erfahrung ist: Bewusstsein. Wie ist das für dich, wenn du deine Aufmerksamkeit dahin wendest? Ich fühle mich leichter und entspannter. Genau, das ist ein unmittelbarer Effekt. Jetzt lass uns schauen, wer oder was ,erfährt‘. Sind wir es oder ist es der Körper, der eine Erfahrung hat? Es ist der Körper, der erfährt. Ja, genau. Wir können also sagen, dass dieser Moment eine bereits verkörperte Erfahrung ist. Das ganze Leben ist eine Erfahrung des Körpers. Wissenschaftler haben festgestellt, dass etwa 80 Milliarden Zellen sich auf bestimmte Weise organisieren, damit Erfahren möglich ist. Erfahren geschieht also als körperliche (somatische), multi-sensorische Empfindung. Wir können auch sagen: Der Körper und das gesamte Nervensystem ist die Erfahrung. Das ist wirklich interessant, weil ich immer dachte, dass ,ich‘ der Erfahrende bin. Ja, so denken wir alle. Jetzt aber sehen wir, dass die Vorstellung eines ,Ichs‘ nicht notwendig und gar nicht korrekt ist. Dieses Gefühl von ”Ich” können wir uns vorstellen wie ein Interface, das in bestimmten Augenblicken zwischen direktem Erfahren und dem Gehirn vermittelt, damit wir vorübergehend Orientierung, Identität und Sicherheit haben. Es ist eigentlich ein rudimentärer, natürlicher Überlebensmechanismus, der nur notwendig ist, solange wir nichts anderes kennen. So habe ich das noch gar nicht betrachtet. Ich bin schon so lange damit beschäftigt, mein ,Ich‘ irgendwie zu transzendieren. Leider bisher vergeblich (Lachen). Das kann ich gut verstehen. Wenn wir genauer hinsehen, sehen wir auch, dass das ,Ich-Gefühl‘ in Wirklichkeit nur eine unbewusste Gewohnheit ist, um sich zu konzentrieren. Konzentration heißt, Aufmerksamkeit auf Objekte zu lenken. Damit versucht unser System zu erkennen und zu verstehen. Diese Gewohnheit des engen Fokussierens erzeugt in der Tat das ,Gefühl von Ich‘. Ohne diesen Fokus kann es kein ‚Ich‘ geben, das sich von anderen Objekten als getrennt erlebt. Du meinst also: Wenn sich der gewohnheitsmäßige Fokus entspannt oder weitet, dann verschwindet auch allmählich das ,Ich-Gefühl‘? Ganz genau. Je enger der Fokus der Aufmerksamkeit ist, desto mehr von der augenblicklichen Erfahrung schließen wir automatisch aus. Vieles kann von uns nicht mehr wahrgenommen werden; wir sind uns tatsächlich der Existenz dessen nicht bewusst. Je enger also der Fokus, desto mehr spalten wir unbewusst von uns selbst ab. Alles, was wir ausschließen oder abspalten, erleben wir als getrennt von uns. Leben wird als Dualität – Zweiheit – erfahren. Das ist jetzt vollkommen klar und ganz einfach zu sehen. Wie wirkt sich das nun auf meine Erfahrung aus? Erleben wir das Leben durch einen engen Fokus, dann wird die Erfahrung selbst eng. Wir fühlen uns eng, angespannt, getrennt und unwohl im Körper. Der Körper folgt dem Fokus der Aufmerksamkeit, wie ein Kind seinen Eltern. Können wir den Fokus entspannen und ihm erlauben, weit und umfassend zu sein, entspannt sich unweigerlich unsere Erfahrung. Der Körper lässt los, wird weich und transparent. Wir fühlen und empfinden mehr, erleben das Im-Körper-Sein bewusster und wesentlich tiefer, als wir es sonst gewohnt sind. Die meisten von uns haben allerdings vergessen oder nie erfahren, was es heißt, mühelos und natürlich im Körper zu sein. Leider schließen viele so genannte spirituelle Wege und Systeme – vor allem die heute so populäre ,Non-Duality-Bewegung‘ – den Körper, das Nervensystem mit dem Gehirn als seine Schaltzentrale und deren Verbindung zum Bewusstsein fast gänzlich aus. Meiner Erfahrung nach wird die Wichtigkeit dieser Verbindung unterschätzt. Was genau meinst du damit? Die meisten von uns fühlen nicht viel. Wir mögen manchmal Emotionen erfahren, die aber können recht einfach durch beliebige Stimulanzien erzeugt werden. Natürliches Fühlen ist allerdings vielen Menschen völlig unbekannt. Unsere Körper fühlt sich oft taub, wie erstarrt an. Das Nervensystem hat seine Fähigkeit verloren, völlig lebendig zu sein. Wir können dann nur versuchen, durch externe oder interne Reize Lebendigkeit zu erzeugen. Dabei ist es egal, ob wir unser Nervensystem durch so genannte spirituelle oder weltliche Aktivitäten stimulieren. Der Effekt ist aus Sicht der somatischen Verbindung von Körper und Bewusstsein derselbe. Die Crux dieser reduzierten Lebendigkeit ist: Lebendigkeit erscheint als Produkt des Tuns, des Willens, der Anstrengung. Wir müssen etwas tun – und das funktioniert nur, solange wir es tun. Ein Teufelskreis…? Irgendwie sind wir unbewusst gefangen in einer ,Mehr-von-allem-Schleife‘. Darunter jedoch bleibt alles, wie es war, es wird nur durch Aktivität überschrieben. Diese Erkenntnis kann manchmal schockierend sein. Wenn wir lange genug gelitten und gesucht und ausreichend Reife erlangt haben, dann sind wir in der Lage, uns auch dieser somatischen Ebenen der Erfahrung bewusst zu werden. Und dann haben wir eine reelle Chance, behutsam das Nervensystem, den gesamten Körper und sogar das Funktionieren des Gehirns im weiten Fokus der Aufmerksamkeit einzuschließen. Nur so können wir tatsächlich alles integrieren, was wir ,noch‘ unbewusst ausschließen, und schlussendlich tiefe Ruhe erfahren. Es ist wunderbar, dass du nicht nur über Bewusstsein und Einheit sprichst, sondern dass dein Ansatz mir die direkte Erfahrung von Weite und Freiheit im Inneren ermöglicht. Solange neben der Erkenntnis keine Transformation des Nervensystems in seinen natürlichen Zustand der Ruhe stattgefunden hat, gibt es keine somatische Erfahrung von vollkommener Freiheit. Dann bleibt Erwachen eine Erfahrung von ,freiem Bewusstsein‘. Natürlich ist auch diese allem zugrunde liegende Erkenntnis von großem Wert. Aber frei zu sein als verkörperte Realität ist etwas völlig anderes und nur dann zugänglich, wenn der Körper – die grundlegende menschliche Erfahrung – vollständig beinhaltet ist. Dann öffnet sich das System ganz natürlich der Gesamtheit des Lebens. Die Trennung von sogenanntem geistigem und weltlichem Bewusstsein endet. Es ist eine direkte, natürliche und mühelos alles einschließende Einheit. Der Körper und das Nervensystem erkennen sich selbst wieder in allen Körpern – ja in allem, was existiert – und das nicht nur hier oben im Kopf. Das Erleben von Einheit umfasst die gesamte Zellstruktur. Jede Zelle ist am Leben und sich dessen bewusst. Wenn ich dich also richtig verstanden habe, folgt dem Erwachen eine tiefe Integration im Körper und Nervensystem. Nur dann bin ich wirklich verkörpert frei? Ja, so ist es. Erst dann ist es uns möglich, allem so zu begegnen, wie es tatsächlich ist. Wir benötigen keine Krücken, Konzepte, Philosophien, Techniken oder Methoden mehr, um uns sicher und am Leben zu fühlen. Wir stehen auf eigenen Füßen, nur dem verbunden, was wir selbst erfahren, sehen und als wahr erkennen. Die Qualität des Bewusstseins ist eine lebendige, zutiefst menschliche Wirklichkeit. Ja, so empfinde ich es jetzt auch mit meinem ganzen Körper. Ich freue mich, dass wir uns so gemeinsam genießen, berühren und begegnen konnten. Ich mag dieses einfache, entspannte Ruhen inmitten des zellulären Tanzes der Einheit. Danke. Abb: © Spectral-Design – Fotolia.com ,Meetings mit Florian‘ in Berlin: Sa, 24.03.12 und So, 25.03.12 14-19 Uhr, 55 €/Tag Ort: Akazienhof, Akazienstr. 28 Kontakt und Info über Tashina unter Tel.: 030-32 70 57 79 oder turnergabriele@yahoo.de www.florianschlosser.com 2 Responses ´t´schoshi 18. April 2012 Wie ist das schön! Du sprichst mir aus dem Herzen und meiner Erfahrung. UND AUs Muktananda Ashram kommst du auch – na, dann ist es ja auch für den Verstand logisch, dass ich dich so gut verstehe. Richte meien Geist, Denken und Fühlen am Morgen nach ihm, seinem Lehrer und seiner Nachfolgerin aus. Leben – Liebe – Licht FREUDE Danke! Antworten Samartha 22. März 2012 Etwas widersprüchlich ist, wenn er zunächst sagt, ich sei das Bewusstsein, dem alles bewusst ist, das jede Erfahrung beinhaltet, und dann sagt er, nur der Körper erfahre und mich gebe es nicht. Ist denn das Bewusstsein was anderes als ich? Gut finde ich aber den Hinweis, dass sich die Erkenntnis auf den gesamten Körper erstrecken muss, sonst sei sie nicht vollständig. Antworten Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar Antwort abbrechenDeine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.KommentarName* E-Mail* Meinen Namen, meine E-Mail-Adresse und meine Website in diesem Browser für die nächste Kommentierung speichern. 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´t´schoshi 18. April 2012 Wie ist das schön! Du sprichst mir aus dem Herzen und meiner Erfahrung. UND AUs Muktananda Ashram kommst du auch – na, dann ist es ja auch für den Verstand logisch, dass ich dich so gut verstehe. Richte meien Geist, Denken und Fühlen am Morgen nach ihm, seinem Lehrer und seiner Nachfolgerin aus. Leben – Liebe – Licht FREUDE Danke! Antworten
Samartha 22. März 2012 Etwas widersprüchlich ist, wenn er zunächst sagt, ich sei das Bewusstsein, dem alles bewusst ist, das jede Erfahrung beinhaltet, und dann sagt er, nur der Körper erfahre und mich gebe es nicht. Ist denn das Bewusstsein was anderes als ich? Gut finde ich aber den Hinweis, dass sich die Erkenntnis auf den gesamten Körper erstrecken muss, sonst sei sie nicht vollständig. Antworten