Interview mit der Investorin Gabriele Wahl-Multerer, die dem Parkgelände am Tollense-See in Alt Rehse ­eine ­Zukunftsperspektive geben will.

 

Aman: Du interessierst dich als Investorin für den Erhalt des Parkgeländes am Tollense-See. Wie wurdest du auf das Gelände und auf die Probleme im Tollense-Lebenspark aufmerksam?
Gabriel Wahl-Multerer: Darf ich eine Bitte äußern? Können wir das „Investorin“ durch „Unterstützerin“ ersetzen? Investorin klingt in meinen Ohren nicht passend. Ich fühle mich eher als Unterstützerin, weil ich sehr viel Herzblut, einen großen Teil meiner „Lebenszeit“ und zusätzlich Geld einbringe.

Wie ich auf den Park aufmerksam wurde? Freunde aus Österreich, die seit Jahren die Sommer-Retreats des spirituellen Lehrers Christian Meyer besuchen, erzählten mir vom Park in Alt Rehse. Ich erfuhr von ihnen, dass die dort ansässige Gemeinschaft nicht nur in finanziellen Schwierigkeiten steckt und eine weitere Durchführung der Retreats gefährdet ist. Näheres konnten sie mir nicht sagen und fragten, ob ich Interesse hätte, ein Gespräch mit Bernhard Wallner (dem Initiator des Tollense-Lebensparks; Anm. d. Redaktion) zu führen. So kam es zum ersten Treffen.

Aman: Welche Motivation hattest du anfangs, zunächst mit Christian Meyer und dann mit den Gebrüder Wallner Kontakt aufzunehmen?
Gabriele: Ich hatte zuerst ein Gespräch mit Bernhard Wallner, erst einige Zeit später mit Christian Meyer. Gemeinschaft und friedlicher Wandel sind meine Lebensthemen. Ich bin begeisterter Veränderer und sehe, dass einiges in unserer Gesellschaft schief läuft. Ich möchte aber nicht nur zusehen, sondern in dem mir möglichen Rahmen einen Beitrag leisten, damit es anders läuft.

Aman: Wie war deine erste Begegnung mit den Brüdern Wallner, im Speziellen mit Bernhard Wallner?
Gabriele: Der erste Kontakt war sehr gut! Ich empfand speziell Bernhard als engagierten, vor Ideen sprühenden Menschen, der diese auch sehr gut und begeistert artikulieren kann. Christoph Wallner machte auf mich mehr den Eindruck desjenigen, der die Kohlen aus dem Feuer holt. Erst beim zweiten Termin, als ich mit Bernhard Wallner zum Park fuhr, kamen mir Zweifel. Es gibt viele Menschen mit guten Ideen, die aber nicht in der Lage sind, sie umzusetzen. Mich beschäftigt immer wieder das Phänomen, dass Menschen ihre wahren Absichten hinter hehren Grundsätzen verstecken und Ideale missbraucht werden.
Im Zusammenhang mit dem Park habe ich sehr viel über Menschen gelernt und werde in Zukunft noch mehr auf Sein und Schein achten.

Aman: War dir bei diesem ersten Gespräch mit Bernhard Wallner die katastrophale finanzielle Schieflage des Lebensparks bereits bekannt?
Gabriele: Nein! Es wurde überwiegend über die Zukunftsperspektiven des Parks diskutiert, die ich von Anfang an sah und für die ich mich begeistern konnte und weniger über die Ursachen der finanziellen Schwierigkeiten. Konkrete Zahlen ­erhielt ich kurz vor Weihnachten. Jahresabschlüsse gab es nicht. 

Aman: Du hast Kontakt zu dem Alteigentümer des Parkgeländes, Gerd Preissing. Der will nun nicht mehr mit den Wallner Brüdern zusammenarbeiten und auch nicht mehr mit ihnen verhandeln. Ist dir bekannt, warum dies so ist?
Gabriele: Ja, das ist mir bekannt. Herr Preissing hat eine Räumungsklage erhoben, weil der Kaufpreis nicht vereinbarungsgemäß bezahlt wurde. Daraufhin trat er vom Kaufvertrag zurück. Seitdem werden zwar Veranstaltungen auf dem Gelände durchgeführt, Herr Preissing erhält aber meines Wissens seit drei Jahren weder Pacht noch Miete.

Aman: Du hast auch Kontakt zu ehemaligen Gemeinschaftsmitgliedern und zu Darlehensgebern des Parks aufgenommen, welchen Eindruck hast du aus diesen Gesprächen mitgenommen?
Gabriele: Das ist ein schwieriges Kapitel und nicht mit wenigen Worten zu beantworten. Im Zusammenhang mit dem Park sind mir Schwachstellen in unserem Rechtssystem aufgefallen. Jeder kennt den Spruch: Wo kein Kläger, da kein Richter. Das geht aber noch weiter. Wer kein Geld hat, um einen Anwalt oder Gerichtskosten zu bezahlen, hat keine Chance sein Recht durchzusetzen. Wenn noch dazu das Geld der Gläubiger bereits ausgegeben ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen den Mut verlieren und gar nicht erst versuchen, zu ihrem Recht zu kommen.

Aman: Wann hat sich das Blatt für dich gewendet, keine weiteren Verhandlungen mehr mit den Wallner Brüdern und dem Rest der Gemeinschaft zu führen, und was war konkret der Anlass?
Gabriele: Der konkrete Anlass war ein Treffen in München mit der Wallner-Gruppe. Ich spürte, dass das, was auch mein Herzensanliegen war, nämlich die Idee des gesellschaftlichen Engagements, für die Wallners völlig in den Hintergrund getreten war und es nur noch um rein wirtschaftliche Interessen, nämlich die Rettung der vorhandenen Firmen ging. Ich hatte kein Vertrauen mehr in die Zusammenarbeit mit der Wallner-Gruppe.

Aman: Sind die jetzt noch verbliebenen Bewohner um Bernhard Wallner deiner Meinung nach Besetzer?
Gabriele: Es gibt den Begriff „unrechtmäßige Besitzer“. In unserem Rechtssystem gilt das „Verbot der Eigenmacht“. Das heißt, dass jeder, der sein Recht durchsetzen will, dies ausschließlich über Gerichte tun darf. Diese Verfahren sind leider oft sehr langwierig.

Aman: Christian Meyer hat, wie er in seiner Stellungnahme schreibt, „monatelang versucht ein Treffen mit beiden Seiten zu Stande zu bringen, in dem gegenseitige Vorwürfe hätten beantwortet und Kompromisse gefunden werden können“. Warum hast du dich ebenfalls gegen diese als Friedensgespräche benannte Runde entschieden und diese abgesagt?
Gabriele: Ich hatte mehrere Gespräche mit der Gruppe, bei denen Christian Meyer nicht dabei war. Zwischenzeitlich lagen mir so viele Fakten vor, die aus meiner Sicht gegen eine Zusammenarbeit sprachen, dass ein weiteres Treffen keinen Sinn machte. Mich wunderte, dass Christian Meyer die Risiken einer Zusammenarbeit zu ignorieren schien. Er stammt aus einer Juristenfamilie, wie er mir sagte, und sollte daher die Tragweite der Ereignisse überblicken können.

Aman: Aus welchem Grunde hast du dich nun von Christian Meyer distanziert?
Gabriele: Ich sehe momentan keine Gesprächsbasis, weil ich seine Art der Intervention nicht als hilfreich für eine gute zukünftige Entwicklung des Parks empfinde. Meiner Meinung nach hat er zu lange die Augen vor dem verschlossen, was im Park passierte: Fälle von Mobbing, Einschränkung der Meinungsfreiheit, finanzielle Schwierigkeiten und vieles mehr. Von einem Moderator erwarte ich mehr Objektivität und Empathie für die Geschädigten, d.h. Gläubiger und andere, die Verträge mit den Betreibern des Lebensparks geschlossen haben, die nicht eingehalten wurden.

Aman: Was wird nun aus dem Parkgelände? Was hast du vor und welche Struktur für die Organisation der Verwaltung könntest du dir in Zukunft vorstellen? 
Gabriele: Dieser Platz wird von einer gemeinnützigen Stiftung gekauft. Dort sollen Seminare und Veranstaltungen stattfinden, in denen sich Menschen gemeinsam mit Themen des friedlichen Wandels, der Ökonomie, Ökologie, Selbstversorgung auseinandersetzen. Aber auch Veranstaltungen zu den Themenkreisen: Yoga, Meditation, Bewusstheit, Lebensfreude, lebenslanges Lernen werden dort stattfinden. Internationale Jugendaustauschprogramme und Wohngruppen für ältere Menschen sind geplant.

Aman: Soll dieser Platz auch ein Lebensraum für eine neue Gemeinschaft werden und wie wird Transparenz gewahrt, an der es an diesem Ort in der Vergangenheit bisher gefehlt hat?
Gabriele: Dieser Platz soll selbstverständlich wieder ein Lebensraum für eine neue Gemeinschaft werden. Ich erhoffe mir viele Synergieeffekte von der Gemeinschaft und dem Gästebereich. Menschen müssen sich austauschen, um zu wachsen, neue Ideen aufzunehmen und um sich weiterzuentwickeln. Die Transparenz ergibt sich dann aus der juristischen Struktur, unterschiedlichen Verantwortungsbereichen und dem „Mehr-Augen-Prinzip“.

Aman: Du hast bereits Geld in den Park investiert und Fördermittel für die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen beantragt?
Gabriele: Ich habe die Zwangsversteigerung, die am 26. Januar diesen Jahres stattfinden sollte, abgewendet und einen Antrag auf Fördermittel für die Sanierung des Gästebereichs gestellt, der mittlerweile genehmigt wurde. Die Investitionen sind beträchtlich, unter anderem, weil das Thema Energieversorgung zukunftsweisend angegangen werden muss. Sanfter, naturnaher Tourismus ist ein wichtiges Anliegen in dieser wunderschönen Region.

Aman: Wie sähe die Langzeitperspek­tive für den Park am See deinen ­Vorstellungen nach aus?
Gabriele: Mein Wunsch für die Zukunft ist, dass viele Menschen den Park kennen und schätzen lernen. Rundherum menschenleere Weite, Felder, Wälder, Seen. Ein Platz, an dem wir lernen, achtsam mit uns selbst, anderen und der Natur umzugehen. Ich stelle mir vor, dass dort Menschen aller Generationen harmonisch und solidarisch zusammenleben, autark leben können, sich gegenseitig mit ihren Ideen befruchten und alle, die als Besucher kommen, nach Hause fahren mit der Gewissheit: local paradises – es gibt sie und dieser Platz ist eines von ihnen.

Aman: Was würdest du dir für die nächsten Wochen und Monate wünschen? Wie kann man/frau dich unterstützen?
Gabriele: Ich wünsche mir, dass der juristische Kleinkrieg zwischen dem Eigentümer und der Wallner-Gruppe aufhört und ein Neubeginn möglich wird. Bernhard und Christoph Wallner und ihre Mitstreiter sollen das Gelände freigeben. Die Gruppe hatte ihre Chance und hat sie meiner Meinung nach verwirkt.
Jugendarbeit, genossenschaftlich organisierte Wohngemeinschaft, Senioren-Wohngruppen, Seminar- und Veranstaltungsprogramm sind die Themen der nächsten Zeit, und für Unterstützung von erfahrenen, engagierten Menschen, die auch viel Herzblut mit einbringen wollen, bin ich immer dankbar!

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ (Erich Kästner). Meine Unterstützung für Alt Rehse ist ein Bekenntnis zum ­bürgerschaftlichen Engagement.


Anmerkung der Redaktion: Der Artikel „Tollense Lebenspark – und keine ­Ende?“ in der Juni-Ausgabe des SEIN hat hohe Wellen ­geschlagen. Herr Christian Meyer hat unser Angebot nicht wahrgenommen, ­eine Stellungnahme zu den gegen ihn vorgebrachten ­Vorwürfen in dieser Zeitschrift zu veröffentlichen. Stattdessen hat Herr C. Meyer es vorgezogen, den Herausgeber dieser Zeitschrift über seinen Anwalt mit einem straf­bewehrten Unterlassungsbegehren zu konfrontieren. Mehr darüber im Internet auf www.tollense-lebenspark.info


Abb: Das alte Schloss im Tollense-Lebenspark

Über den Autor

Avatar of Frau Gabriele Wahl Multerer

Dipl. Kauffrau, übernahm 1988 den Familienbetrieb WAHL ­Optoparts GmbH mit Sitz in München und baute diesen zusammen mit ­einem ehemaligen Zeissbetrieb in ­Neustadt (Orla) zu einer hochmodernen Firma mit 200 Mitarbeitern auf. Von 2006 bis 2012 war sie Mitglied im Aufsichtsrat der ­Jenoptik AG. Sie ist neben ihrer erfolgreichen Unternehmer­tätigkeit auch sehr im sozialen und ­gesellschaftlichen Bereich engagiert.

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Eine Antwort

  1. Axel-Satyana

    vielen Dank für die sachlichen Informationen im Artikel.
    Das Interview kann ein Beitrag sein, endlich aufzuklären und den Kleinkrieg mittels offener Briefe von der Einen – und grenzwertige Artikel von der anderen Seite zu beenden. Vielen Dank. Doch noch immer steht täglich ein Fahrzeug mit Provokationen und dem letzten SEIN Artikel in der Sache vor dem Eingang zum Park in Alt Rehse. „ES“ streitet fleissig weiter… Glück ist, die Saison beginnt.

    Sicher die letzte des „Tollense lebensparks“ in dieser Form. Daher auch die – meines Erachtens -doch angemessene Bitte – egal wo ihr steht – lasst diese Saison noch einmal einen Erfolg für alle werden, auch damit jene, die neben und für Bernhard die meiste Arbeit getan haben hier gut wegkommen. Denn diese werden den Platz sicher im September verlassen, da sie eine neue Heimat gefunden haben. Sie haben nach Bestem Wissen und gewissen alles gegegeben um den Platz zu erhalten und nun einer neuen Gruppe von Menschen, mit ähnlichen Zielen Heimat und Sinn zu geben. Das ist was übrigbleibt. Vor 8 Jahren war noch kein anderer soweit das für euch zu tun. Der „Tollense Lebenspark“ endet dieses Jahr . Das ist meines Erachtens nach sicher.

    Ich dagegen bleibe hier und der Park bleibt auch. Ich bin Geschädigter und Unterstützer zugleich. Kein Teil des Parks, doch der Park ist ein Teil von mir geworden. Von Anfang an habe ich Räume ich einige Schlüssel für den Platz, habe noch nie im Park gelebt, bin an den finziellen Vorgängen ausser als „Opfer“ nicht beteiligt. Ich bin selbständiger Unternehmer und habe an Realisierungskraft so einiges anzubieten. Es ist zutiefst bedauerlich, dass es mir trotz vieler höflicher Anfragen nicht möglich ist „den Neuen “ irgendwie in Kontakt zu kommen. Wenn nun dieser Artikel einige Klarheit in viele meiner Fragen bringt, fehlt es bis dato an jeglichem konstruktivem Kontakt.

    Meine Kritik ist : Der Park leidet. Jetzt. Letzte Woche wurden an allen Freisitzduschen am See alle Metallteile, Armaturen und die Wasserheizung entfernt. Alles was nicht Niet- und Nagelfest ist wird geraubt. Es wird gewildert und scharf geschossen. Fremde dringen nachts in die Häuser ein und nehmen mit, was sie finden und es wird immer schlimmer, je mahr hier gestritten wird. Ich stehe seit 2 Tagen alleinig zum Schutz des Platzes mit meinem Wohnmobil am Seeufer und lasse mein Haus alleine in dieser unsicheren Gegend. Einfach nur deswegen, weil ich den Schmerz der Menschen über so viel Sturheit von allen Seiten und und die anhaltenden Zerstörungen hier am Platz nicht mehr Aushalte.

    Ich brauche den Park nicht, habe aber das Gefühl der Park braucht mich grade. Bin ich nun Besetzer ? Besatzer ? Beschützer ? eins bin ich nicht „Beleidigt“…. Denn das hilft keinem. Der Platz ist zu gross um ihn alleine zu beschützen. Bitte helft und handelt.

    Glück ist, die Saison beginnt. Namaste -8.7.2014 Alt Rehse – Axel-Satyana

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