Über (Nahrungs-) Unverträglichkeiten und die Liebe

Warum Ankommen in diesem Leben mit dem Darm zu tun hat

Text von: Claus Unger

 

Viele Menschen leben nicht wirklich 100 % in ihrem Körper – oft, weil sie bestimmte Dinge nicht spüren wollen, die ihnen in der Vergangenheit widerfahren sind. Sie entwickeln dann oft Allergien und auch Nahrungsunverträglichkeiten, die ihnen das Leben zur Hölle machen. Hier lohnt ein Blick hinter die Kulissen.

Was passiert bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf der physiologischen Ebene? Auf der körperlichen Ebene gilt es zu unterscheiden zwischen Typ-1- und Typ-3-Allergien. Beim Typ 1 handelt es sich um unmittelbare Reaktionen auf ein Lebensmittel, die meist innerhalb weniger Sekunden bis Minuten nach Verzehr eintreten (z. B. bei Erdnuss- Allergikern). Der Körper reagiert mit einer explosionsartigen Histaminausschüttung, die heftige Entzündungsreaktionen auslöst und die bis hin zu einem anaphylaktischen Schock auch lebensbedrohlich sein kann. Beim Typ 3 kommt es nicht sofort zu akuten Symptomen, sondern erst einige Stunden später, wenn das Nahrungsmittel durch den Darm aufgenommen wurde in den Körper. Die Symptome sind sehr viel unspezifischer und werden von den Betroffenen meist nicht mit einzelnen Nahrungsmitteln in Verbindung gebracht: Man fühlt sich vielleicht matt und schwach, hat keine Energie, leidet unter einer gedämpften Stimmung… Ursache hierfür ist eine durchlässige Darmschleimhaut-Barriere (Leaky-Gut). Unverdaute Nahrungsmittelbestandteile gelangen ins Blut und müssen dort vom Immunsystem bekämpft werden. Dieser ständige Kampf des Immunsystems, unverdaute Nahrungsmittel aus dem Blut zu entfernen, die dort nicht hingehören, kostet den Körper sehr viel Energie. Man fühlt sich energielos und abgeschlagen und weiß nicht, woher es kommt. Es kann zu chronischen Entzündungen kommen – nicht nur im Darm, sondern an sämtlichen anderen Stellen im Körper: Hautentzündungen (z. B. Neurodermitis; die Haut außen ist immer Spiegel des Zustandes des Darms von innen), Gelenkentzündungen, chronische Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder Ohren.

 

Abb: iAmpYang Images-stock.adobe

 

…Auch obsessives Übergewicht kann daher rühren, dass der Körper die gebildeten Immunkomplexe nicht auszuscheiden vermag (bei gleichzeitig vorliegender gestörter Entgiftungs-/Ausleitungsfunktion) und sie stattdessen im Fettgewebe einlagert (wie in eine Abstellkammer, in die alles mögliche Gerümpel hineingestopft wird). Diese Entzündungsreaktionen können sich manifestieren, weil der Betroffene die auslösenden Nahrungsmittel kontinuierlich isst.

 

Die Therapie auf der körperlichen Ebene

Die Therapie besteht u. a. in einer Darmsanierung und dem Aufbau und der Regeneration der Darmschleimhaut – z. B. mit (echter!) Knochenbrühe, die nebenbei auch die körpereigene Entgiftung verbessert. Auch Probiotika* können wertvoll unterstützen, um die Dysbiose** zu beheben. Hierbei gilt es jedoch zu bedenken, dass die Besiedelung im Darm mit Bakterien in erster Linie davon abhängig ist, was ich genau esse. Probiotika (in schweren Fällen Stuhltransplantationen) können also als eine Art Starter-Kultur fungieren. Langfristig ist aber entscheidend, welche Nährstoffe im Darm ankommen – danach(!) richtet sich, welche Bakterien sich dort ansiedeln oder eben auch nicht. Die generelle/dauerhafte Ernährung hat also einen viel wesentlicheren Einfluss auf unsere Darflora als eine vorrübergehende Probiotika-Kur. Hier unterstütze ich meine Patienten, die für sie individuell passende Ernährungsform zu finden. Dies geschieht zum einen darüber, ein feines Körperbewusst- sein zu entwickeln und genau zu fühlen, wie einzelne Lebensmittel auf den eigenen Körper wirken – und sich danach auch zu richten (s. u.). Zum anderen gibt es moderne Diagnostik (Immunologie, Bio-Impedanz, Gen-Analysen), um Hinweise zu bekommen, welche Ernährung individuell zu mir passt. Wichtigstes Standbein der Therapie ist es daher, diejenigen Stoffe, die ich nicht gut vertrage (= die starke Immunreaktionen auslösen) zu meiden oder zumindest stark zu reduzieren. Dadurch wird das Immunsystem extrem entlastet, die Entzündungen gehen zurück und damit auch die körperlichen Symptome. Die Energie, die sonst beim Kampf des Immunsystems an dieser Front verloren ging, steht mir nun wieder für andere Sachen zur Verfügung – für mehr Kraft und Lebensfreude in meinem Alltag.

 

Reaktionsstärke des Immunsystems ermitteln

Um herauszfinden, auf welche Nahrungsmittel mein Körper besonders stark reagiert und welche ich dagegen gut vertrage, gibt es den Cyto-Test, mit dem ich hier gerne arbeite. Mittels Blutanalyse wird die Reaktionsstärke des Immunsystems auf 264 Lebensmittel ermittelt. Anhand dieser Empfehlungen lässt sich dann die eigene Ernährung individuell anpassen an Dinge, die ich sehr gut vertrage und dementsprechend viel essen kann, und an Lebensmittel, die ich möglichst meiden oder zumindest drastisch reduzieren sollte. Diese Optimierung der Ernährung kann ihren Beitrag dazu leisten, die Entzündungen abklingen zu lassen – weit über die „allgemeinen“ Empfehlungen einer antientzündlichen Ernährung hinaus. Die Stärken dieses Tests liegen darin, unpassende Lebensmittel zu detektieren, die man durch Ausprobieren nicht herausfinden könnte, weil die meisten Nahrungsmittel nicht isoliert gegessen werden, sondern in Kombinationen (Rapsöl z. B. ist in vielen Industrieprodukten drin; ebenso künstliche Zitronensäure, die mit Hilfe von Aspergillus Niger (Schimmelpilz) gewonnen wird). Wohl kaum einer würde Rapsöl isoliert trinken und warten (was einige Stunden dauern kann, wobei er ja nichts anderes essen kann), um zu schauen, wie sein Körper reagiert. Auch würde eine Ausschluss-Diät nicht anzeigen, dass man vielleicht auf Aspergillus Niger reagiert.

 

Unverträglichkeiten auf der psychologischen Ebene

Ganzheitlich arbeitende Therapeuten wissen, dass ein Krankheitsgeschehen sich nicht nur auf der körperlichen Ebene abspielt, sondern immer auch starke psychische Anteile hat. Was passiert bei einem Patienten, wenn dieser starke (Abwehr-)Reaktionen auf einen Stoff XY hat? Was triggert ihn? Gibt es eine Verknüpfung (Konditionierung) zwischen einem biologischen Reiz (ein Lebensmittel gegessen) und einer psychischen/seelischen Situation (tiefe emotionale Betroffenheit wie Schmerz, Trauer, Verzweiflung, Wut, Trennung, …)? Was möchte ein Patient meiden (auf der seelischen Ebene), wenn er eine Abwehr gegen ein Nahrungsmittel hat, auf das er auf der somatischen Ebene heftigst reagiert? Körper und Seele sind verbunden. Was auf der seelischen Ebene nicht verarbeitet wird, drückt sich irgendwann über den Körper aus, um sich Gehör zu verschaffen. Ich kann hier keine Antworten liefern, aber möchte Fragen aufwerfen: Warum entwickeln sich Allergien häufig erst im Verlauf des Lebens? Wenn es eine rein biologische Angelegenheit wäre, müsste ja die volle Symptomatik schon direkt nach der Geburt bestehen. Warum kann eine Allergie auch wieder abebben, wenn sich die Lebensumstände ändern (der Patient kommt z. B. in eine liebevolle Partnerschaft)? Plötzlich ist die Hausstauballergie oder der Heuschnupfen kein Thema mehr… Ebenso können Allergien häufig im Kindesalter „kommen und gehen“, ohne dass es eine Erklärung dazu gibt.

Um das Problem der heftigen Reaktionen auf der somatischen Ebene zu lösen, reicht es also nicht, nur auf dieser Ebene zu agieren. Die Schulmedizin unterdrückt hier gerne einfach das Symptom, indem sie Entzündungshemmer gibt. Aber die Entzündung ist ja Ausdruck dessen, was eigentlich dahinter steht (auf der seelischen Ebene). Was möchte die Seele ausdrücken? Was wurde bisher nicht gehört und angeschaut? Was möchte raus? Welches Thema möchte sich zeigen und bearbeitet werden? Eine Unverträglichkeit bedeutet auch: Was tut mir nicht gut? Wo wurde bei mir eine wichtige Grenze überschritten? Von wem? Vielleicht von mir selbst auch?

 

Auto-Immunerkrankungen

Die seelischen Prozesse zu berücksichtigen ist auch entscheidend bei anderen Entzündungen, den sogenannten Auto-Immunerkrankungen. Was ist auf der seelischen Ebene los, dass der Körper (ich) sein eigenes Gewebe (mich) angreift? Selbst die Schulmedizin ist hier mittlerweile so weit, den psychischen Einfluss anzuerkennen, indem die „Verordnung“ psychischer Entspannung häufig die Symptomatik verbessert. Aber Entspannungsübungen/-therapien etc. mildern nur vorübergehend für die Zeit der Entspannung. Ich kann mich ja aber nicht permanent nur „entspannen“. Um mich wirklich zu entspannen (die Ursache für die Spannung aufzulösen) gilt es also das Thema zu lösen, das dahintersteht. Und dieses – ja meist unbewusste – Thema ist sehr angstbesetzt. Die Angst schützt das Thema und hüllt es ein, damit es nicht wieder verletzen kann. Diese Angst zeigt sich schon immer klar zu Beginn einer Therapie: in Form von Blockaden und Abwehr. Ein Patient weiß, dass es ihm schlecht geht. Er weiß ungefähr, was ihn verletzt hat (vielleicht gab es sexuelle Übergriffe in der Kindheit; oder man litt unter dem Gefühl, nicht genug geliebt zu werden; es gab eine traumatische Trennungssituation; …), aber die Angst vor dem Schmerz, der sich zeigen könnte, wenn man hinguckt, was dort eigentlich ist, ist so groß, dass man die Kiste lieber zumacht und gaaanz weit wegschiebt. Jegliche Versuche in diese Richtung werden dann konterkariert. Auch auf der körperlichen Ebene schon.

Der Patient hat vielleicht ein körperliches Leid (z. B. starke Neurodermitis). Es gibt vielleicht einen Test oder eine Therapie, wie er die Entzündungen lindern könnte (z. B. Nahrungsmittel weglassen, die sein Immunsystem triggern). Aber: Er will es nicht ausprobieren. Weil das Thema, das dahintersteht und damit verbunden ist, (noch) zu groß ist. Die Psyche ist dann clever und findet tausend Ausreden, um die Dissonanz zu reduzieren (kein Geld, keine Zeit, keine Lust, „bringt ja sowieso nichts“, …). Der Patient hält sich also in (s)einem Annäherungs-Vermeidungskonflikt in der Schwebe: Einerseits weiß er, dass das Problem da ist, andererseits traut er sich auch nicht so richtig, eine Lösung anzugehen.

Was möchte die Seele ausdrücken?

Was wurde bisher nicht gehört und angeschaut?

Was möchte raus?

Welches Thema möchte sich zeigen und bearbeitet werden?

 

Sich öffnen lernen

Bevor über das eigentliche Thema gesprochen werden kann, ist der Beziehungsaufbau zu diesem Menschen unerlässlich. Wann der Patient sich öffnet, hängt zum einen natürlich von ihm selbst ab, zum anderen von der Qualität des Therapeuten (wie offen/ empfänglich zeigt er sich für das Thema, wie viel Schutz und Vertrauen bietet er, wie viel Kraft hat er, dieses Thema zu halten). Einzelgespräche sind hier natürlich ein Einstieg. Um tiefer zu gelangen, können dann aber andere Verfahren ihre Stärke ausspielen, z. B. die Aufstellungsarbeit, weil die seelischen Themen dem Bewusstsein meist nicht direkt zugänglich sind. In einem geschützten Rahmen hat der Patient hier die Möglichkeit, sich wohldosiert seinem Thema anzunähern. Stück für Stück, in seinem Tempo. Er hat die Kontrolle darüber, wie viel er preisgibt. Und dieses Vertrauen gewinnt er dabei nach und nach in die Menschen, die ihn auf diesem Wege liebevoll begleiten. Auf einem Wege, sich selbst anders sehen, erleben und fühlen zu können. Und auch dieses „eine“ Thema so zu verändern, dass er damit gut leben kann. Diese Veränderung in uns selbst verändert, wie wir uns in Beziehung zu unserer Umwelt wahrnehmen. Und dies verändert unsere Art und Weise, etwas in unsere Umwelt zu geben. Und dies verändert ebenso, was du von deiner Umgebung zurückbekommst. Es ermöglicht dir, dich selbst und deine Umwelt ganz anders zu „steuern“ – und damit dein Leben.

Aufgrund dieser Selbstkompetenzen und Fähigkeiten kannst du auch mit Konfrontationen und Herausforderungen in deinem Leben ganz anders umgehen. Vorher bist du ihnen ausgewichen (Unverträglichkeiten führen zu Vermeidungsverhalten). Nun kannst du dich ihnen selbstbewusst stellen und sie meistern.

 

Liebe als Lösung

Um zu inkarnieren, also Mensch zu werden, anzukommen auf dieser Erde und anzukommen im eigenen Körper, braucht es Verbindung und Kontakt. Leidet ein Mensch unter starken Unverträglichkeiten, ist dies ein Hinweis auf eine Störung dieser Verbindung und dieses Kontaktes – zu anderen, aber auch gerade zu sich selbst. Wie kann dieser Kontakt und diese Verbindung (wieder) hergestellt werden? Durch die Liebe. Die Liebe verbindet. Dabei geht es über die anderen zu mir selbst. Ich erfahre die Liebe von außen und kann daher meine Liebe zu mir selbst ent- wickeln. Von außen empfangen wir diese Liebe zunächst als wichtigste Quellen von unserer Mutter und unserem Vater. Gibt es hier eine Störung, gilt es, diese Ordnung wiederherzustellen. Dies lässt sich – auch „später“ im Erwachsenenalter – mittels gut gemachter Aufstellungsar- beit therapeutisch erreichen. Durch die wirkliche Liebe, die ich erfahre, und die Anbindung an mein Umfeld lösen sich innere Kon ikte und ich kann in Kontakt treten mit meiner sozialen und physiologischen Umwelt. Und damit können sich auch Unverträglichkeiten verbessen. Wie hoch der Anteil auf der seelischen Ebene und wie hoch der Anteil auf der „rein“ physiologischen Ebene war, ist dann zweitrangig. Was zählt, ist die Verbesserung der Lebensqualität.

 

Unverträglichkeit 100% psychisch?

Eine Unverträglichkeit kann auch zu 100% auf der psychischen Ebene gelagert sein und zu 0% auf der körperlichen, wie das folgende Beispiel zeigt:

Birgitt bekommt in ihrer Wohnung Besuch von ihrer Freundin Martina. Martina reagiert, im wahrsten Sinne des Wortes, „allergisch“ auf die Tulpen in Birgitts Wohnung. Ohne dass sie sie berührt – nur vom Sehen – kriegt sie Beklemmungen und Luftnot. Was ist passiert? Martina lebt seit 4 Jahren in einer unglücklichen Beziehung mit einem „Macho“, der sie wenig achtet. Nicht mal zu besonderen Anlässen bekommt Martina Blumen von ihm, weil er das für „überflüssig“ hält. Kürzlich hat Martina aber von ihrem Arbeitgeber zum Geburtstag einen Strauß Tulpen bekommen, was natürlich eine extreme Dissonanz bei ihr auslöst, die sie gerne verdrängen möchte. Kommt sie nun in Birgitts Wohnung, wird dieser Vermeidungskonflikt erneut wachgerufen. Ihre (körperliche) allergische Reaktion ist eigentlich Ausdruck ihrer Seele, sich den seelischen Schmerz ihrer unglücklichen Beziehung einzugestehen.

 

 

Claus Ungerist Diplom-Psychologe, Erzieher und Ernährungsberater. Als Psychologe weiß er, dass gesunde Ernährung meist weniger ein Thema des Wissens ist, sondern die Herausforderung viel mehr in der Umsetzung des tatsächlichen Verhaltens liegt. In seiner Praxis geht es ihm darum, seinen Patienten zu zeigen, wie sie über eine gesunde Ernährung mit Vitalität zu Lebensfreude und Glück finden.

Info & Kontakt:

www.ernaehrungspsychologe.de

info@ernaehrungspychologe.de

Tel.: 01765 68 49 526

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