Die Welt ist ein Garten – Ein Manifest für ökosophische Lebenskultur

Jenseits von Eden?

„In einem Garten ging das Paradies verloren, in einem Garten wird es wiedergefunden“, prophezeite der französische Philosoph Blaise Pascal im 17. Jahrhundert. Auf den ersten Blick scheint hier der Wunsch der Vater des Gedankens gewesen zu sein. Die Emphase der Aufklärung wurde von der jüngeren Geschichte eines anderen belehrt. Das fortgeschrittene Zeitalter der Aufklärung mit all seinen schillernden Facetten hat die Menschheit vier Jahrhunderte später vielmehr an einen gähnenden Abgrund geführt: „die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils.“1

Urwaldrodungen, Artensterben, Klimawandel: Mutter Erde hängt am Tropf, die Biosphäre ist bereits schwer beschädigt. Laut einer neueren Studie, die mit NASAProgrammen berechnet wurde, sei der Untergang der menschlichen Zivillisation ungeachtet aller unserer verzweifelten Bemühungen nicht mehr aufzuhalten.2 Der Firniss der Zivilisation hat sich wie ein Schatten über die Erde gelegt. Kein Ort, nirgends? Und Eden schon gar nicht?

Diesseits von Eden

Ungeachtet aller kursierenden Weltuntergangsvisionen ist und bleibt der Garten Eden und die Vorstellung von einem irdischen Paradieses ein immerwährendes kollektives Wunschbild, das nicht nur die Mythen des Alltags durchwebt, sondern auch in den Kulturwissenschaften und der Philosophie durchweg präsent ist. Was wären wir ohne das Prinzip Hoffnung?

„Natur ist unsichtbarer Geist, und Geist ist unsichtbare Natur“, sagt der deutsche Naturphilosoph Schelling. Ohne die Vorstellung von einer irdischen Erfüllung an einem verheißenen Ort im Hier und Jetzt scheint menschliches Leben nicht lebbar zu sein. Die größte Sehnsucht der entgrenzten Menschheit ist es, sich wieder zu verbinden, sich wieder zu verwurzeln.

Von der Erde kommen wir, und wir werden zur Erde zurückkehren. Martin Luther hat bereits vor 500 Jahren betont, dass die beste Antwort auf die Apokalypse das Pflanzen eines Apfelbäumchens sei – das uns an den ursprünglichen Paradiesgarten erinnert. Auf den Trümmern der Fabrikhallen der ehemaligen Auto- Metropole Detroit sind inzwischen Hunderte von Social-Gardening-Projekten entstanden. „Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, sagt Hölderlin. Überall regt sich’s auf der Welt – all den apokalytischen Unkenrufen zum Trotz.

Ich möchte im Folgenden mit dem tiefenökologischen Konzept „Universal Gardening“ zeigen, dass der Garten Eden ein kollektives Wunschbild ist, das gleichsam existential-ontologischer Bestandteil menschlicher Welterfahrung ist. Kein Leben ohne Eden. Um diese These von Grund auf zu verstehen, ist ein Ausflug in die Anfänge der menschlichen Kulturgeschichte notwendig.

Guan Eden: Die Wiege der menschlichen Kultur

Im Wüstensand des Irak, inmitten der heftigen Kämpfe rivalisierender religiöser Gruppen, würde ich heute gern einen Garten Eden gründen – denn dort hat die Geschichte von dem verheißenen Garten einstmals ihren Anfang genommen. „Tief ist der Brunnen der Vergangenheit“, schreibt Thomas Mann einleitend in seinem Romanepos „Joseph und seine Brüder“. „Erde“ ist von der vermutlich ältesten menschlichen Siedlung „Eridu“ in Mesopotamien abgeleitet. Heute ist diese uralte sumerische Stadt vom Winde verweht.

Das Holozän

„Der Mensch erscheint im Holozän“ (Max Frisch) – erdgeschichtlich beginnt die Gegenwart vor etwa 11.700 Jahren mit der bis heute andauernden Warmzeit. Den Garten Eden von Eridu muss es bereits lange vor dem Sündenfall in der Bibel und der Vertreibung der Menschen aus diesem verheißenen irdischen Ort gegeben haben. Erstmals taucht der „Guan Eden“ in der sumerischen Kultur auf und bedeutet „am Rande der himmlischen Steppe“. Das sprechende Bild nimmt Bezug auf drastische Klimaveränderungen, die sich nach der letzten Eiszeit in der Levante zeigten und eine kulturelle Revolution auslösten: vom Jäger und Sammler zum sesshaften Bauern. Die Menschen begannen im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris Wildgetreide zu domestizieren, und zum Schutz vor Verbiss wurden Zäune angelegt. Das Wort „Paradies“ stammt wiederum aus dem Altiranischen und bedeutet „eingezäunter Bereich“. Das Heilige und das Profane: Die ersten Gärten der Welt waren eingehegte Kultstätten zu Ehren der Götter und dienten zusätzlich als Ernährungsgrundlage für eine sehr stark anwachsende Bevölkerung. In unseren Breiten hießen sie „heilige Haine.“

Quantenfeld Paradies

Quantenphysisch betrachtet waren diese ersten Gärten mit einer sehr hohen energetischen Frequenz ausgestattet, da sie einerseits kultische Begegnungsstätten und andererseits der unmittelbare Nährboden für die Menschen waren. „Natura“ bedeutet im lateinischen Wortursprung „die ewig sich Wiedergebärende“. Als historisches Wunschbild des Urgrunds verfügt der Garten Eden über ein umfassendes Wirklichkeitsspektrum, vieldimensional und tief vernetzt, ein Ort, wo Raum, Zeit und Kausalität noch im gelebten Moment aufgehen.

Im Unterschied zur wilden Natur ist ein Garten ein gestalteter Raum, in dem sich das Bewusstsein formend in die Materie einschreibt. In der Tiefe entsteht ein hochfrequenter Quantenraum, ein Raum der Rückführung in magische Verbundenheit. Im philosophischen Diskurs sprechen wir angesichts solch einer Tiefenerfahrung, wo es noch keine „ontisch-ontologische Differenz“ (Martin Heidegger) gibt, von Universalismus: Alles ist mit allem verbunden, es herrscht allumfassende Synchronizität, und der Mensch ist im vielschichtigen Quantenfeld des Seins unmittelbar aufgehoben.

Adam heißt Ackerboden

Garten-Strellin2Adam, der erste Mensch, war ursprünglich zweigeschlechtlich; das Wort bedeutet im Hebräischen „Ackerboden“. Mutter Erde ist ein gern beschworener Mythos. Die Trennung in Mann und Weib kam später und führte dann zum Sündenfall und der Vertreibung. Adam als Ackerboden bedeutet allumfassende Synchronizität und Beheimatetsein. Und „cultura“ bedeutet im Wortursprung das Hegen und Pflegen der Erde. Nichts anderes meint der Garten Eden als utopischer Ort – und die bereits frühzeitig erfolgte Vertreibung aus dem Paradies bedeutet philosophisch betrachtet, dass wir uns im Zustand der „Geworfenheit“ (Heidegger) im Sein befinden und uns nach der ursprünglich erfahrenen Verbundenheit durch die Kraft unseres Bewusstseins zurücksehnen.

Als lebensweltlich orientierter Mensch wollte ich das alles genauer wissen und vor allem auch erleben. Im Frühjahr 2013 entschloss ich mich, auf einem abgelegenen Biobauernhof in Vorpommern mit Herz und Hand tätig zu werden – und mit Schaufel, Hacke und Rechen einen Garten Eden zu gründen.

„Ein großer Gelehrter ist selten ein großer Philosoph; und wer mit Mühe viele Bücher durchblättert hat, verachtet leicht das einfältige Buch der Natur, und es ist doch nichts wahr, als was einfältig ist.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Im Garten Eden in Vorpommern

Der Winter wollte einfach nicht gehen. Anfang April war die Wildwiese hinter der alten Schmiede in Vorpommern, wo ich mir ein Jahr Auszeit fernab des menschlichen Treibens gönnte, noch schneebedeckt und hart gefroren. Mit dem einsetzenden Tauwetter und dem Erwachen des Frühlings keimte in mir der Wunsch auf, einmal im Leben einen Garten Eden anzulegen.

Garten-GullinAls langjähriger Großstädter brachte ich wenig Erfahrung im Umgang mit den Wirkkräften der Natur mit. Wollschwein Gullinborsti übernahm die Rolle des Erdbotschafters auf dem abgesteckten quadratischen Wiesenstück. Lustvoll nahm er sich der aufatmenden Erde an, tauchte mit der Schnauze tief in den Boden, warf Erdschollen in die Luft, fraß sich durch das freigelegte Wurzelwerk und bereitete mit diesem eindrucksvollen Schauspiel den Nährboden vor. Im germanischen Mythos zieht Gullinborsti („Goldborste“) den Himmelswagen des Fruchtbargottes Freyr am Horizont und kündigt den Frühling an. Und genau so habe ich ihn wieder erlebt, in magischer Verbundenheit in die aufwachende Erde eintauchend und lustvoll grunzend Schollen gen Himmel werfend. Ich werde diese Bilder nie vergessen.

Nach einer Woche Wühlen, Düngen und wohligen Erdbädern hatte Gullinborsti sein wildes Werk getan: ein zwölf mal zwölf Meter großes Areal wartete nun auf eine angemessene Gestaltung, in der Geist und Natur nach meinem so lange gehegten Plan eine harmonische Verbindung eingehen durften. Aber wie beginnen?

Naturtempel

Ein Templum sollte der Garten werden, ein Garten des Geistes – erinnernd an die römischen Auguren („die Mehrer“), die mit ihrem Krummstab ein Rechteck in die Wildnis zeichneten, um in diesem heiligen Areal zu verweilen und aus dem Flug der Vögel die Zukunft zu deuten. Das etruskische Templum ist der Ursprung unserer Kultur, und aus ihm gingen später die versteinerten Tempelanlagen, die Kathedralen und Paläste hervor.

Im Ursprung unserer Kulturen war dieser eingehegte Garten den Göttern geweiht und degenerierte erst später zum profanen Nutzgarten.

„Bei Betrachtung der Natur im Großen wie im Kleinen hab ich unausgesetzt die Frage gestellt: Ist es der Gegenstand oder bist du es, der sich hier ausspricht?“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Ein geistiges Bild aus dem kollektiven Unbewussten war also kreiert – und die Kühe auf der angrenzenden Weide kamen neugierig an, um zu schauen, was sich denn da so tut.

Die überall sprießenden Kopfweiden lieferten das organische Material für die Einhegung des heiligen Gartens, und schon bald war ein geflochtener Gartenzaun aus Weidenästen mit vier Eingangstüren gestaltet. Für die Umrahmung der Beete dienten eingesammelte Granitsteine und Stroh auf dem symmetrischen Wegesystem des Gartens.

Der Kosmos im Garten

Die Ecken des eingehegten Templums hatte ich bereits vorher nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet, ganz nach Luther mit vier Apfelbäumchen bepflanzt und im Zentrum eine lange, hohe Pappelstange aufgerichtet, die nun ihren wandernden Schatten auf die Erde warf und als Sonnenuhr diente. Diese Axis Mundi verbindet Erde und Himmel und stellt als eine Art kosmische Antenne die Verbindung zu Sonne, Mond und Sternen her.

Nun wurde mir plötzlich durch „anschauende Erkenntnis“ (Goethe) bewusst, warum Hölderlin immer von der Erde zum Himmel dachte. Es ist die aufwärtsstrebende Bewegung der Pflanzen, von Mutter Erde zu Vater Himmel. „Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan“, so endet Goethes Faust II. Es ist die universale Bewegungsrichtung der irdischen Natur: heliotroph, zur Sonne hin. Die gegenläufige Bewegung ist die des Wurzelwerks, geomorph, mit der Erde tief verbunden. Rudolf Steiner hat immer davon gesprochen, dass der Kopf der Pflanze sich im Erdreich befinde. Nach Goethe zeitigt das Pflanzenwachstum drei Bewegungsrichtungen: vertikal, horizontal und spiralförmig. Bei großblättrigen Pflanzen wie den Kohlsorten ist dies besonders eindrücklich. Auch unsere DNS ist spiralförmig – innere und äußere Natur ergänzen sich.

Das Oktogon: Aufbruch zur Ganzheit

Universal GardeningFür die anzulegenden Beete wählte ich das Achteck mit einer Kräuterpyramide im Zentrum. Nach Platon hat alles, was existiert, immer schon eine geistige Form, die er Idee nennt. Das Oktogon als uralte kosmische Form stellt einen ideellen Chronotopos, ein tief wirkendes raumzeitliches Kontinuum, dar. Einerseits symbolisiert es die acht Himmelsrichtungen eines Kompasses, andererseits spiegelt sich in dieser Anordnung das Gartenjahr mit den acht keltischen Jahresfesten.

Das Oktogon steht für den Aufbruch zur Ganzheit, zum Kreis, und ist als universales Symbol in Natur und Kulturgeschichte wiederzufinden – in Blütenformen, Mandalas, den Kuppeln bedeutender Kirchen und Kathedralen. Es steht für die Aufforderung des Subjekts, den eingeschlagenen Weg zur Ganzheit zu gehen. Es ist ein Sonnenrad, das die acht kosmischen Zeitmarken beim Umlauf der Erde um die Sonne beschreibt.

Rotierende Gemüsebeete

Die acht um die zentrale Achse angelegten Beete wurden nun in wiederum acht Reihen unterteilt, und es entstand ein rotierendes Feld von 64 Gemüseund Kräutersorten, die in gut bedachter Nachbarschaft ausgesät wurden – denn auch im Reich der Pflanzen gibt es gut und schlechte Nachbarn.

„Die Steine wachsen, die Pflanzen wachsen und leben, die Tiere wachsen, leben und empfinden.“ (Carl von Linné, 1707-1778)

Ein Saatplan auf einer aufgespannten Leinwand diente im Laufe der Monate als Orientierung. Die Bepflanzung des Gartens erfolgte beim ersten Mal intuitiv – und die Saat ging auf. Ein wuselndes Feld von ineinander verschränkten Elementarteilchen formierte sich zu einem Ganzen in seinen wiederum vielschichtigen Besonderheiten. Manche Gemüsesorten wie Radieschen und Salat können mehrfach im Jahr gesät werden, andere wie zum Beispiel Pastinaken oder Grünkohl brauchen viele Monate und werden erst im Winter geerntet.

Im fortgeschrittenen Stadium könnte im oktogonalen Garten eine 8-Felder- Wirtschaft betrieben werden. Sieben Jahre wechselnde Pflanzen, und im achten Jahr ruht das Beet. Altes Wissen und Bauernregeln dienen hierbei als Orientierung.

Gartentherapie

Garten-StrellinMit dem Fortgang des Gartenjahres fanden sich rings um den Garten auch immer mehr Haustiere ein: Hühner, Enten, Gänse und Ziegen gestalteten das Leben auf dem kleinen Hof zu einem bunten Treiben und trugen ihren Teil zur Gesundung von Leib und Seele bei. Die freilaufenden Tiere bauten als intuitive Therapeuten eine Brücke zwischen Mensch und Pflanze und füllten den erlebten Raum zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang mit ihrer je besonderen Lebendigkeit.

Der Urspiritualität auf der Spur

Viele Menschen kamen im Laufe meines Gartenjahres zu Besuch nach Vorpommern und nahmen Anteil an dem täglichen Geschehen – und es war für alle immer wie eine Art Rückkehr, eine Heimkehr zu Mutter Erde. Mein erster Garten Eden war ein täglich erlebtes Medium für Rückbesinnung und kosmische Verbundenheit – im synästhetischen Erlebnisraum der Natur, wo Mensch, Tier und Pflanze noch eine Einheit darstellen. „Im Innersten der Materie liegt eine Schnittstelle zwischen physischer und geistiger Realität.“3 Wir nennen diesen erweiterten Wahrnehmungsraum Magie. Trotz aller täglich erlebten Rückfälle ins Alltagsego mit seinen Sorgen, Kämpfen und Konfrontationen kann ich behaupten, in meinem selbst kreierten Garten Eden eine Ahnung von der immerwährenden Verbundenheit der Welt erlebt zu haben. Einer meiner wichtigsten Begleiter im Garten war Wolf-Dieter Storl mit seinem Buch „Der Selbstversorger“. Diese gelebte Urspiritualität im alten Wissen und den kosmischen Gesetzmäßigkeiten hat mich täglich inspriert. Ich kann dieses Werk sowie die weiteren Bücher von Wolf-Dieter Storl jedem Neueinsteiger sehr ans Herz legen.4

Die Vertreibung aus dem Paradies

Wie kam es, dass diese Urspiritualität verloren ging?

Im Zuge der Sesshaftwerdung der Menschen im Neolithikum bildeten sich die ersten agrarischen Kulturen heraus, von denen der Garten Eden als utopischer Ort zu erzählen weiß. Das Bewirtschaften der Landflächen und das Lagern von Lebensmitteln brachte aber über viele Generationen eine neue Lebensform hervor: vom Sein zum Haben. Waren die ursprünglichen Jäger- und Sammlerkulturen noch unmittelbar mit den Naturkreisläufen verbunden, begannen sich durch die Sesshaftwerdung sogenannte „Big Men“-Kulturen (Matthias Horx)5 zu entwickeln. Die Stammesführer und Heerführer traten mehr und mehr in den Vordergrund, die Schamanen mit ihrer intuitiv praktizierten Naturmagie spielten nicht mehr die führende Rolle. Uralte Weisheit wurde von dem Wissen um die Beherrschbarkeit der Natur verdrängt.

Vom Himmel zur Erde: Die Macht der Religionen

Garten-ParadiesDer Verlust des Ursprungs im Universalismus führte über lange Zeiträume zur Ausbildung verschiedenster Religionen, die schließlich in die monotheistischen Modelle der uns bekannten Weltreligionen mündeten. Umwertung aller Werte: Vom Himmel zur Erde war jetzt die Bewegungsrichtung. Das Göttliche war nicht mehr in den natürlichen Phänomenen der Lebenswelt präsent, sondern transzendente Mächte verbunden mit entsprechendem Verhaltenskodex wirken nun vom Himmel auf das Leben der Menschen ein. Im Wortursprung bedeutet Religion „die gewissenhafte Sorgfalt in der Beachtung von Vorzeichen und Vorschriften“. Der relgiöse Mensch ist nicht mehr synchronizistisch mit dem Kreislauf der Natur verbunden, sondern ordnet sich einem kulturell je verschieden entwickelten Ordosystem unter, um unter dieser Anleitung den Weg zurück zur Einheit des Seins zu finden.

Der oktogonale Garten Eden kann als archetypisches Leitbild für alle Religionen der Welt gelten.

Am ehesten universalistisch verbunden ist der chinesische Taoismus. Im I Ging, dem ältesten Buch der Welt, teilt sich die Welt im Ursprung in zwei miteinander verbundene Kräfte, das Yin und Yang. Die männlich und weiblich verwobene Kraft fächert sich in die vier Himmelrichtungen auf, und diese wiederum teilen sich in die berühmten acht Trigramme, die eine oktogonale Struktur bilden, aus denen dann die 64 Hexagramme hervorgehen.

Das grundlegende Phänomen des I Ging ist nach C.G.Jung die „Synchronizität“ der Welterfahrung, die noch kein Oben und Unten kennt und tief im Quantenfeld des Lebens verankert ist. Im Hinduismus erscheint das Oktogon als achtzackiger Lakshmi-Stern, im Buddhismus als Dharma-Chakra, im Christentum im Grundriss der Taufkirchen, im Islam als Khatim (Siegel des Propheten). Auch in den acht keltischen Jahresfesten und dem indianischen Medizinrad spiegelt sich die universale Form des Oktogons.

Rückführung in den Universalismus

Garten-IGingDas Oktogon als universaler und integraler Chronotopos liegt allen Kulturen und Religionen der Welt als Orientierungsform zugrunde. In den Religionen wird jedoch die natürliche Entfaltungsrichtung von der Erde zum Himmel umgekehrt: Religiöse Rückbindung findet mittels einer transzendenten Gottheit vom Himmel zur Erde statt. Dennoch ist jede unserer Weltreligionen aus der Urspiritualität hervorgegangen. Das Oktogon erweist sich als universale archetypische Form und als verbindender Super-Code für eine globale und nachhaltige Friedenspolitik. Universal Gardening lädt dazu ein, sich in seiner Verschiedenheit und Besonderheit in einem verbindenden urspirituellen Quantenraum zu begegnen. Und das integrale und universale Oktogon symbolisiert als Form die Liebe, die alles verbindet.

„Ich kenne kein anderes Bestreben, als mich selbst, nach meiner Weise, soviel als möglich auszubilden, damit ich an dem Unendlichen, in das wir gesetzt sind, immer reiner und froher Anteil nehmen möge!“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Das Gartenoktogon, ein Akupunkturpunkt zur Heilung der Erde

Der oktogonale Garten wird somit zu einem imaginären Nährboden für eine Welt des Friedens, wo Mensch, Tier und Pflanze eine Einheit bilden. Er stellt einen Akupunkturpunkt zur Heilung der Erde dar.

„Suchst du das Höchste, das Größte? Die Pflanze kann es dich lehren. Was sie willenlos ist, sei du wollend! Das ist’s.“ (Friedrich von Schiller)

Quantenphysisch betrachtet ist es unwichtig, wo auf der Erde ein Garten Eden ins Leben gerufen wird, denn er ist allüberall. Energetisch betrachtet ist alles Geschehen im Universum und auf der Erde immer verbunden.

Mit dem Internet als weltumspannendem Medium haben wir die Möglichkeit, unsere Gartenprojekte visuell in Pixelwelten zu präsentieren. Jedes lokale Gartenprojekt ist immer auch global wirksam, und zwar nicht nur programmatisch, sondern quantenphysisch integriert. Wir erden das Internet. Und jedes Neugründung eines Gartens verstärkt das universale morphogenetische Feld des Friedens und der Einheit der Welt.

Universal Gardening

Universal Gardening versteht sich als eine besondere Form des weltweiten Trends zu Social Gardening bzw. Urban Gardening. Durch die tiefenökologische Verankerung wird der gemeinsam erstellte Garten nicht primär als biologischer Nutzraum für eine gesündere Ernährung gesehen. Ökosophisch betrachtet ist jeder Garten ein geistiger Raum, wo äußere und innere Natur in ganzheitlicher Erfahrung erlebt werden können. Und diese ganzheitliche Erfahrung darf geübt werden – in Form von Gartenseminaren.

Der universale Garten stellt sich somit auch als Forum und Begegnungsraum für eine globale Friedenspolitik dar.

Erdbotschafter sind Paradiesgestalter6

Garten-Tornow Universal GardeningDer kleine Garten Eden in Vorpommern hat quantenphysisch betrachtet eine regelrechte Gardening-Bewegung ausgelöst. Das auf Facebook täglich ergänzte Fotoalbum zeigt die Idee von der Entstehung bis zur Vollendung im Jahreskreis der Natur7. Viele Menschen haben sich auch über das von uns entwickelte neue Internet-Forum www.nachhaltigsein.net bereits inspirieren lassen, Garten-Eden-Projekte ins Leben zu rufen.

Inzwischen gibt es sechs oktogonale Gärten in Vorpommern, Mecklenburg, Brandenburg, Bayern und Oberösterreich. Der größte Garten in Hackenbuch hat einen Durchmesser von 33 Metern erreicht – und vielfältige Ideen für einen Gartenseminarraum im Sinne der Montessori-Pädagogik sind dort in Arbeit. „Hilf dem Kind, es selbst zu tun“, ist die Devise. Garten-Eden-Projekte sind Trainingsfelder für zukunftsfähige Lebensformen. Derzeit arbeite ich an einem Garten-Eden-Projekt für den Schulhof der Kreativitätsgrundschule in Berlin- Karlshorst. Kinder sind noch in einem viel größeren Maße quantenphysisch vernetzt und können uns Erwachsene an die Hand nehmen und in das Land zurückführen, „das lange zögert, eh es untergeht.“(Rilke).

Ökosophischer Imperativ

Der Mensch verkörpert eine außergewöhnliche Lebensform. Er lebt in einer „ontisch-ontologischen Differenz“ (Martin Heidegger). Wir sind als empfindende Körper Teil des Naturganzen, aber wir verfügen auch über die Fähigkeit, unser Sosein gedanklich zu transzendieren – mit all der Freude und dem Leid, das mit dieser Gabe verbunden ist. Die „Geworfenheit“ (Martin Heidegger) ins Sein als kreatives Setting des Menschseins bringt in Form der Kultur vielfältigste Ausdrucksformen hervor.

Der Garten als Raum, in dem Natur und Kultur sich begegnen, ist ein wirksames Medium, um entgrenzte Menschen, die in ihrem Leben die Bodenhaftung verloren haben, wieder besser zu erden. Und angesichts unser beschädigten Biosphäre, die der Nährboden unserer Welterfahrung ist, geht es nun ums Ganze. Erdung ist das Gebot der Stunde. Die Natur wird immer weiter wirksam sein, auch jenseits der Menschen. Die menschliche Kulturgeschichte jedoch ist an einem Scheitelpunkt angelangt. Allerorten wird nachhaltiges Verhalten gepredigt und teilweise auch praktiziert. Wenn wir nicht in der Lage sind, unser entgrenztes Verhalten innerhalb unseres Lebensraumes Erde tiefgreifend zu korrigieren, werden wir als Spezies untergehen. Die Stimme der Vernunft fordert uns auf, umzudenken. Dies zu wissen, zieht als notwendige Folge eine veränderte Haltung nach sich.

Frei nach Immanuel Kant transformieren wir den berühmten „Kategorischen Imperativ“ in eine zeitgemäße Form:

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie zu einer universalen, nachhaltigen und zukunftsfähigen Lebensform beitrage.“ 8

Der universale Anspruch unseres Gardening- Projekts basiert auf lebendigen Aktivitäten in den Regionen. Erdbotschafter sein beginnt vor der eigenen Haustüre. Humusbildung ist praktizierter Humanismus.

„Verantwortung ist immer konkret. Sie hat einen Namen, eine Adresse und eine Hausnummer.“ (Karl Jaspers)

Regionale Vernetzung und die Politik der kurzen Wege ist das Gebot der Stunde. Schenken und Tauschen hat eine deutlich höhere energetische Frequenz als Kaufen. In der Vielfalt der Aktivitäten sollte der universale Anspruch nie aus den Augen verloren werden. Universal Gardening ist universal und integral, und unsere Gärten stehen allen Menschen gleich welcher Religion oder Hautfarbe offen. Im Garten Eden dürfen wir Gemeinschaft üben. In diesem ökosophischen Manifest haben wir unseren politischen Anspruch für eine bessere Welt zum Ausdruck gebracht. Und Dreh- und Angelpunkt sind Garten- Eden-Projekte als aktivierte Akupunkturpunkte zur Heilung der Erde.

 

Ron-Portrait„We go paradise“ vereinigt zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten: der ökologische Garten und das Internet. Das Projekt überzeugt durch den positiven und konstruktiven Umgang mit beiden Welten. Der ökologische Garten ist hier nicht nur naturgerecht und im Sinne von Umweltschutz gedacht, sondern integriert auch eine kosmologische und mystische Dimension. Die Kultivierung der Pflanzen im Garten, im umhegten Bereich, ist zugleich der Ursprung unserer Kultur im geistigen Sinne. Das handgreifliche und bodenständige Irdische verbindet sich hier mit dem Himmlisch-Geistigen. Es geht um gesunde Nahrung, aber auch um das innere Leben der Pflanzen, Tiere und Menschen. Ron Engert, Chefredakteur und Verleger

 


Spendenmöglichkeit:
www.betterplace.org/de/projects/21048-wego-paradise-die-weltist-ein-garten-nah-naturlich-und-nachhaltig

Anmerkungen:
1 – Horkheimer, Max / Adorno, Th.W.: Dialektik der Aufklärung, 1944
2 – Vgl. Motesharrei, S. / Riva, J. / Kalnay, E.: Human and Nature Dynamics, www.sesync.org/sites/default/files/resources/ motesharrei-rivas-kalnay.pdf
3 – Knapp, Nathalie: Der Quantensprung des Denkens, Reinbek 2012, S. 95
4 – Storl, Wolf-Dieter: Der Selbstversorger. Ein Praxisbuch zum Eigenanbau. Gräfe und Unzer 2013
5 – Horx, Matthias: Das Buch des Wandels. Wie Menschen Zukunft gestalten. München 2009, S. 27
6 – Das Institut für Paradiesgestaltung, geleitet von Bernhard Harrer, hat sich ebenfalls diesem Bildungsprogramm verpflichtet: www.paradiesgestaltung.org
7 – Siehe: www.facebook.com/erdbotschafter

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