Die ayurvedische Kopfmassage ist immer eine Wohltat. Sie konzentriert sich nicht nur auf den Kopf und den Nacken. Wissende Hände verteilen das warme Öl mit zielgerichtetem sanften Druck auf die Schädelmitte, über die Stirn, auf Haare und Kopfhaut, über Gesicht, Hals, Nacken und Rücken. Dies führt zu einer tiefen Entspannung und einer spürbaren Regeneration des gesamten Systems.

 

Im Ayurveda gibt es eine Reihe von Jahrtausende alten Pflegeritualen. Dazu gehört auch die Ayurveda-Massage, die in Indien, Nepal und Sri Lanka noch immer zu Hause, zur täglichen Pflege und zur allgemeinen Gesunderhaltung praktiziert wird.

Traditionell nimmt die Kopfmassage innerhalb des Ayurveda einen besonderen Stellenwert ein. Man beginnt die Ganzkörpermassage (Abhyanga) und den Stirnölguss (Shirodhara) mit der indischen Kopfmassage, und zwar im Sitzen. Diese als Shirabhyanga bezeichnete Anwendung zählt hier ganz selbstverständlich zu den therapeutischen Möglichkeiten im Rahmen einer Behandlung. Hierbei werden die sogenannten Vitalpunkte (Marmas), die sich im und am ganzen Körper verteilt befinden und die Nerven, Bindegewebe und Organe miteinander verbinden, aktiviert. Entweder wird mit stärkerem Druck stimuliert (Shiromardana) oder mit sanftem Druck ausgeglichen (Shirabhyanga).
 
Die diagonalen Streichungen zu Beginn koordinieren die Gehirnhälften und lösen grobe Spannungen aus der Kopfhaut. Anschließend wird Öl (klassisch ist es Sesamöl) auf zirka 40 Grad erwärmt und aufgetragen. Dann wird das Kronenchakra (Sahasrara) aktiviert. Besonders im Kopfbereich gibt es eine Vielzahl von Mamapunkten, über die bei der Kopfmassage durch kreisende Bewegungen in die eine Richtung Energie aktiviert und in die entgegengesetzte Richtung beruhigt wird. Zur Massage des Kopfes gehören auch die Ohren. Über kleine, kreisende Massagebewegungen der Reflexpunkte im Ohr (ähnlich wie an den Füßen) wird der gesamte Organismus des Menschen stimuliert.

 

Der Kopf: Tor zum Himmel

Kräftige Streichungen der Kopfhaut mit den Fingerkuppen wechseln mit sanftem Ausstreichen. Eine positive Wirkung der Massage stellt sich dann ein, wenn direkt auf der Kopfhaut gearbeitet und mit der flachen Hand abgerieben und abgeklopft wird. Hierbei ist es besonders wichtig, keinen Druck auf die Halswirbelsäule auszuüben und darauf zu achten, dass der Kopf nicht zu sehr hin- und hergeschüttelt wird. Die einzigen Kontraindikationen für die Kopfmassage sind Traumata. Bei bestehenden Problemen mit der Halswirbelsäule sollte mit besonderer Achtsamkeit behandelt werden.

Der Kopf wird im Ayurveda als „Tor des Himmels“ bezeichnet. Eine Massage des Kopfes öffnet dieses innere Tor, Geist und Seele weiten sich, Spannungen werden gelöst und die Sinne geschärft. Das wird unter anderem damit erklärt, dass die Kopfmassage eine zentrale Rolle bei allen energetischen Behandlungen spielt. Nach dieser Vorstellung erreicht man über den Kopf ein dem Organismus  übergeordnetes, eigenes Energiesystem, das alle Organe und Funktionskreisläufe gleichmäßig versorgt und das über die sanfte Berührung auch den Kontakt zur Seele ermöglicht.

Während in unseren Regionen der Rücken als Favorit unter den Teilkörpermassagen gilt, findet der Kopf bisher kaum Erwähnung. Im Ayurveda beobachten wir, dass es die Kopfmassage ist, die tatsächlich den Rücken entspannt. Alltägliche Sinneseindrücke manifestieren sich vor allem in der Kopfregion. Unter anderem durch Lärm und Reizüberflutung, (hohe) Denkanforderungen, Sorgen und vieles mehr. Kopf-, Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen, ja auch Kieferspannungen können Folgen eines angespannten Kopfes sein. Als Abschluss der Massage werden die Schulterkugeln umkreist. Danach werden, mit gespreizten Fingern, die Haare nach oben gezogen. Dieses Ziehen an den Haaren bringt noch einmal einen tiefen Entspannungseffekt für die Halswirbelsäule und die Kopfhaut. Für einen friedlichen Geist und einen gesunden Körper empfehle ich daher regelmäßige ayurvedische Kopfmassagen, bei denen Hals, Nacken, Schultern und Rücken in die Behandlung integriert sind, am besten in Verbindung mit einem warmen Fußbad mit Himalaya-Salz.


Abb: © Jonas Glaubitz – Fotolia.com

Spaß aus Indien auf Youtube: “World´s greatest head massage

Über den Autor

Avatar of Amrita Ronniger

ist Ayurveda-Manualtherapeutin. In Indien geboren, in Berlin aufgewachsen. Seit fünf Jahren mit eigener Praxis für Ayurveda-Körpertherapien, Energiearbeit, Beratungen und Yoga in Charlottenburg. Seit Sommer diesen Jahres arbeitet sie in der Charité an einer Ayurveda- Kniegelenksarthrose-Studie mit . Das alte Wissen des Ayurveda unseren heutigen Gegebenheiten anzupassen und für immer mehr Menschen zugänglich machen, ist ihre persönliche Herzensangelegenheit.

Unterstütze SEIN

Vielen Dank an alle, die den Journalismus des SEIN bisher unterstützt haben.
Die Unterstützung unserer Leser trägt dazu bei, dass wir unsere redaktionelle Unabhängigkeit behalten und unsere eigene Meinung weiter äußern können. Wir sind sicher, dass unsere redaktionelle Arbeit und unsere Themenvielfalt und Tiefe den gesellschaftlichen Wandel beflügeln. Wir brauchen Deine Unterstützung, um weiterhin guten, kreativen "Lösungs-Journalismus" zu liefern und unsere Offenheit zu wahren. Jeder Leserbeitrag, ob groß oder klein, ist wertvoll. Wenn Du unsere Arbeit wertschätzt, unterstütze SEIN noch heute - es dauert nur wenige Minuten. Vielen Dank.
SEIN unterstützen

Dieser Artikel ist Teil der Themenseite(n):





Hinterlasse einen öffentlichen Kommentar

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.

*