Uruguays Präsident Jose Mujica: Er spendet sein Gehalt, lässt hunderte Waisenkinder in seinem Haus leben und fährt einen klapprigen Käfer – der bescheidenste Präsident der Welt.

 

Der vorbildlichste Präsident

Er wird der ärmste Präsident der Welt genannt. Dabei verdient Uruguays Präsident José Mujica, genannt „El Pepe“ (der Pepe), mit umgerechnet 12.500 US-Dollar extrem gut für örtliche Verhältnisse. Nur behält er das Geld gar nicht: 90 Prozent seines Gehalts spendet er an wohltätige Organisationen, behalten tut er gerade mal 800 Euro.

„Ich finde diesen Betrag in Ordnung.“ erklärt Mujica. „Der Großteil der Einwohner Uruguays verdient sogar weniger, also sollte das auch für mich ausreichend sein.“ Eine Einstellung, die unseren Politikern wohl nicht besonders einleuchtet.

Auch seine Erscheinung ist ungewöhnlich. Während sich die Präsidenten anderer Ländern in Designer-Anzügen im Rampenlicht sonnen und mit Luxus-Limousinen durch die Gegend kutschieren lassen, führt Mujica ein unscheinbares Leben. Er fährt einen klapprigen VW-Käfer, empfängt Staatschefs in Sandalen und weigert sich in den Präsidenten-Palast zu ziehen – er lebt mit seiner Frau und einer dreibeinigen Hündin Manuela lieber auf einem kleinen, alten Bauernhof. Dort empfängt er Journalisten der größten Zeitungen der Welt auch schon mal in Gummistiefeln.

„Ich muss mich nicht als Präsident verkleiden. Ich bin, wer ich bin“, sagt er trocken.

Arm fühlt er sich nicht, er empfindet das Fehlen von Besitz als Freiheit. „Ich bin nicht arm. Vielmehr ist derjenige arm, der nur arbeitet, um ein aufwendiges Leben zu führen und stets nach noch mehr strebt.“

Kritiker werfen ihm Selbstinszenierung vor, er selbst sagt, er möchte mit gutem Beispiel vorangehen und seine Werte selbst vorleben.

Uruguays Präsident ist ein ehemaliger Guerilla-Kämpfer

Seine Robin-Hold-Mentalität hat er nicht erst seit seiner Wahl zum Präsidenten. Sie hat ihm auch schon 14 Jahre Gefängnis eingebracht, davon 7 in Einzelhaft. Jose Mujica ist ehemaliger Guerilla-Kämpfer und Mitbegründer der berühmten Tupamaros, einer Gruppe von Revolutionären, die dafür bekannt war, Lastwagen voller Güter zu stehlen und in den Slums zu verteilen.

Zweimal floh „El Pepe“ aus dem Gefängnis, bevor er über Jahre in Einzelhaft gesteckt und gefoltert wurde.

„Die Jahre in Einsamkeit waren jene, die mich wahrscheinlich am stärksten geprägt haben“, sagt Mujica. In Isolationshaft durfte er sieben Jahre lang mit niemandem sprechen, kein einziges Buch lesen. „Ich musste alles immer wieder neu denken, um nicht wahnsinnig zu werden.“ In dieser Zeit beschloss er, dem Materiellen ebenso abzuschwören wie dem bewaffneten Kampf.

Aus dem Gefängnis entlassen, blieb er seinen Idealen treu, wechselte in die Politik und wurde bald zu einer Ikone.

Seit seiner Wahl hat er aufsehenerregende Dinge getan, auch völlig unerwartete – wie zum Beispiel die völlige Legalisierung von Marijuhana, als erstes Land der Welt.

Mit gutem Beispiel voran

Seine Weigerung, in den protzigen Präsidenten-Palast zu ziehen, ist sicher Ausdruck seiner Ideale, aber auch ein gelungener PR-Stunt. Mujica will den reichen Menschen und der globalen politischen und wirtschaftlichen Elite vorleben, das Reichtum verpflichtet. Darum spendet er auch fast sein ganzes Gehalt.

Vor wenigen Tagen hat Mujica die zum Amt des Präsidenten gehörende, luxuriöse Sommer-Residenz für 100 syrische Waisenkinder geöffnet. Eine symbolische Geste, die „alle Länder dieser Welt motivieren soll, Verantwortung für diese Katastrophe zu übernehmen“, wie seine Frau erklärte. Ein besonders genialer PR-Zug im mehrfachen Sinne, denn als persönliche Gäste des Präsidenten müsste normalerweise die Staatskasse für alle Bedürfnisse der Kinder aufkommen. Fast ein ironischer Seitenhieb auf die tausende Dollar schweren Staatsempfänge der westlichen Länder.

Dieser Schritt ist vor allem eine Botschaft an die Welt. Über 2 Million Syrer sind derzeit auf der Flucht und Deutschland ist die einzige große Industrienation, die sich diesen Menschen bisher geöffnet hat – der Libanon hat 1 Million Flüchtige aufgenommen, Jordanien 600,000 aufgenommen, die Türkei 700,000, Deutschland 5,000 Brasilien 2,000. Die USA gerademal 31.

Vorbild-Funktion

Jose Mujicas erinnert uns an das Ideal eines Staatsführers, der selbst seine Ideale vorlebt und verkörpert. Während hierzulande die Politiker verkünden, man müsse „den Gürtel enger schnallen“ während sie sich selbst die Diäten erhöhen, zeigt Mujica, dass man mit Verantwortung auch anders umgehen kann und bietet ein inspirierendes politisches Vorbild, das man in Europa vergebens sucht.

Seine Aktionen mögen zum Teil auch auf die PR abzielen, wie ihm immer wieder vorgeworfen wird – glaubwürdiger als fast alle seine Kollegen ist er trotzdem allemal.

 

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Über den Autor

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schreibt für Sein.de und seinen eigenen Blog den-weg-gehen.de. Er wohnt mit seiner Partnerin und seinen zwei Töchtern im Wendland und arbeitet als freier Autor und Coach.

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6 Responses

  1. Norbert Bergrath
    Ecuador??????????

    Also, Praesident von Ecuador ist er nicht! Und: Er lebt mit seiner Frau in einem Haus mit 3 Zimmern und ohne 100 Waisenkindern – der Autor weiss nicht, was er da geschrieben hat!

    Antworten
  2. Volker Stiehler

    Der Artikel über Präsident Mujica übermittelt Beeindruckendes. Der Mann wird leider auf lange lange Zeit Ausnahme bleiben.
    Wer den Artikel glaubt in Lehrermanier (Sieglinde Rother) korrigieren zu müssen sollte diesen noch mehrfach lesen, bis er verstanden wurde!!
    Dazu könnte auch der Artikel vom heutigen Tag (7.12.) in der Frankfurter Allgemeinen behilflich sein!!

    Antworten
  3. Sieglinde Rother

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    mir gefällt der Artikel gut, allerdings sollte er sprachlich und grammatikalisch etwas verbessert werden – z.B. „behalten tut er“ in „er behält davon“ verändern … und „dass Reichtum verpflichtet“ schreiben, statt „das“. Ich hab jetzt nicht alles im Blick, aber das war sehr augenfällig.

    Mit freundlichen Grüßen

    Sieglinde Rother

    Antworten
  4. Wir Souveräne

    Es ist eine Ungeheuerlichkeit Jose Mujicas PR Aktion vorzuwerfen. Würde er all das nicht tun, würde ihm keine PR Aktion vorzuwerfen sein. Tut er es, wird es negativiert und so dargestellt als täte er es für sich.

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  5. Andreas Chalupar

    Das darf wohl nicht wahr sein – als nicht erwartete herausragende positive Überraschung bei den überwiegend skandalösen Beispielen und Fakten.

    Eine große Freude und Hoffnung für die Welt, wenn nun auch ein Präsident wie der Papst Franziskus mit gutem Beispiel für alle „in Ämtern Gewählten“ vorangeht und Zivilcourage zeigt, die Ettiketten und Gewohnheiten einer Amtsausübung auf den Kopf stellt, indem er mitmenschlich und anteilnehmend lebt.

    Wer ist oder wird der Nächste sein, in der großen oder auch kleinen Welt und Presse das auch aufgreift und stärker herausstellt, vielleicht sogar mit einem konkreten negativen Beispiel, als eine Art heilsames an den Pranger stellen.

    Antworten
  6. Seinonym

    Wen’s interessiert, hier gibts noch ein informatives Bewegtbild-Interview:

    INFO:

    Smoking Weed with the President of Uruguay

    At the end of 2013, Uruguay became the first country in the world to fully legalize marijuana. VICE correspondent Krishna Andavolu headed over to Uruguay to check out how the country is adjusting to a legally regulated marijuana market.

    Along the way, he meets up with Uruguay’s president, José Mujica, to burn one down and talk about the president’s goal of a chicken in every pot, a car in every garage, and six cannabis plants per household.

    LINK: https://www.youtube.com/watch?v=1BwVxmJPies

    hf!

    Antworten

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